Medizin
Studie: Niedriger Vitamin-D-Status erhöht Coronarisiko nicht
Freitag, 21. Mai 2021
New York – Ein niedriger Vitamin-D-Status ist einer neuen US-Studie zufolge kein Risikofaktor für eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2. Zwar scheine es eine solche Verbindung zu geben, wenn man die Daten allein betrachte, erläutern die Forscher im Fachmagazin JAMA Open Network (2021; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2021.11634).
Beziehe man aber Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, Ethnizität, Body-Mass-Index, Blutdruck, Raucherstatus und Wohnort mit ein, gebe es keinerlei Zusammenhang. Menschen mit vergleichsweise niedrigem Vitamin-D-Spiegel haben demnach also kein höheres Risiko, sich mit SARS-CoV-2 anzustecken, als optimal mit dem Vitamin versorgte Menschen.
Die Wissenschaftler um Yonghong Li vom US-Laborunternehmen Quest Diagnostics in San Juan Capistrano (US-Staat Kalifornien) hatten Daten aus dem Mitarbeitergesundheitsprogramm mit jährlichen Screenings aus den Jahren 2019 und 2020 analysiert. Insgesamt wurden 18.148 Menschen zwischen 37 und 56 Jahren einbezogen, etwa 2/3 davon Frauen.
Vor Pandemiebeginn hatten demnach rund 60 % der Untersuchten ein Vitamin-D-Level von weniger als 30 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml), weitere rund 25 % ein noch niedrigeres (weniger als 20 ng/ml).
Bei rund 5 % der Probanden (900) wurden im Untersuchungszeitraum Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachgewiesen. Zwar hatten die Mitarbeiter und Angehörigen, die positiv getestet wurden, im Schnitt ein niedrigeres Vitamin-D-Level als die negativ getesteten.
Unter Berücksichtigung anderer Faktoren, die die Coronarisiken merklich beeinflussen, ergab sich aber kein signifikanter Zusammenhang. So hatten zum Beispiel deutlich übergewichtige Menschen (BMI ab 30), Männer und Frauen mit Bluthochdruck, Raucher sowie Mitarbeiter und deren Partner ohne Hochschulabschluss im Schnitt häufiger einen Vitamin-D-Mangel.
Andere, kleinere Studien hatten zuvor auf einen möglichen Zusammenhang hingewiesen, vielfach wurden allerdings die vielen Faktoren, die das Coronarisiko beeinflussen, nicht berücksichtigt. Zudem wurde der Vitaminstatus oft entweder sehr lange zuvor oder aber erst im Zuge der COVID-19-Erkrankung gemessen – sodass sich nach Aussage von Experten aus dem Messwert nicht ableiten lässt, ob ein gemessener Mangel nicht erst infolge der Infektion entstand.
Zu den Einschränkungen der neuen Analyse zählt den Autoren zufolge, dass sich nicht alle Coronainfektionen über Antikörper nachweisen lassen – unter anderem, weil diese nach gewisser Zeit schwinden. Eine Aussage über die Schwere von COVID-19-Erkrankungen in Abhängigkeit vom Vitamin-D-Status trifft die Studie nicht.
In einem Kommentar zur Studie in JAMA Open Network lobt der US-Gesundheitsexperte Michael Polis die Methodik der Analyse. „Diese Studie zeigt, dass eine gut konzipierte, angemessen dimensionierte Beobachtungsstudie mehr definitive Beweise liefern kann als mehrere kleinere, schlecht konzipierte Studien.“
Vitamin D ist der übergeordnete Begriff für eine Gruppe fettlöslicher Vitamine. Anders als andere Vitamine kann der Körper Vitamin D selbst bilden – durch Sonnenlicht, genauer UV-B-Strahlung bestimmter Wellenlängen. Im Internet machen allerdings schon seit längerem Empfehlungen für die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten die Runde – aktuell oft begründet mit Hinweisen, eine Infektion mit dem Coronavirus oder ein schwerer Verlauf einer COVID-19-Erkrankung könnten damit verhindert werden.
