Politik
Anhörung zum DVPMG: BÄK plädiert für Evaluation der Digitalisierung
Mittwoch, 14. April 2021
Berlin – Grundsätzlich positiv wurde heute die Stoßrichtung des Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetzes (DVPMG) im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages bewertet. Die Experten und Sachverständigen wiesen jedoch zugleich auf aus ihrer Sicht vorhandene Optimierungsbedarfe hin.
So formuliert die Bundesärztekammer (BÄK) in ihrer schriftlichen Stellungnahme die Gefahr, dass die gesetzgeberische Geschwindigkeit die Anbindung zu den tatsächlich in der Fläche der Versorgung herrschenden Realitäten verlieren könnte. Die BÄK fordert deshalb eine gesetzlich vorgeschriebene, fundierte Evaluation der digitalen Neuausrichtung des Gesundheitswesens.
Nur so sei ein Nachjustieren getroffener Entscheidungen möglich, betonte die BÄK. Unter anderem lehnt die BÄK aus Versorgungsgründen die im Gesetzentwurf vorgesehene Ablösung der Notfalldaten und des elektronischen Medikationsplans auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und deren Ausgestaltung als alleinige Onlineanwendung ab.
Diese Architekturentscheidung bringe gravierende Nachteile mit sich, beispielsweise würden vulnerable Gruppen unter Umständen von der Nutzung der medizinischen Anwendungen der Telematikinfrastruktur ausgegrenzt.
Zudem würde die Nutzung der medizinischen Anwendungen in wichtigen Versorgungszenarien unmöglich, da nicht flächendeckend ein mobiler Internetzugang gegeben sei. Den Versicherten sollten deshalb Wahlmöglichkeiten eingeräumt werden, um die Ablage der Notfalldaten und des elektronischen Medikationsplans auch zukünftig auf der eGK zu ermöglichen.
Eine solche Doppelstruktur lehnte die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, im Rahmen der Anhörung indes aufgrund der bei der Datenpflege entstehenden Aufwände als „nicht zielführend“ ab. Kritisch äußerte sich Pfeiffer bezüglich der Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) und der im DVPMG-Entwurf bereits angelegten Digitalen Pflegeanwendungen (DiPA).
Das mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Behörde nach Maßgaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ohne Beteiligung der Selbstverwaltung über die Aufnahme in den GKV-Leistungskatalog entscheide beziehungsweise im Fall der DiPA entscheiden soll, sei „ordnungspolitisch hochproblematisch“.
Mehrere Pflegeverbände und auch Einzelsachverständige wiesen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass beim BfArM zwingend pflegefachliche Expertise genutzt werden müsse – nur so könne eine am Versorgungsnutzen orientierte Umsetzung der DiPA gewährleistet werden. Vorgeschlagen wurde hierzu ein an BfArM angesiedelter und entsprechend besetzter Beirat.
Zur geplanten Anbindung von Pflegeeinrichtungen an die Telematikinfrastruktur (TI) merkte Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), im Vorfeld der Anhörung an, nur durch eine verlässliche Finanzierung könne es gelingen, schnell die notwendigen Investitionen anzustoßen. Hier sei der Gesetzgeber gefordert, den Gesetzentwurf nachzubessern. „Der Digitalisierungszuschuss muss entbürokratisiert, der Eigenanteil verringert und die Laufzeit entfristet werden“, so Meurer.
Für eine strukturierte Finanzierung des angestrebten Anschlusses weiterer Leistungserbringer sprach sich auch Sebastian Zilch, Geschäftsführer des Bundesverbands Gesundheits-IT (bvitg), aus. Gemeinsam mit dem Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) sowie dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) fordert der bvitg zudem einen besseren Datenzugang für die Industrie.
ZVEI-Geschäftsführer Hans-Peter Bursig betonte, es gebe aus Sicht der IT-Verbände „keine sachlichen Gründe“, welche gegen ein entsprechendes Antragsrecht beim Forschungsdatenzentrum sprechen – dies ist bislang für Privatunternehmen nicht vorgesehen.
Thema der Ahnhörung war auch das vom Bund verantwortete Nationale Gesundheitsportal. Im DVPMG-Entwurf ist eine weitere Stärkung des Online-Portals vorgesehen. Die Verleger sehen darin einen „massiven Eingriff in die freie Presse“, wie der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) sowie der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) heute gemeinsam mitteilten.
VDZ-Geschäftsfüher Stephan Scherzer betonte, vergleichbare private Angebote seien längst vorhanden. Eine „Staatslösung“ lehne man ab. Die Verleger appellieren, dass die Infos auf dem Portal eingegrenzt werden und sich etwa auf die Regierungspolitik im Gesundheitsbereich konzentrieren sollten. © aha/aerzteblatt.de

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