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Charité eröffnet Ambulanz für COVID-19-Therapie mit monoklonalen Antikörpern
Dienstag, 27. April 2021
Berlin – An der Berliner Charité hat eine Antikörperambulanz mit dem Testbetrieb begonnen. Seit 19. April können dort COVID-19-Patienten mit den im Januar vom Bund angeschafften Antikörpermedikamenten behandelt werden.
„Wir rechnen mit einer hohen Nachfrage. Versorgt werden in der Ambulanz Menschen im frühen Stadium der Infektion, die die Therapie wegen Risikofaktoren am dringendsten brauchen“, sagte der stellvertretende Ärztliche Direktor der Charité, Joachim Seybold.
Der Einsatz der monoklonalen Antikörper Casirivimab/Imdevimab (Regeneron) und Bamlanivimab (Eli Lilly) war bislang noch nicht richtig in Gang gekommen. Seit der Beschaffung im Januar seien von den Medikamenten erst „rund 1.300 Dosen“ an die Krankenhausapotheken abgegeben worden, erklärte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) Mitte April auf Anfrage des Deutschen Ärzteblattes.
Als großes Problem hatte sich nach der Beschaffung der Präparate schnell die Logistik der Behandlung herausgestellt: Die Antikörpermedikamente helfen Patienten vor allem in der Frühphase der Erkrankung, sprich ambulanten Patienten, werden aber nur an Krankenhäuser ausgeliefert.
Ambulanz löst Logistikproblem
Die neue Antikörperambulanz auf dem Charité-Campus im Berliner Bezirk Mitte soll die Lücke zwischen ambulanten Patienten und Krankenhaus schließen. Einen Termin für die einmalige Infusionstherapie in der Ambulanz können nur die behandelnden Haus- oder Fachärzte vereinbaren, nicht Patienten selbst.
Gedacht ist das Angebot etwa für Menschen mit Immunsuppression wegen Chemotherapie oder Organtransplantation, chronischen Nierenerkrankungen, Übergewicht (BMI von 35 und darüber), COPD, Lungenfibrose und für Menschen mit Down-Syndrom.
Eine Reihe weiterer Voraussetzungen muss erfüllt sein: Möglich ist die Therapie nur bei Erwachsenen, die maximal milde bis moderate Symptome aufweisen und dies seit nicht mehr als fünf Tagen. Ein mögliches Risiko ist eine allergische Reaktion auf die Antikörper. Besondere Vorsicht ist daher geboten bei Menschen, die schon einmal einen schweren allergischen Schock hatten.
Die Antikörperpräparate haben in Europa noch keine Zulassung. Wie Seybold erklärte, werden die Präparate einer Reihe von Klinikapotheken kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Sinnvoll nur im Frühstadium der Erkrankung
Auch bisher schon wurden die Mittel in Deutschland nach Entscheidung eines Arztes bereits in Einzelfällen bei Patienten eingesetzt, die ein Risiko für einen schweren Verlauf hatten. Dies waren dann allerdings vorwiegend Patienten, die sich zum Zeitpunkt der COVID-19-Diagnose bereits in stationärer Behandlung befanden.
Für die besonders schweren COVID-19-Fälle, die die Universitätsklinik stationär versorgt, seien die Antikörper keine Option, so Seybold. „Auch wenn ein Patient schon Luftnot hat, ist es für die Antikörperinfusion zu spät.“
Die Charité betont, dass Patienten ausführlich aufgeklärt würden; es handle sich jedoch nicht um eine Arzneimittelstudie. Für den Besuch der Ambulanz unterbrechen die Patienten ihre häusliche Isolation.
Sie werden nach Charité-Angaben angehalten, sich mit einem Krankentransportwagen oder einem Privatauto zur Behandlung ans Klinikgelände bringen zu lassen und „selbstverständlich keine öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen“, hieß es. Die Infusion dauere eine Stunde, hinzu komme eine einstündige Nachbeobachtungszeit.
Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) schreibt auf seiner Webseite über die Ausnahmeregelung zum Einsatz der Mittel unter anderem, die Anwendung lasse „ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis zur Vorbeugung oder Behandlung von COVID-19 erwarten“. Möglicherweise helfen die Mittel demnach, die Virusmenge im Patienten zu begrenzen.
„Gemäß den Ergebnissen einer klinischen Prüfung wurden Patientinnen und Patienten nach einer Behandlung weniger häufig ins Krankenhaus eingeliefert oder haben eine Notaufnahme aufgesucht.“
Es gibt auch Zweifel am medizinischen Nutzen
Der Verband der Ersatzkassen hatte vor einigen Tagen kritisiert, dass der medizinische Nutzen monoklonaler Antikörper nicht nachgewiesen sei. Gefordert wurde, der Einsatz sollte „zwingend mit einer entsprechenden Datenerhebung im Rahmen von Studien erfolgen, um daraus Aussagen zum medizinischen Nutzen und potenziellen Schaden abzuleiten“.
In den USA hatte die Arzneimittelbehörde FDA dem Antikörpermedikament Bamlanivimab kürzlich die Notfallzulassung für die alleinige Therapie wieder entzogen. Dort hatten sich zuletzt Virusvarianten verbreitet, gegen die das Medikament allein nicht mehr ausreichend wirksam ist. In Kombination mit einem anderen Antikörper kann es jedoch weiterhin eingesetzt werden. Seinen Kombinationspartner Etesevimab (Eli Lilly) schafft das BMG derzeit an, er soll ab Ende April zur Verfügung stehen. © nec/dpa/aerzteblatt.de

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