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Ärzteschaft

Ärztetag stellt sich hinter Anliegen der Medizinstudierenden

Mittwoch, 5. Mai 2021

/Chinnapong, stock.adobe.com

Berlin – Die deutsche Ärzteschaft steht eindeutig hinter ihren ärztlichen Nachwuchs. Die delegierten Ärzte des 124. Deutschen Ärztetages stimmten gestern mit einer sehr großen Mehrheit für Anträge, die sich mit Forderungen von Medizinstudierenden beschäftigen.

Zuvor hatte zur Eröffnung des diesjährigen virtuellen Ärztetages der Präsident der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) in einer Videobotschaft erneut die Politik aufgefordert, end­lich das Medizinstudium zu reformieren. Finanzierungsvorbehalte und offene Fragen müssten umgehend geklärt werden, damit die neue Ärztliche Approbationsordnung noch in dieser Legislaturperiode verab­schiedet werden könne.

Auch der 124. Deutsche Ärztetag fordert Bundesregierung und Bundesrat nachdrücklich dazu auf, die Novellierung der Ärztlichen Approbationsordnung noch in dieser Legislaturperiode zu beschließen. Sonst drohe die Reform noch weiter verschoben zu werden oder gar zu scheitern, warnen die Ärztinnen und Ärzte. Bund und Länder rufen sie auf, zügig ein Finanzierungskonzept für die Reform vorzulegen. Spar­maß­nahmen dürften nicht zulasten der medizinischen Ausbildung und des ärztlichen Nachwuchses gehen, betonen die Delegierten.

Außerdem müssten umsetzbare Regelungen im Sinne des Mutterschutzgesetzes etabliert werden, um Schwangeren die Weiterführung des Studiums zu ermöglichen. Ansonsten sei die Novelle ein „wegweis­ender Entwicklungsschritt“ für die ärztliche Ausbildung, so der Ärztetag.

In einem weiteren Antrag fordert der Deutsche Ärztetag das Bundesgesundheitsministerium und die Länder auf, vor der Neustrukturierung des Medizinstudiums vor allem zunächst den entstehenden zusätz­lichen Finanzbedarf genau zu ermitteln und dessen Deckung ausreichend sicherzustellen.

Zudem befürchten die Ärzte, dass durch die geplante Aufhebung der Trennung von Vorklinik und Klinik und die Einführung des neuen Z-Curriculums negative kapazitäre Folgen an einigen Fakultäts­stand­orten auf­treten könnten. Um dies zu verhindern, sei das Kapazitätsrecht grundlegend zu refor­mieren.

Sorgen bereitet den Delegierten auch eine mögliche weitere Verdichtung der Lerninhalte durch eine reine Erhöhung der Gesamtstundenzahl. Zum Hintergrund: Der Referentenentwurf der neuen Approba­tions­ord­nung sieht eine umfangreiche Erhöhung der Unterrichtszeit vor, der keine Kürzungen an anderer Stelle gegenüberstehen. Dies sei weder den Studierenden noch dem Lehrpersonal zuzumuten, meint der 124. Deutsche Ärztetag.

Es müsse neu überlegt werden, auf welche nicht zwingend notwendigen Formate, wie etwa Vorlesun­gen, verzichtet werden könne. Bestehen bleiben müssten jedoch der patientenzentrierte Unterricht sowie die geplante wissenschaftliche Arbeit. Beide Formate stützen nach Ansicht der Ärzte die neue verstärkt praxis- und wissenschaftsorientierte Ausrichtung des Studiums.

Obligatorische Finanzierung im PJ

Ferner regt der Ärztetag an, in die Ärztliche Approbationsordnung eine Formulierung aufzunehmen, die jedem Studierenden im Praktischen Jahr (PJ) eine obligatorische existenzsichernde Aufwandsentschä­di­gung sichert – eine langjährige Forderung der Medizinstudierenden.

