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Geburtseinleitung: Günstigstes Verhältnis von Wirksamkeit und Risiken bei niedrig dosiertem Misoprostol

Mittwoch, 30. Juni 2021

/picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Victor R. Caivano

Liverpool – Für die Geburtseinleitung hat niedrig dosiertes orales Misoprostol im Vergleich mit gängigen Alternativen vermutlich das günstigste Verhältnis von Wirksamkeit und Risiken. Das berichten Autoren um Robbie Kerr vom Department of Women’s and Children’s Health der University of Liverpool in einem neuen Cochrane-Review (DOI: 10.1002/14651858.CD014484).

Die Auswertung ist hinsichtlich der Debatte um die Sicherheit des Einsatzes von Misoprostol in der Ge­burtshilfe wichtig. Die Autoren sehen nach ihrer Analyse der Studienlage hier eher ein Dosierungs­prob­lem als ein Problem des Wirkstoffes selbst.

Geburtseinleitungen sind häufig: In Deutschland wird jede fünfte Geburt eingeleitet, in anderen Ländern wie Großbritannien ist der Anteil noch höher. Zum Einsatz kommen dafür meist künstliche Hormone wie der Wirkstoff Misoprostol, welche die Wehen­tätigkeit der Gebärmutter anregen.

„Insbesondere hoch dosierte Medikamente können eine Überstimulation mit extrem starken und anhal­tenden Wehen auslösen. Dadurch kann es zu einer Sauerstoffunterversorgung des Kindes oder gar einem Riss der Gebärmutter kommen – um dies abzuwenden, bleibt oft nur ein Notkaiserschnitt“, berichten die Autoren.

Bei der Wahl der Einleitungsmethode komme es daher darauf an, eine gute Balance von ge­wünschter Wirkung – also effektiven Wehen – und der Vermeidung einer Überstimulation zu finden. Die Cochrane-Wissenschaftler haben die Studienlage zum Einsatz von oral verabreichten Misoprostol in niedriger Do­sierung analysiert. Sie fanden 61 Studien mit zusammen mehr als 20.000 Teilnehmerinnen.

„Die beste verfügbare Evidenz spricht dafür, dass niedrig dosiertes, oral eingenommenes Misoprostol viele Vorteile gegenüber anderen Methoden der Geburtseinleitung hat“, lautet das Fazit der Autoren.

Nach Studienlage zeigt Misoprostol laut dem Review auch etwas bessere Resultate als vaginal verab­reichtes Dinoproston. Inbesondere in besonders niedrigen Dosierungen bis 25 Mikrogramm führe es wahrscheinlich zu weniger Kaiserschnitten und möglicherweise zu weniger Überstimulationen als Dino­proston, bei gleichzeitig ähnlich guter Wehenauslösung, heißt es.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass eine anfängliche Dosis in der Größenordnung von 25 Mikro­gramm vermutlich eine gute Balance zwi­schen Wirksamkeit und Sicherheit bietet. Allerdings schätzen die Cochrane-Wissenschaftler die Vertrauenswürdigkeit der Ergebnisse nicht als „hoch“, sondern vielmehr als „moderat“ oder „niedrig“, zum Teil auch als „sehr niedrig“ ein.

In der Praxis wird zur Weheneinleitung oft das eigentlich für Magengeschwüre zugelassene Misoprostol­präparat Cytotec genutzt – also ein Medikament im Off-Label-Use.

Eine Tablette Cytotec enthält laut den Autoren aber 200 Mikrogramm Misoprostol, also das achtfache der von den Review-Autoren empfohlenen Einzeldosis. „Das erschwert die korrekte Dosierung und hat mög­licherweise zu Fällen von Überdosierungen und gefährlichen Überstimulierungen geführt“, warnen sie.

Anfang des Jahres 2020 lösten Medienberichte über solche Vorfälle in Deutschland eine umfangreiche Debatte über die Sicherheit von Cytotec beziehungsweise den darin enthaltenen Wirkstoff Misoprostol aus. © hil/aerzteblatt.de

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