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Zwischenlagerung von Atommüll sorgt für offene Fragen

Dienstag, 19. Oktober 2021

/MC Rendered Artwork, stock.adobe.com

Berlin – Die Entsorgung radioaktiver Abfälle in Deutschland sorgt für Diskussionsstoff. Der ehemalige Leiter der Entsorgungskommission des Bundes (ESK), Michael Sailer, warnte gestern vor einer Lücke, die bei der Entsorgung hoch radioaktiver Abfälle entstehen könnte, wenn Genehmigungen für Zwischenlager zu früh ausliefen.

Hoch radioaktive Abfälle aus den deutschen Atomkraftwerken würden wegen eines fehlenden Endlagers voraussichtlich noch weit über ein halbes Jahrhundert an den AKW-Standorten bleiben müssen, erklärte Sailer.

Der Ingenieur und Nuklearexperte geht davon aus, dass das für 2031 in Deutschland geplante Endlager für hoch radioaktiven Müll erst ab 2050 in Betrieb gehen könnte. Die Genehmigung der Zwischenlager, in denen sich der Müll übergangsweise befindet, laufe jedoch Mitte der 40er Jahre aus.

Sailer erklärte, dass es wohl noch 30 weitere Jahre in Anspruch nehmen werde, den hoch radioaktiven Müll aus den Zwischenlagern in das geplante Endlager zu überführen. Damit könnten die Abfälle erst im Jahr 2080 vollständig im geplanten Endlager eingelagert sein.

Sailer forderte die Politik auf, sich frühzeitig mit der Frage der Zwischenlagerung von radioaktiven Ab­fällen zu beschäftigen. „Wir haben 16 Zwischenlager in Deutschland, in denen hoch radioaktiver Müll gelagert wird“, sagte Sailer. „Bei den meisten läuft die Genehmigungsdauer 2045/46 ab.“

Auch das Bundesumweltministerium (BMU) wies auf Anfrage darauf hin, dass die Aufbewahrungsdauer der Behälter auf 40 Jahre begrenzt sei. Die Zwischenlager innerhalb dieses Zeitraums vollständig zu räumen, könne „nach heutigen Erkenntnissen (...) nicht gewährleistet werden“, erklärte das Ministerium. Daher würden derzeit die „technischen Voraussetzungen für eine verlängerte Aufbewahrung an den Standorten der Zwischenlager sowie in den Transportbehälterlagern untersucht“.

Für diese Untersuchung sind laut Umweltministerium die Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) und das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) zuständig. Das BGZ teilte gestern auf Anfrage mit, dass es mit Blick auf die Verlängerung von Zwischenlagern noch „weiteren Untersuchungs­bedarf“ zu Technik und Sicherheitsstandards gebe.

Die BGZ habe dafür eine Fachabteilung aufgebaut, die ein Forschungsprogramm zur Zwischenlagerung über den Zeitraum von 40 Jahren hinaus erarbeite. Auch die Bevölkerung werde informiert, wenn es da­rum gehe, Zwischenlagergenehmigungen um mehr als zehn Jahre zu verlängern, schrieb die BGZ weiter.

Neben den hoch radioaktiven Abfällen, für die das Endlager bestimmt sein wird, befinden sich in den Zwischenlagern auch schwach- und mittelradioaktive Abfälle. Auch deren Lagerung sorgt immer wieder für Diskussionen, wie der Fall des Standorts Asse in Niedersachsen zeigt. Der dort bestehende Konflikt um ein alternatives Zwischenlager bleibt weiter ungelöst. Die Diskussion darum sei noch nicht abge­­schlossen, heißt es in einem Expertenbericht, der heute veröffentlicht wurde.

Nach scharfer Kritik sollte damit die Entscheidung für ein Zwischenlager nahe der Schachtanlage im Landkreis Wolfenbüttel noch einmal überprüft werden. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) hatte im Jahr 2020 entschieden, einen Standort in der Nähe des maroden Atommülllagers zu suchen und dafür viel Kritik aus der Bevölkerung geerntet. Daraufhin wurde eine Prüfung der Standortauswahl veran­lasst.

In dem ehemaligen Bergwerk in Niedersachsen liegen in 13 Kammern rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen. Weil Wasser eindringt, muss das Lager geräumt werden. Es gibt den ge­setzlichen Auftrag, die Asse unverzüglich stillzulegen. Im Jahr 2033 soll die Bergung der Abfälle voraus­sichtlich starten. Bis die Endlagerung aber geklärt ist, muss der Müll zwischengelagert werden.

Mit Blick auf den Bericht im Auftrag des Bundesumweltministeriums sagte Niedersachsens Umwelt­mi­nis­­ter Olaf Lies (SPD) bei der Onlinepressekonferenz: „Der Bericht wirft viele Fragen auf, die es gilt, zügig zu klären.“ Das Dokument werde jetzt von allen Beteiligten analysiert und bewertet. Weitere Diskussions­runden auch mit der Öffentlichkeit stehen im November an.

Unterdessen geht auch die Suche nach einem Atommüllendlager für die hoch radioaktiven Abfälle wei­ter. Die sechs Atomkraftwerke, die derzeit noch in Betrieb sind und Atommüll produzieren, sollen bis Ende des kommenden Jahres abgeschaltet sein. © dpa/aerzteblatt.de

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