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Kein Anstieg der Suizide in der ersten Welle der Coronpandemie

Mittwoch, 14. April 2021

/Srdjan, stock.adobe.com

Melbourne/Leipzig – Die Zahl der Suizide ist den ersten Monaten der Coronapandemie im Frühjahr des vergangenen Jahres in den Industrienationen weitgehend unverändert geblieben oder zurückgegangen. Das berichten Wissenschaftler der University of Melbourne zusammen mit einem internationalen Wis­sen­schaftlerteam in der Fachzeitschrift The Lancet Psychiatry (DOI: 10.1016/ S2215-0366(21)00091-2). Die Auswertung erscheint morgen.

In die Metaanalyse sind auch Ergebnisse einer Forschungsgruppe der Universitätsmedizin Leipzig ein­gegangen. Auch hier kamen die Wissenschaftler um Studienleiter Daniel Radeloff zu vergleichbaren Er­gebnissen. Die Leipziger Studie ist in der Fachzeitschrift Epidemiology and Psychiatric Sciences erschie­nen (DOI: 10.1017/S2045796021000019).

An der Auswertung in Lancet Psychiatry waren 70 Autoren aus 30 Ländern beteiligt, die Mitglieder der International COVID-19 Suicide Prevention Research Collaboration (ICSPRC) sind. Diese wurde gegrün­det, um Wissen über die Auswirkungen der Pandemie auf Suizid und suizidales Verhalten auszutauschen und Ratschläge zur Risikominderung zu geben.

Die Studie umfasste 21 Länder – 16 Länder mit hohem Einkommen und fünf Länder mit hohem bis mittlerem Einkommen. Daten für das gesamte Land lagen für zehn Länder und Daten für spezifische Bereiche in elf Ländern vor.

Die Autoren fanden in keinem der einbezogenen Länder Hinweise auf einen Anstieg der Suizidzahlen in den ersten Monaten der Pandemie. In zwölf Gebieten gab es Hinweise auf einen Rückgang der Selbstmordzahlen, verglichen mit den erwarteten Zahlen.

Man müsse die Daten weiter beobachten und auf einen Anstieg der Suizide achten, „insbesondere wenn die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie voll zum Tragen kommen“, sagte die Hauptautorin der Studie, Jane Pirkis, Direktorin des Zentrums für psychische Gesundheit an der Universität von Melbourne.

Die Autoren merken an, dass ihre Ergebnisse durch einige der Maßnahmen, die die Regierungen in der Pandemie in den verschiedenen Ländern ergriffen haben, erklärt werden könnten. „Zum Beispiel wurden in vielen Ländern die psychiatrischen Dienste aufgestockt oder angepasst, um die potenziellen Auswir­kungen von Schließungsmaßnahmen auf die psychische Gesundheit und den Suizid abzumildern.

Ebenso haben die Regierungen häufig fiskalische Maßnahmen ergriffen, um die finanziellen Härten für Menschen abzufedern, die ihren Arbeitsplatz verloren haben oder ihr Geschäft aufgrund der Anordnung, zu Hause zu bleiben, schließen mussten“, teilten die Wissenschaftler mit.

Die Autoren weisen aber darauf hin, dass ihre Studie keine Länder mit niedrigem oder mittlerem Ein­kommen einschloss, die 46 Prozent der weltweiten Suizide ausmachten und möglicherweise besonders stark von der Pandemie betroffen seien.

Leipziger Studie

In der Leipziger Erhebung haben die Wissenschaftler um Radeloff, Oberarzt am Universitätsklinikum Leipzig in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters, die Suizidtodesfälle der Monate März bis September 2020 in der Stadt mit den Daten der Vorjahre ver­gli­chen. Dabei berücksichtigten die Forscher saisonale Schwankungen der Zahlen und tendenziell sinken­de Raten in Deutschland.

Während des ersten Lockdowns verzeichneten die Wissenschaftler niedrigere Suizidraten als in den Vor­monaten der Pandemie. Dieser Unterschied sei vorwiegend auf hohe Suizidraten im Januar und Februar 2020 zurückzuführen.

Der an der Studie beteiligte Psychiater Rainer Papsdorf warnte aber: „Risikofaktoren für Suizid können zunehmen: Etwa in Form steigender Arbeitslosigkeit, erhöhten Suchtmittelkonsums, Vereinsamung oder höherer Prävalenzraten psychischer Erkrankungen.“ Daher sei es wesentlich, die Entwicklung der Suizid­raten weiterhin zu beobachten und Spekulationen durch wissenschaftliche Evidenz zu ersetzen. © hil/aerzteblatt.de

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