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Corona: Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei Impfstoffstudie, Experten beschwichtigen

Donnerstag, 4. November 2021

/picture alliance, AP, Jon Elswick

Berlin – Gegen ein mit klinischen Studien zum Coronaimpfstoff beauftragtes Subunternehmen von Pfizer sind schwere Vorwürfe laut geworden. Wie das Fachjournal British Medical Journal (BMJ) unter Berufung auf eine Ex-Mitarbeiterin von Ventavia berichtete, soll das Unternehmen aus dem US-Bundesstaat Texas bei Studien zum Vakzin von Biontech/Pfizer Daten gefälscht und bei der Nachverfol­gung von Nebenwir­kungen geschlampt haben.

Biontech kündigte an, den Berichten über Unregelmäßigkeiten nachzugehen. „Die sorgfältige Umsetzung und Datenerhebung in klinischen Studien hat für Biontech höchste Priorität“, sagte heute eine Sprecherin des Mainzer Unternehmens. „Wir nehmen Aussagen, wie die im Artikel gemachten, ernst und prüfen sie umgehend nach der Kenntnisnahme.“

Der BMJ-Bericht basiert größtenteils auf Aussagen der früheren Ventavia-Mitarbeiterin Brook Jackson, die zwei Wochen lang an den klinischen Studien des Unternehmens zu dem Coronaimpfstoff beteiligt war, bevor sie entlassen wurde.

Brook wirft Ventavia unter anderem vor, das das doppelt verblindete Studiendesign nicht eingehalten zu haben. Bei diesem Verfahren wird sichergestellt, dass weder der Patient noch das medizinische Personal wissen, ob ein wirksames Medikament oder ein Placebo verabreicht wird. Dies soll eine möglichst objektive Bewertung der Studienergebnisse ermöglichen.

Laut Jackson verstieß Ventavia auch an weiteren Stellen gegen Vorschriften, etwa bei der korrekten La­gerung des Impfstoffs. Dem BMJ sagte sie, sie habe die US-Arzneimittelbehörde FDA über die Verstöße informiert. Die FDA wollte den Vorgang auf Nachfrage nicht kommentieren. Die Behörde erklärte jedoch, sie habe „volles Vertrauen“ in die Daten, die zur Zulassung des Coronaimpfstoffs von Biontech/Pfizer geführt hätten.

Bei der klinischen Testung des Coronaimpfstoffs von Biontech/Pfizer spielte Ventavia nur eine kleine Rolle. Das texanische Unternehmen untersuchte die Wirkung des Impfstoffs an 1.000 Testpersonen. Weltweit nahmen rund 44.000 Probanden an klinischen Studien mit dem Vakzin teil.

Wirksamkeit steht nicht infrage

Trotz der Vorwürfe sehen Experten die Wirksamkeit des Mittels nicht infrage gestellt. „Das, was die Whistleblowerin aufgedeckt hat, ist ohne Frage unschön, wenngleich ich betonen möchte, dass dies meines Erachtens nicht ausreicht, um an der Qualität der klinischen Studie von Biontech/Pfizer zu zweifeln“, sagte Peter Kremsner, Direktor des Instituts für Tropenmedizin, Eberhard Karls Universität Tübingen. „Das ist mir einfach zu wenig. Die Impfdaten wurden schon in zahlreichen Studien bestätigt. Von daher sehe ich keinen Grund, sie deswegen jetzt infrage zu stellen.“

„Bei klinischen Studien gibt es zwei wichtige Einheiten: die Studienleitung und den klinischen Sponsor. Letzterer ist hier Pfizer. Der klinische Sponsor ist unter anderem für die Qualitätssicherung der Daten verantwortlich“, führte Kremsner aus.

Kleinere Pharmafirmen, aber zunehmend auch größere, lagerten bestimmte Aufgabenbereiche mittler­weile häufig an Subunternehmen aus, die für sie zum Beispiel bestimmte Aufgaben übernehmen. „So hat es auch Pfizer gemacht, obwohl das Unternehmen definitiv in der Lage gewesen wäre, alle Aufgaben eines klinischen Sponsors selbst zu übernehmen“, so der Experte.

Kremsner betonte, dass in einem Pandemiefall natürlich alles schnell gehen müsse. „Die Gefahr, dass ein Subunternehmen dann womöglich nicht den Qualitätsstandards des großen klinischen Sponsors ent­spricht, kann in solch einem Fall steigen.“

Ähnlich äußert sich auch Oliver Cornely, wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Klinische Studien Köln und Oberarzt der Klinik I für Innere Medizin mit Schwerpunkt: Klinische Infektiologie, invasive Pilzerkrankungen der Uniklinik Köln.

Die im BMJ-Artikel geschilderten Fehler schränkten die Aussagekraft der Zulassungsstudie des Impfstoffs nicht ein, erklärt er. Die Untersuchungszentren des Subunternehmens hätten zudem nur 2,3 Prozent der 44.000 Teilnehmer der Studie betreut. Zudem sei die Wirksamkeit inzwischen aus Daten aus Israel und anderen Ländern belegt.

Und nicht zuletzt zeige sich in den Krankenhäusern jeden Tag, wie gut die Impfstoffe funktionierten: „Wir nehmen kaum geimpfte Personen wegen COVID-19 stationär auf, erkennen also die Wirksamkeit jeden Tag“, so Cornely weiter.

Er führte aber auch aus, dass sich zwar ein Einfluss der Fehler auf das Studienergebnis derzeit nicht belegen lässt. Es brauche aber dringend eine behördliche Inspektion aller Zentren von Ventavia. „In Deutschland werden sehr viele Inspektionen von Studienzentren durchgeführt und dadurch eine hohe Qualität gesichert. Bei uns sind Inspektionen die Regel und nicht die Ausnahme.“ © dpa/afp/may/aerzteblatt.de

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Kommentare

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Avatar #831667
singvogel
am Donnerstag, 4. November 2021, 18:31

Ausgerechnet Ventavia ...

Warum stört sich eigentlich niemand von denen, die diese Vorgänge jetzt kommentieren (incl. ARD-faktencheck) daran, dass ausgerechnet Ventavia die wichtigen Studien machen "durfte" zu den umstrittenen Impfungen bei Kindern, Jugendlichen, Schwangeren ???
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