Politik
Politik will Rahmen für Rabattverträge ändern
Freitag, 23. April 2021
Berlin – Der Arzneimittelexperte Michael Hennrich (CDU) hat angekündigt, dass die Politik die Liefersicherheit bei Generika stärken werde. „Die Politik wird es sich nicht erlauben können, dass wir noch einmal in eine solche Krisensituation kommen“, sagte Hennrich gestern beim Pro-Generika-Frühlingstalk.
Zwar sei es illusorisch, die Produktion von generischen Arzneimitteln komplett nach Europa zurückzuholen. „Aber wir werden daran arbeiten müssen, unsere Autonomie zu stärken und Herstellerkapazitäten zu haben, um reagieren zu können“, sagte Hennrich, der auch Mitglied des Gesundheitsausschusses des Bundestags ist.
„Mir wird immer wieder der Eindruck vermittelt, wir könnten dieses Problem nicht lösen, aber ich sagen Ihnen: Die Politik kann es lösen und sie wird es lösen“, erklärte der CDU-Politiker. Zum Beispiel müssten Kriterien für Liefersicherheit in die Rabattverträge aufgenommen werden. Und dafür gebe der Gesetzgeber den Rahmen vor.
Versorgung stabiler machen
Hintergrund sind Lieferengpässe, die es bei verschiedenen Generika insbesondere zu Beginn der Coronapandemie im vergangenen Frühjahr gegeben hatte. Martin Schwarz von der Beratungsfirma Sarticon Consulting wies auf die langen Lieferketten von Generika hin. So kämen die Rohstoffe aus China, die Wirkstoffe aus Indien und das fertige Arzneimittel komme dann über den Seeweg nach Europa.
Dabei könne es gerade in Pandemiezeiten leicht geschehen, dass eine Lieferkette reiße. „Wir hängen von wenigen Lieferanten ab, die in einer einzigen Weltregion sitzen. Diese Abhängigkeit müssen wir lösen. Und das geht nur, wenn wir das Ausschreibungssystem ändern“, meinte Schwarz.
Im derzeitigen Erstattungssystem für Generika zähle zumeist nur der niedrigste Preis. „Eine zweite Wirkstoffquelle als Zulieferer, verschiedene Ursprungsländer der Roh- und Hilfsstoffe, eine weitere Produktionsstätte – all das sind Maßnahmen, die die Versorgung stabiler machen, betriebswirtschaftlich aber im derzeiten Erstattungssystem wenig Sinn ergeben“, sagte Schwarz.
Christoph Stoller, General Manager Teva Deutschland, berichtete aus der ersten Pandemiewelle, in der die Unternehmen bemüht waren, Versorgungsengpässe in Europa zu vermeiden. „Wir haben die Produktion erhöht, Frachtwege verändert, sogar Fahrer aus der Rente geholt“, sagte er. „Der Versorgungsengpass blieb aus, aber das hätte auch schiefgehen können und darf keine Blaupause für die Nach-Krisenzeit sein.“
Heute sei die Lage so: „Wenn ich in mehr Liefersicherheit investiere, tue ich das auf eigene Kosten – oder habe in Ausschreibungen keine Chance“, erklärte Stoller. „Lieferengpässe waren bereits vor der Pandemie ein Thema. Corona hat die Aufmerksamkeit erhöht. Wir müssen jetzt entsprechend handeln, dann hat diese Krise auch etwas Positives.“
Auch der Geschäftsführer von Pro Generika, Bork Bretthauer, forderte einen neuen Fokus bei den Rabattverträgen. „Als in der ersten Welle der Pandemie die Arzneimittel auf den Intensivstationen knapp wurden, wurde vielen erst klar, wie schnell unsere Versorgung ins Wanken geraten kann“, sagte er. „Wir brauchen stabilere Lieferketten, Versorgungssicherheit muss uns mehr wert sein. Das heißt: weg vom Hauptsache-billig-Prinzip bei Generika.“
Der Leiter der Abteilung Arzneimittel bei der Barmer, André Breddemann, zeigte sich bereit für Änderungen des Systems. „Lieferketten sind nur so stark wie ihr schwächstes Glied“, sagte er. „Resilienz muss zukünftig verstärkt in den Fokus unserer Beschaffungsvorgänge gerückt werden, Nachhaltigkeit zum Wettbewerbsvorteil werden.“ © fos/aerzteblatt.de

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