Dafür gibt es bisher keine wissenschaftlich gesicherten Belege und Behörden wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnen immer wieder vor den gesundheitlichen Risiken einer eigenständigen Einnahme vor allem von höher dosierten Vitamin-D-Präparaten. Bei stetig zu hohem Vitamin-D-Level im Körper drohen Gesundheitsschäden wie die Bildung von Nierensteinen oder Nierenverkalkung.
Eine gute Vitamin-D-Versorgung könne man am besten durch die Eigensynthese der Haut erreichen, heißt es vom BfR. Darüber hinaus sei zu empfehlen, 1 bis 2 Mal pro Woche fetten Seefisch wie Hering oder Lachs zu essen. Eine generelle Vitamin-D-Einnahme von bis zu 20 Mikrogramm pro Tag ist demnach lediglich für Menschen wie Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner zu erwägen, die sich kaum im Freien bewegen.
Allgemein sei eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen wichtig für die Immunfunktion des Menschen, so das BfR. Zum Schutz vor Erkältungs- und Atemwegserkrankungen sei darum generell eine abwechslungsreiche Ernährung mit viel vitamin- und mineralstoffreichem Obst und Gemüse wichtig. © dpa/aerzteblatt.de
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Ich bin fassungslos... werden DPA Artikel gar nicht redaktionell geprüft?
Das RKI und das BfR haben (wenn auch spät) jetzt endlich den Zusammenhang zwischen dem Risiko für schweere Covid Verläufe und Vitamin D Mangel eingestanden. Das AWMF gibt in seiner S3 Leitlinie für die Intensivmedizin seit Febuar aber immernoch eine starke Empfehlung gegen eine Vitamin D Mangelbehandlung. Und der nächste Herbst kommt bestimmt!
Wenn jetzt auch noch Artikel veröffentlicht werden, die trotz des sehr deutlichen Sommereffekt darauf abzielen, eine Vitamin D Mangelbehandlung
für Covid Patienten im Herbst veriterhin zu verhindern, schadet das massiv dem bereits sehr angeschlagenen Ansehen des Ärztestandes in der Bevölkerung!

Angewendete Methoden ohne Details
Eine Person mit z.B. im September gemessenem 30 ng /ml könnte demnach beispielsweise im Januar mit einem Vitamin D-Wert von < 20 ng / ml infiziert worden sein und erst dann nachweisbare IgG-Antikörper entwickelt haben. Woher wissen die Verfasser der Studie aufgrund der üblichen jährlichen Vitamin D Level-Schwankungen, bei welchem realen Vitamin-D-Wert die Person infiziert wurde und nachweisbare Antikörper gebildet hat?
Innerhalb der Studie werden in Tabelle 1 folgende Werte aufgeführt:
Vitamin D-Spiegel = 30 ng / ml; N = 7272; n = 289 SARS-CoV-2 seropositiv; 3,97% Infektionsfälle.
Vitamin D-Spiegel <20 ng / ml; N = 4498; n = 290 SARS-CoV-2 seropositiv; 6,44% Infektionsfälle.
Gemäß dieser Tabelle 1 Daten führt ein Vitamin D-Wert von > 30 ng /ml im Vergleich zu einem Wert von <20 ng/ml zu einem Infektionsschutz von ungefähr 38%. Zum Vergleich: Der Astrazeneca-Impfstoff hat einen Infektionsschutz von rund 70%.
Danach wird in der Studie eine Methode namens "Multivariable Regression Analysis" beschrieben. Diese beinhaltet eine Anpassung an Alter, Geschlecht, Rasse / ethnische Zugehörigkeit, Bildung, Body-Mass-Index, Blutdruck, Rauchen Status und geografischer Standort. Und aufgrund dieser Methode sinkt der Infektionsschutz laut Studie von 38 % auf einen unbedeutenden Wert? Die verwendete Methode führt zu Ergebnissen, ohne die genaue Herleitung zu zeigen. Es werden in der Studie nirgendwo Zwischenergebnisse der "multivariablen Regressionsanalyse" aufgeführt und welche Kombinationen während der Berechnungsmethode gemäß der oben stehenden Faktoren verwendet bzw. gegenübergestellt wurden.

