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Medizin

SARS-CoV-2: Defekter „Sensor“ in den Zellen erhöht Risiko auf schwere Verläufe

Mittwoch, 29. September 2021

/kinwun, stock.adobe.com

Glasgow – Infektionen mit SARS-CoV-2 könnten für einige Menschen schwerer oder tödlich verlaufen, weil ein Protein, das bereits an der Zellmembran den Eintritt der Viren erkennt und eine rasche Abwehr ermöglicht, defekt ist. Bei Fledermäusen könnte dieser Defekt nach einer Studie in Science (2021; DOI: 10.1126/science.abj3624) paradoxerweise erklären, warum die Tiere zu einem wichtigen Reservoir für Coronaviren geworden sind.

Zellen sind Viren gegenüber nicht wehrlos. Ihre wichtigste Waffe sind Interferone, die mit den Viren „interferieren“. Voraussetzung für eine erfolgreiche Abwehr ist, dass die eindringenden Viren rechtzeitig erkannt werden. Zu den „Wächtern“ gehört das Enzym OSA1, das Viren wie SARS-CoV-2 (aber auch das West-Nil-Virus oder das Hepatitis-C-Virus) an ihrer doppelsträngigen RNA erkennt (die in der Zelle normalerweise nicht vorkommt). OSA1 aktiviert dann die Ribonuclease L, die die RNA zerstört und damit eine Replikation verhindert.

OSA1 befindet sich auf der Innenseite der Zellmembran (und auch auf den Membranen der Zellorga­nellen). Die Verankerung erfolgt mit einer sogenannten Prenylgruppe. Dieser Anker scheint bei einigen Menschen defekt zu sein. Ein Team um Arthur Wickenhagen von der Universität Glasgow kann zeigen, dass die nicht-prenylierte Variante von OSA1 im Fall einer Infektion mit SARS-CoV-2 zu schweren Verläufen führt.

Die Wahrscheinlichkeit, auf einer Intensivstation behandelt werden zu müssen oder an COVID-19 zu sterben, war in einer Gruppe von 499 Patienten um 57 % erhöht (Odds Ratio 1,57; 95-%-Konfidenzinter­vall 1,09 bis 2,25). In Zellexperimenten waren die Unterschiede noch deutlicher. Wenn die Prenylgruppe an OSA1 fehlte, kam es 100-fach häufiger zum Untergang der Zellen.

Interessanterweise ist die Genvariante „rs10774671“, die für eine Prenylierung sorgt, international unterschiedlich verbreitet. In vielen Ländern Afrikas liegt der Anteil in der Bevölkerung teilweise über 60 %, in Europa haben nur 30 % die Genvariante „rs10774671“, in Ostasien sind es noch weniger.

Die unterschiedliche Verbreitung könnte erklären, warum die Pandemie in Afrika bisher milder verläuft (Diese Hypothese steht allerdings im Widerspruch zu der erhöhten Erkrankungsrate unter Afroamerika­nern in den USA). Frühere Studien haben übrigens gezeigt, dass „rs10774671“ zu den Varianten gehört, die der Homo sapiens vom Homo neandertalensis übernommen hat.

Die Forscher konnten auch zeigen, dass Hufeisennasen (Rhinolophidae) anders als die meisten anderen Tiere kein prenyliertes OSA1 besitzen. Dies könnte erklären, warum sie ein wichtiges Reservoir für Coro­na­viren sind. Die Viren könnten sich bei dieser Fledertiergruppe ungehindert vermehren. Warum die Viren die Tiere nicht töten, bleibt allerdings ein Geheimnis. © rme/aerzteblatt.de

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