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Medizin

Warum eine Genvariante das Sterberisiko bei COVID-19 erhöht

Montag, 8. November 2021

/Lagunov, stock.adobe.com

Oxford – Britische Forscher haben möglicherweise herausgefunden, welches Gen auf dem Chromosom 3 für das erhöhte COVID-19-Risiko von Menschen asiatischer Herkunft verantwortlich ist, das im letzten Jahr entdeckt wurde. Laut dem Bericht in Nature Genetics (2021; DOI: 10.1038/s41588-021-00955-3) befindet sich die Variante im Gen LZTFL1, das in den Epithelzellen der Atemwege gebildet wird. Da es sich um eine „Gain of function“-Mutation handelt, könnte die Entdeckung im Prinzip zur Entwicklung einer neuen Behandlung genutzt werden.

Im letzten Jahr war in 2 genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) herausgekommen, dass eine Genvari­ante (Einzelnukleotid-Polymorphismus, SNP) auf dem Chromosom 3p21.31 das Risiko auf einen schweren Verlauf von COVID-19 in etwa verdoppelt. Die SNP liegt bei etwa 60 % aller Menschen aus Südasien vor, während Europäer sie nur zu 15 % und Menschen aus Afrika oder der Karibik nur zu 2 % haben. Es handelt sich übrigens um einen der Genabschnitte, die Homo sapiens vor Urzeiten vom Homo neanderthalensis übernommen hat.

Auf welchem Gen sich diese Variante befindet und wie sie das Erkrankungsrisiko beeinflusst, war bisher unbekannt. Ein Team um James Davies and Jim Hughes von der Universität Oxford berichtet jetzt, dass die SNP rs17713054 im Enhancer des Gens LZTFL1 („leucine zipper transcription factor like 1“) liegt. Ein „Enhancer“ regelt, wie stark ein Gen in eine Boten-RNA umgesetzt wird. Bei der SNP rs17713054 war die Umsetzung vermehrt, weshalb es sich um eine „Gain of function“-Mutation handelt.

Die Forscher fanden heraus, dass LZTFL1 in den Epithelien der Atemwege produziert wird. Es könnte dort eine unspezifische Abwehrreaktion der Zellen gegen Viren schwächen. In postmortalen Biopsien von 3 Patienten mit COVID-19 entdeckten die Forscher Schäden an den Alveolen.

Dass das Gen nicht die klassische Immunabwehr gegen SARS-CoV-2 mit Antikörpern und T-Zellen beeinflusst, betrachten Davies and Hughes als ein günstiges Zeichen. Die Mutation würde die Wirksamkeit der Impfstoffe nicht abschwächen, schreiben sie.

Bei einer „Gain of function“-Mutation besteht heute die Möglichkeit, das Gen durch Medikamente auszuschalten. Ob dies ein realistischer Therapieansatz ist, lässt sich schwer vorhersagen, da das Gen LZTFL1 in anderen Bereichen eine lebenswichtige Funktion haben könnte. Vor einer Behandlung müssten deshalb ausführliche Labortests und präklinische Studien durchgeführt werden. © rme/aerzteblatt.de

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