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Medizin

SARS-CoV-2-Infektio­nen können bei krebskranken Kindern tödlich enden

Mittwoch, 3. November 2021

/nimito, stock.adobe.com

Melbourne – Während gesunde Kinder bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 selten schwer erkranken, kann es bei krebskranken Kindern zu Komplikationen und Todesfällen kommen. Dies zeigt eine internationale Studie mit deutscher Beteiligung im European Journal of Cancer (2021; DOI: 10.1016/j.ejca.2021.09.027). Die Gefahr für die Kinder war mit dem Ende der Krebsbehandlung noch nicht vorüber.

Schon bald nach Beginn der Pandemie wurde erkannt, dass Krebspatienten zu den besonders gefähr­deten Personen gehören. Sowohl die Krebserkrankung als auch deren Behandlung erhöhen das Risiko auf eine schwere und häufig tödliche Erkrankung an COVID-19. Besonders gefährdet sind Patienten, die sich einer hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSCT) unterzogen hatten.

Die Situation bei pädiatrischen Patienten war bisher weniger klar. Dies hängt damit zusammen, dass Krebserkrankungen bei Kindern insgesamt selten sind und es deshalb nur sehr begrenzte Erfahrungen gibt. Einerseits bestand die Hoffnung, dass die krebskranken Kinder aufgrund ihres Alters vor einem schweren Verlauf geschützt sind. Gesunde Kinder erkranken ja sehr selten an COVID-19. Andererseits ist die Behandlung häufig aggressiv.

Neben Chemo- und Radiotherapie gehört auch die HSCT häufig zu den Behandlungen. Todesfälle bei Kindern wären zudem besonders tragisch, weil die Behandlungsergebnisse bei pädiatrischen Krebser­krankungen gut sind und viele Kinder geheilt werden können.

Gabrielle Haeusler vom Peter MacCallum Cancer Centre in Melbourne und Mitarbeiter haben jetzt die Erfahrungen von 21 Kliniken aus 10 Ländern (darunter die deutschen Zentren in Frankfurt, Freiburg und Münster) zusammengefasst. Von den dort betreuten Kindern hatten sich 131 mit SARS-CoV-2 infiziert, 108 Patienten befanden sich in einer aktiven Behandlung, die anderen 23 hatten sie bereits abge­schlossen. Die meisten Kinder (60 %) waren an Leukämien oder Lymphomen erkrankt, die übrigen litten an soliden Tumoren (37 %) oder wurden wegen einer angeborenen Immunschwäche mit einer HSCT (4 %) behandelt.

Die meisten Kinder (85 %) hatten sich außerhalb der Klinik angesteckt, bei etwa der Hälfte (44 %) waren weitere Erkrankungen in der Familie bekannt. Von der Infektion bis zum Beginn der Symptome vergingen 5 Tage. Danach waren die Viren über median 16 Tage nachweisbar. Bei 1 Patient dauerte die Infektion 79 Tage. Insgesamt 89 Kinder entwickelten Symptome. Am häufigsten waren Fieber (71 %), Husten (47 %) oder ein Schnupfen (29 %).

Insgesamt 49 Kinder (37 %) wurden wegen COVID-19 median 9,3 Tage in der Klinik behandelt, 15 Kinder (11 %) mussten auf Intensivstation verlegt werden, 10 wurden dort maschinell beatmet. 5 Kinder starben, darunter 4 (3 %) an den Folgen von COVID-19 (keines davon aus Deutschland).

Überraschenderweise befand sich von den 4 an COVID-19 gestorbenen Kindern nur eines in einer akti­ven Behandlung (1 % von 108 Patienten unter aktiver Behandlung). Die anderen 3 hatten ihre Krebs­behandlung bereits abgeschlossen (13 % von 23 mit abgeschlossener Behandlung).

Die wichtigsten Risikofaktoren für einen schweren Verlauf waren Begleiterkrankungen (Odds Ratio 2,94; 95-%-Konfidenzintervall 1,81 bis 5,21), Koinfektionen (Odds Ratio 1,74; 1,03 bis 3,03) und eine schwere Neutropenie zu Studienbeginn (Odds Ratio 1,82; 1,13 bis 3,09).

Für Prof. Thomas Lehrnbecher von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Frankfurt, der an der Studie beteiligt war, werfen die Ergebnisse neue Fragen auf. Sie betreffen beispiels­weise die Unterbrechung einer Chemotherapie, die den Schweregrad der COVID-19-Erkrankung beein­flusst haben könnte. Auch zur Einschätzung von Isolationsbeschränkungen und Handlungsempfehlungen für Kontaktpersonen könnten die Studienergebnisse beitragen. Besondere Vorsicht sei bei immunsuppri­mierten Patienten geboten, da das Virus bei ihnen über bis zu 3 Monate nachgewiesen werden konnte.

Angesichts der häufigen Ansteckung im häuslichen Bereich stellt sich die Frage, ob Familienangehörige von krebskranken Kindern rechtzeitig gegen SARS-CoV-2 geimpft werden sollten. Auch die Patienten selbst sollten geimpft werden. Derzeit wird laut Lehrnbecher in einer multizentrischen Studie geprüft, ob eine Impfung bei Kindern und Jugendlichen mit Krebserkrankungen wirksam ist. © rme/aerzteblatt.de

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