Medizin
Heterologe COVID-19-Impfung mit mehr vorübergehenden Nebenwirkungen assoziiert
Freitag, 14. Mai 2021
Oxford - Wer nach einer Erstimpfung mit dem COVID-19-Impfstoff von Astrazeneca nun eine Zweitimpfung mit dem mRNA-Vakzin von BioNTech erhält, muss wohl mit mehr vorübergehenden Nebenwirkungen rechnen. Dies zeigen im Lancet veröffentlichte Zwischenergebnisse einer multizentrischen Studie aus Großbritannien (2021; DOI: 10.1016/ S0140-6736(21)01115-6).
Die Studienteilnehmer, die eine Kombination aus Vaxzevria (Astrazeneca) und Comirnaty (BioNTech) erhalten hatten, litten nach der Zweitimpfung unter anderem häufiger an Fieber, Schüttelfrost, Erschöpfung und Kopfschmerzen. Allerdings führte der Anstieg an Nebenwirkungen „nicht zu mehr Hospitalisierungen und der Großteil der zusätzlichen Reaktogenität wurde in den 48 Stunden nach der Impfung beobachtet“, schreiben die Autoren um Robert Shaw von der Universität Oxford.
In Deutschland erhalten auf Empfehlung der STIKO derzeit viele Menschen unter 60 Jahren, deren 1. COVID-19-Impfung mit dem Vakzin von Astrazeneca erfolgt, einen mRNA-Impfstoff als Booster. Hintergrund ist das sehr seltene Auftreten von Thrombosen mit Thrombozytopenie nach Verabreichung des Vektorimpfstoffs. Doch Daten zu Immunogenität, Reaktogenität und Sicherheit dieser heterologen Impfschemata gab es bislang nicht.
Eine Zwischenauswertung der britischen Com-COV-Studie liefert nun erste Informationen zur Reaktogenität. In der teilnehmerverblindeten Studie werden vier Impfschemata miteinander verglichen: Erstimpfung mit Vaxzevria, Zweitimpfung mit Comirnaty, Erst- und Zweitimpfung mit Vaxzevria, Erstimpfung mit Comirnaty und Zweitimpfung mit Vaxzevria, Erst- und Zweitimpfung mit Comirnaty.
Es wird sowohl ein Impfabstand von 28 Tagen als auch von 84 Tagen untersucht. In die Zwischenauswertung flossen nur Daten nach 28-tägigem Impfintervall ein. Eine Einschränkung der Studie ist, dass alle 463 Teilnehmer 50 Jahre oder älter sind, mit keinen oder nur leichten beziehungsweise gut kontrollierten Vorerkrankungen.
Mehr Reaktogenität bei Kombi aus Vaxzevria und Comirnaty
Shaw und seine Kollegen berichten, dass beide heterologen Impfschemata nach der 2. Impfung zu einer größeren systemischen Reaktogenität als bei homologer Impfung führten. In der Gruppe mit Vaxzevria-Erstimpfung und Comirnaty-Zweitimpfung berichteten zum Beispiel 34 % der Impflinge von Fieberhaftigkeit. In der Gruppe mit 2 Dosen Vaxzevria waren es 10 %.
Die umgekehrte Impfreihenfolge lieferte ähnliche Ergebnisse: Wurde mit Comirnaty erstgeimpft und mit Vaxzevria geboostert, trat bei 41 % der Impfstoffempfänger Fieberhaftigkeit auf, verglichen mit 21 % bei denjenigen, die 2 Dosen Comirnaty erhalten hatten.
In beiden Fällen war das Risiko für das Auftreten von Fieberhaftigkeit somit um mehr als 20 % höher als bei homologer Impfung. Vergleichbare Anstiege wurden den Autoren zufolge bei Schüttelfrost, Erschöpfung, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, allgemeinem Unwohlsein und Muskelschmerzen beobachtet.
Nebenwirkungen waren vorübergehend
Die vermehrten Nebenwirkungen führten allerdings nicht zu mehr Hospitalisierungen. Zudem waren sie transient und wurden vor allem in den ersten 49 Stunden nach der Boosterimpfung beobachtet.
Die Studienteilnehmer wurden darauf hingewiesen, dass die Einnahme von Paracetamol Nebenwirkungen der Impfung lindern kann. Es wurde aber nicht aktiv angeraten, vorsorglich Medikamente einzunehmen. Die Einnahme von Paracetamol habe letztlich das Reaktogenitätsmuster widergespiegelt, schreiben die Autoren.
In den 48 Stunden nach der Boosterimpfung nahmen 36 % der Impflinge mit 2 Dosen Vaxzevria Paracetamol ein, 41 % der Impflinge mit 2 Dosen Comiernaty, 57 % der Impflinge mit der Vaxzevria-Comirnaty-Kombiund 60 % der Impflinge mit der Comirnaty-Vaxzevria-Kombi.
Keine Unterschiede zwischen den heterologen und homologen Impfschemata gab es hinsichtlich hämatologischer und biochemischer Werte. Bei den Laborparametern traten Nebenwirkungen vom Grad 2 oder darunter ausschließlich bei heterologer Impfung auf. In keiner Gruppe kam es in den 7 Tagen nach der Zweitimpfung zu einer Thrombozytopenie.
Die Autoren um Shaw kommen zu dem Fazit, dass heterologe Impfschemata mit einem Anstieg der systemischen Reaktogenität verbunden sind. Sie weisen darauf hin, dass die Daten bei Studienteilnehmern über 50 Jahren erhoben wurden. Es sei möglich, dass die Reaktogenität bei jüngeren Personen stärker ausfalle.
Einnahme von Paracetamol wird noch untersucht
„Wir müssen noch die vollständigen Sicherheits- und Immunogenitätsdaten abwarten, doch diese Zwischenergebnisse deuten darauf hin, dass heterologe Impfschemata kurzfristig einige Nachteile haben“, schreiben sie. Der routinemäßige Einsatz von Paracetamol nach der Immunisierung könnte helfen, diese unerwünschten Effekte zu lindern und werde in der Com-COV-Studie ebenfalls untersucht.
„Dennoch, es ist beruhigend, dass alle Reaktogenitätssymptome kurzlebig waren und die begrenzten hämatologischen und biochemischen Daten keine Bedenken hervorrufen“, ergänzen sie.
Die immunologischen Ergebnisse der Studie werden im Juni erwartet. Weitere Studien, in denen auch Kombinationen mit den COVID-19-Impfstoffen von Moderna und Novavax untersucht werden, laufen derzeit. © nec/aerzteblatt.de

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