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Medizin

Metastasiertes HER2-mutiertes NSCLC: Hohe Ansprechraten mit Antikörper-­Toxin-Konjugat

Dienstag, 28. September 2021

/Crystal light, stock.adobe.com

Lugano – Beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) wurden bisher eine Vielzahl von Treiber­mutationen gefunden, die für das maligne Wachstum des Tumors verantwortlich gemacht werden können, aber nur gegen wenige dieser Mutationen (EGFR, ALK, ROS1, RET) gibt es bislang zielgerichtete Therapien, die direkt an den betreffenden Onkoproteinen angreifen.

Bei etwa 3 % aller NSCLC finden sich Mutationen im HER2-Gen, das vor allem beim Mammakarzinom ein wichtiges therapeutisches Target darstellt. Es gibt dafür bisher keine zugelassenen spezifischen Thera­pien, aber beim virtuellen ESMO-Kongress wurden Daten aus einer Phase-II-Studie vorgestellt, wonach sich mit einem gegen den HER2-Rezeptor gerichteten Antikörper-Toxin-Konjugat bei Patienten mit rezidivierter oder refraktärer Erkrankung hohe Ansprechraten erzielen lassen (Annals of Oncology 2021; DOI: 10.1016/j.annonc.2021.08.2124).

Beim HER2-mutierten NSCLC gibt es bisher keine spezifischen zugelassenen Behandlungsoptionen, weshalb HER2-Mutationen hier auch nicht routinemäßig erfasst werden. Die Patienten erhalten Standard-Chemo- oder Immuntherapien, aber es liegt natürlich nahe, hier ähnliche Ansätze zu verfolgen wie beim HER2-mutierten Brustkrebs.

Dort wird neben Inhibitoren der intrazellulären Tyrosinkinase des HER2-Rezeptors vor allem der mono­klonale Antikörper Trastuzumab – alleine oder als Immuntoxin mit chemisch gekoppeltem Zytostatikum – eingesetzt. Ein solches Antikörper-Toxin-Konjugat, Trastuzumab Deruxtecan, das beim Mammakarzi­nom getestet wird, aber in Europa noch nicht zugelassen ist, wird in der Phase-II-Studie DESTINY-Lung01 auch beim HER2-mutierten NSCLC geprüft. Erste Ergebnisse stellte Bob Li vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York beim ESMO-Kongress vor.

Antikörper-Toxin-Konjugate wurden entwickelt, um Paul Ehrlichs Konzept der „magic bullet“ in der Krebstherapie zu verwirklichen: Ein Antikörper gegen ein möglichst nur auf den Krebszellen exprimier­tes Antigen wird mit einem hochtoxischen Zytostatikum gekoppelt.

Durch den Antikörper wird das Konjugat direkt an die Tumorzellen gebunden und anschließend in sie aufgenommen. Die spezielle Natur der chemischen Bindung zwischen Antikörper und Toxin verhindert dessen Abspaltung außerhalb der Krebszellen und eine dadurch bedingte systemische Toxizität. Viel­mehr löst sich die Verbindung erst unter ganz bestimmten Bedingungen im Inneren der Zelle, etwa unter dem sauren pH-Wert in den Lysosomen, wodurch das Toxin ausschließlich dort frei wird und seine Wirkung entfalten kann.

Diesem Konzept folgt das Immuntoxin Trastuzumab Deruxtecan (T-DXd), in dem an den Anti-HER2-Antikörper Trastuzumab etwa 8 Moleküle eines hochpotenten Topoisomerase-I-Inhibitors gekoppelt sind. Es wurde in der DESTINY-Lung01-Studie bei insgesamt 91 Patienten mit metastasiertem rezidi­viertem oder refraktärem HER2-mutiertem NSCLC in einer Dosierung von 6,4 mg/kg alle 3 Wochen getestet.

Primärer Endpunkt war das Gesamtansprechen, als sekundäre Endpunkte fungierten unter anderem Dauer des Ansprechens, progressionsfreies und Gesamtüberleben. Die Patienten hatten im Median 2 vorangegangene Therapien erhalten, darunter war bei fast allen eine platinhaltige Chemotherapie und bei etwa 2/3 ein PD-1- oder PD-L1-Antikörper. Bei 93 % der Patienten war eine Mutation in der Kinase­domäne des HER2-Rezeptors festgestellt worden, etwas mehr als 1/3 wies asymptomatische Hirnme­tastasen auf, die aktuell keiner Behandlung bedurften.

Die Rate an Remissionen unter Trastuzumab Deruxtecan lag bei 54,9 % und war in allen untersuchten Subgruppen ähnlich hoch, darunter auch bei den Patienten, die zuvor schon HER2-Tyrosinkinase-Inhibitoren erhalten hatten oder solchen mit Hirnmetastasen. Hinzu kamen 37,4 % Krankheitsstabi­lisierungen, sodass sich eine Krankheitskontrollrate von 92,3 % ergab. Die Dauer des Ansprechens war mit median 9,3 Monaten ähnlich hoch wie das progressionsfreie Überleben mit 8,2 Monaten; die medi­ane Gesamtüberlebensdauer betrug 17,8 Monate.

Die Rate an therapiebedingten Nebenwirkungen betrug 96,7 %; etwa die Hälfte davon war vom Grad 3 oder höher. 24 Patienten erlitten eine interstitielle Lungenentzündung, die aber lediglich in 4 Fälle vom Grad 3, in 2 Fällen allerdings vom Grad 5 war.

Biomarkeranalysen zeigen, dass die Wirksamkeit des Immuntoxins sich auf die verschiedenen Subtypen von HER2-Mutationen erstreckt, aber ebenso auf Patienten, bei denen gar keine HER2-Expression nachweisbar war.

Die Aktivität von Trastuzumab Deruxtecan beim metastasierten, vorbehandelten HER2-mutierten NSCLC ist robust und relativ lange anhaltend, so Li, und das Toxizitätsprofil ist handhabbar. Das Nutzen-/Risiko-Verhältnis von Trastuzumab Deruxtecan bei dieser Erkrankung ist also positiv, und die Substanz sollte für die Anwendung beim HER2-positiven NSCLC weiterentwickelt werden. In der DESTINY-Lung02-Studie wird derzeit an einer Optimierung des Dosierungsregimes gearbeitet (ClinicalTrials.gov No. NCT04644237). © jfg/aerzteblatt.de

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