Eine Anrechnung dieser Aufwands­entschädigung auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförde­rungs­gesetz (BAföG) oder eine Abgeltung mit Sachleistungen soll nicht stattfinden, da den PJlern die Möglich­keit gegeben werden müsse, sich während des PJ voll auf die Ausbildung zu konzentrieren, ohne einer existenzsichernden Nebentätigkeit nachzugehen. „In Ausbildungsberufen ist das bereits die Regel, ebenso bei Rechtsreferendaren im juristischen Vorberei­tungsdienst“, heißt es in dem Beschluss des Ärztetages.

Medizinstudierende im Praktischen Jahr leisteten zudem täglich eine wichtige und in vielen Bereichen unverzichtbare Arbeit. Gerade in der aktuellen COVID-19-Pandemie hätten sie neben ärztlichem und pfle­ge­rischem Personal einen essenziellen Anteil zur Bekämpfung des Ausbruchsgeschehens geleistet und da­bei ihre physische und seelische Gesundheit aufs Spiel gesetzt.

„Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum sich Bund und Länder nach wie vor gegen eine verpflichtende bundesweit einheitliche PJ-Aufwandsentschädigung in angemessener Höhe sperren und in der Novellie­rung der Approbationsordnung nicht vorgesehen haben“, meinen die Delegierten.

Dies hatten auch die Medizinstudierenden kritisiert. Erfreut zeigte sich die bvmd jedoch gestern, dass im aktuellen Referentenentwurf den studentischen Forderungen nach einer Lockerung der Fehlzeiten­rege­lung, nach PJ-begleitenden Lehrveranstaltungen, nach einem Zugang zu den Patientenverwaltungs­syste­men und nach einer klaren Verantwortlichkeitsstruktur weitgehend entsprochen wurde.

Alle noch nicht am PJ-Portal teilnehmenden medizinischen Fakultäten forderte der 124. Deutsche Ärzte­tag jetzt auf, sich dem bundesweiten Online-Vergabetool anzuschließen. Medizinstudierende sollen zukünftig mit wenigen Klicks ihre gewünschten PJ-Plätze eingeben können, ohne dafür lange und formal unter­schied­liche Bewerbungen an die jeweilige Fakultät schicken zu müssen.

Es sei Medizinstudieren­den nicht vermittelbar, weshalb die PJ-Bewerbung für die Lehrkrankenhäuser von neunzehn Universitä­ten unkompliziert digital möglich sei, aber bei vielen anderen Fakultäten noch For­mu­lare ausgefüllt werden müssten. „Dieser Flickenteppich muss durch die einheitliche Lösung des PJ-Portals ersetzt werden“, so der Ärztetag.

Der Deutsche Ärztetag beauftragte weiterhin den Vorstand der Bundesärztekammer, den Ausschuss „Ärztli­che Ausbildung und Universitätsmedizin“, das Thema studentische Ausbildung in allen medizini­schen Sek­to­ren zu beraten.

Gegebenenfalls solle eine Musterordnung für die gemeinsame gleichberech­tigte und sektorenübergrei­fen­de studentische Ausbildung in Universität, Klinik, Öffentlichem Gesund­heits­dienst und Praxis erarbeitet wer­den, da viele Fachgruppen Nachwuchsprobleme haben. Bereits im medizinischen Studium müssten die interessierten Studierenden deshalb an alle Bereiche der medizini­schen Patientenversorgung herangeführt werden.

Dazu müsse auch im ambulanten Bereich und beispielsweise im Öffentlichen Gesundheitsdienst eine ver­gleichbare organisatorische Struktur und ausreichende Unterstützung der personellen und finanziel­len Res­sourcen sicherstellt werden.

Präsenzveranstaltungen müssten zudem auch während der Coronapandemie unter Beachtung der Ab­stands- und Hygieneregeln und gegebenenfalls in Kleingruppen möglich sein, meinen die Delegier­ten. Wenn Studierende als freiwillige Helferinnen und Helfer sinnvoll im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) sowie in anderen Bereichen des Gesundheitswesens auch mit Patientenkontakt tätig würden, müsse es auch möglich sein, risikoadaptierte Konzepte für die praktische Ausbildung zu entwickeln. © ER/aerzteblatt.de

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