Ärzteschaft
Ärztetag ringt um Sichtbarkeit von Ärztinnen
Mittwoch, 5. Mai 2021
Berlin – Kampfabstimmungen um drei Anträge über mehr Gendersensibilität im Gesundheitswesen: In der allgemeinen Aussprache zum Leitantrag des Vorstandes der Bundesärztekammer (BÄK) zu den Lehren aus der Pandemie wurden auch drei Anträge debattiert, die sich für mehr Sichtbarkeit von Ärztinnen, geschlechtergerechte Sprache und mehr Gendersensibilität im Gesundheitswesen einsetzten.
So warb die Präsidentin des BDI, Christine Neumann-Grutzeck, für ihren Antrag, der Ärztetag und auch die Bundesärztekammer möge die Ärztinnen auch in der Kammerbezeichnung sowie auch beim Deutschen Ärztetag selbst besser berücksichtigen.
„Im Sinne einer modernen, zeitgemäßen Außendarstellung und einer adäquaten Abbildung der deutschen Ärztinnen und Ärzte ist die Verwendung gendersensibler Sprache durch die Bundesärztekammer überfällig“, heißt es dort. Damit soll die „wertschätzende Ansprache“ sowie auch die Gleichberechtigung von Frauen und Männern deutlich sichtbarer werden.
In einem weiteren Antrag forderten einige Delegierte – Frauen wie Männer – aus mehreren Kammern die ärztlichen Gremien auf, „für eine geschlechtergerechte Repräsentation in den Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung zu sorgen.“
Außerdem hieß es im Originalantrag: „Ziel müssen die Parität in den Vertreterversammlungen und Delegierten- bzw. Abgeordnetenversammlungen sowie Geschlechtergerechtigkeit in den Vorständen sein.“ Dieser Satz wurde mit einem Änderungsantrag, durch den statt „müssen“ nun „sollen“ steht, abgeschwächt.
Auch wurde ein Appell an Ärztinnen hinzugefügt, sich auch in den Gremien zu engagieren. In einem dritten Antrag werden „alle im und für das Gesundheitswesen Aktiven“ aufgefordert, die „Geschlechterperspektive in allen Bereichen des Gesundheitswesens gleichermaßen zu berücksichtigen.“ Dazu zähle auch die Männergesundheit oder mehr Professuren für geschlechtersensible Präventionsforschung.
Während in der Debatte vier Rednerinnen und Redner sich für die Anträge und zwei Delgierte dagegen aussprachen, wurde das Meinungsbild im Abstimmungsprozess deutlicher und glich zeitweise einem Kampfvotum.
Jeder der drei Anträge musste vor der Abstimmung in der Sache noch einmal durch die Abstimmungen von Geschäftsordnungsanträgen – sei es der Antrag auf „Nichtbefassung“ oder „Vorstandsüberweisung.“ Dabei hatten die jeweiligen Anträge regelmäßig eine Ablehnungsbasis rund 70 bis 89 Stimmen, die sich offenbar gegen alle Anträge wendeten.
Nichtbefassungen oder Vorstandsüberweisungen wurden aber von der Mehrheit abgelehnt. Bei der Forderung nach mehr Gendersensibilität im Gesundheitswesen, der auch Männergesundheit mit einschließt, war das Ergebnis besonders knapp: So stimmten 91 Delegierte für den Antrag, 72 dagegen. Für das Streben nach Parität oder mehr Engagement von Ärztinnen in den Gremien votierten 123 Delegierte, 82 lehnten das ab.
Ein noch komplizierteres Prozedere erlebte der Antrag zur gendersensiblen Sprache: In der Abstimmung am späten Mittwochnachmittag wurde er ebenfalls nach Geschäftsordnungsanträgen zur Nichtbefassung (126 Nein-Stimmen, 77 Ja-Stimmen) sowie Vorstandsüberweisungen (118 Nein-Stimmen sowie 88 Ja-Stimmen) abgestimmt – und letztendlich abgelehnt: 88 Delegierte stimmten für mehr gendersensible Sprache, 117 Delegierte lehnten dies ab.
In nicht öffentlichen Chatforen der Delegierten sowie in öffentlichen Diskussionen bei Twitter äußerten viele ihre Verwunderung und Verärgerung über diese Abstimmung. Der Antrag ging heute Morgen in eine zweite Lesung – mit dem Antrag, den Vorstand mit dem Thema in den kommenden Monaten zu befassen.
Auch hier waren die Mehrheitsverhältnisse eng: So stimmten 126 Delegierte für eine zweite Lesung, 74 dagegen. Der erneute Antrag auf Nichtbefassung war nicht erfolgreich. Schließlich wurde der Antrag mit 158 Stimmen in den Vorstand überwiesen, 37 waren dagegen. © bee/aerzteblatt.de

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