Medizin
SARS-CoV-2: Astrazeneca-Impfstoff zeigt Lücken bei Dialyse-Patienten
Samstag, 4. September 2021
London – Die zweifache Gabe des Vektor-basierten Impfstoffs AZD1222 von Astrazeneca schützt Dialyse-Patienten möglicherweise nur unzureichend vor einer Infektion mit SARS-CoV-2. Darauf deuten ausführliche Labortests am Francis Crick Institute im Lancet (2021; DOI: 10.1016/S0140-6736(21)01854-7) hin.
Patienten, die mit der mRNA-Vakzine von Biontech-Pfizer geimpft wurden, zeigten dagegen eine Antikörper-Antwort wie bei gesunden Probanden. Dialyse-Patienten werden als besonders schutzbedürftig eingestuft, da COVID-19 bei ihnen häufig tödlich verläuft. Gleichzeitig ist ihr Infektionsrisiko hoch, da sie mehrmals die Woche ein Dialysezentrum aufsuchen müssen.
In der ersten Welle der Pandemie hatten sich in Großbritannien nicht weniger als 4.666 Dialyse-Patienten mit SARS-CoV-2 infiziert, von denen 1.373 an COVID-19 starben, was eine ungewöhnlich hohe Case-Fatality Rate von 29 % bedeutet.
Dialyse-Patienten gehörten deshalb zu den ersten, die ab Dezember zunächst mit BNT162b2 von Biontech-Pfizer und später mit AZD1222 von Astrazeneca geimpft wurden. Von anderen Impfstoffen ist bekannt, dass die Schutzwirkung bei Dialyse-Patienten schwächer ausfällt. Die Hepatitis B-Impfung erfolgt deshalb in einer höheren Dosierung.
In einer laufenden Studie wird die Impfstoffreaktion der beiden in England zuerst zugelassenen Impfstoffe an etwa 1.000 Patienten überprüft. Zum Einsatz kommt ein spezieller Neutralisationstest des Francis Crick Institute in London, der eine rasche Testung ermöglicht. Die Ergebnisse an den ersten 178 Patienten zeigen, dass der Impfstoff AZD1222 nur eine schwache Wirksamkeit gegen die derzeit vorherrschende Delta-Variante erzielt.
Wie ein Team um Rupert Beale vom Francis Crick Institute mitteilt, war die neutralisierende Wirkung der Antikörper nach der 2. Dosis von AZD1222 6-fach geringer als nach einer Impfung mit BNT162b2. Die Wirkung gegen die Alpha-Variante war 4-fach und die Reaktion gegen die Beta-Variante 3-fach schwächer.
Die zweifache Impfung mit BNT162b2 erzielte nach Ansicht von Beale eine vergleichbare Schutzwirkung wie bei gesunden Kontrollen. Etwas günstiger waren die Ergebnisse bei Dialyse-Patienten, die bereits eine Infektion mit SARS-CoV-2 überstanden hatten. Bei diesen Patienten erzielte auch AZD1222 (nach der 2. Dosis) eine ausreichende Schutzwirkung. Für alle Patienten ohne vorherige Infektion rät Beale zu einer dritten Dosis.
In vielen Ländern wird derzeit über eine 3. Dosis bei immungeschwächten Patienten nachgedacht, zu denen auch Dialyse-Patienten gehören. In Frankreich wird dies vielerorts bereits praktiziert. Die Erfahrungen sind positiv. Didier Ducloux vom Centre Hospitalier-Universitaire Besançon berichtete Ende Juni in Kidney International (2021; 10.1016/j.kint.2021.06.025), dass die Antikörper der Patienten nach der 3. Dosis deutlich ansteigen, obwohl in der Klinik 80 % bereits nach der 2. Dosis von BNT162b2 hohe Titer erreicht hatten.
An der Paul Sabatier Universität in Toulouse wird die 3. Dosis auf Patienten beschränkt, die nach 2 Dosen BNT162b2 noch keine ausreichende Antikörper-Antwort erzielt haben (Nephrology Dialysis Transplantation 2021 36: 1704-1709). Eine Analyse des französischen „Epidemiology and Information Network“ (REIN) ergab, dass Infektionen mit SARS-CoV-2 bei vollständig geimpften Personen in der Regel milder verlaufen. Die Case-Fatality Rate war jedoch mit 11 % immer noch zu hoch (medRxiv 2021; 10.1101/2021.07.02.21259913).
© rme/aerzteblatt.de
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