Verstehendes Lesen, oft ein Problem
Hinzu kommt noch, daß eine ganze Reihe von Risikofaktoren für einen Vitamin-D-Mangel bereits berücksichtigt wurden: Alter, Hautpigmentierung, geographische Lage, BMI, Bluthochdruck (letzterer ist kein Risiko für einen Mangel, über das RAAS aber möglicherweise die Folge). Da für diese - Vitamin-D-relevanten - Faktoren bereits korrigiert wurde konnte keine unabhängige Abhängigkeit gefunden werden.
Noch etwas: das BfR ist keine Behörde die irgendwelche Kompetenzen im Bereich Ernährung oder NEM hat. Die DGE empfiehlt 20 mcg/d und das RKI beschreibt eine mehrheitliche Unterversorgung mit Vitamin D besonders in den Wintermonaten. Letztere Aussage ist m. E. richtig, die empfohlene Dosis für die meisten zu niedrig, meine allergische chronische Bronchitis und Rhinitis ist seit 2 Jahren mit 4000 IU verschwunden (N=1).
Besonders bemerkenswert finde ich die Formulierung "eigenständige Einnahme", ich habe auch schon das Wort "eigenmächtig" in der DÄ gefunden, als wäre es eine Amtsanmaßung ohne amtliche oder ärztliche Genehmigung sich um seinen eigenen Körper zu kümmern.
Liebe Ärzte und Ärztinnen, ich befürchte eine nicht geringe Anzahl von Ihnen muss an Ihrem Selbstbildnis arbeiten - Sie sind Dienstleister, die grundlegende Verantwortung für die eigene Gesundheit trägt jeder selber. Das Ihnen das Recht ist stelle ich bei jeder Unterschrift unter ein Aufklärungsformular fest...

Vitamin-D-Mangel kein Risikofaktor für SARS-CoV-2-Infektion?
JAMA Netw Open. 2021;4(5):e2111634. doi:10.1001/jamanetworkopen.2021.11634
vom 19.05.2021 beantwortet die Frage, niedriger Vitamin-D-Spiegel und erhöhtes Risiko von Sars-CoV-2/COVID-19 Infektionen/Krankheiten? ["Are low levels of vitamin D independently associated with the risk of SARS-CoV-2 seropositivity?"] Sehr eindeutig:
Ein niedriger Vitamin D-Spiegel ist keinesfalls Ursache, sondern allenfalls F o l g e des Virusinfektes ["...vitamin D level was not associated with SARS-CoV-2 seropositivity...Meaning - Although SARS-CoV-2–seropositive individuals did have lower vitamin D levels than seronegative individuals, low vitamin D levels were not independently associated with the risk of seropositivity"].
Das wird allerdings die Verfechter von nicht belegbaren Vitamin-D-Universalheilmittel-Therorien weiter anstacheln, noch mehr, noch höhere bis potenziell toxische Vitamin D Substititionen nicht nur bei SARS-CoV-2-Infektionen und COVID-19-Erkrankungen besinnungslos zu propagieren.
Und dagegen ändert auch nichts, dass in Deutschland kürzlich das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vor einer eigenmächtigen Einnahme von Vitamin-D-Präparaten zum Schutz vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 und schweren COVID-19-Erkrankungsverläufen gewarnt hatte.
Mf+kG, Ihr Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Und wie sieht es bei Vitamin-D-Mangel mit dem Infektionsverlauf aus?
Was mir wichtiger erscheint, ist die Frage, ob der Infektionsverlauf nicht durch eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D viel milder verläuft?
Dazu sagt der Bericht leider nichts aus.
Zitat:
" Eine Aussage über die Schwere von COVID-19-Erkrankungen in Abhängigkeit vom Vitamin-D-Status trifft die Studie nicht."
leider ...

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