Medizin
Jeder 5. COVID-19-Antigenschnelltest nicht sensitiv genug
Dienstag, 9. November 2021
Langen – Etwa 21 % der in Europa verfügbaren Antigenschnelltests zum Nachweis des SARS-CoV-2-Virus verfehlten die Qualitätskriterien des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). Im Verbund mit Forschenden anderer Institutionen hatte das deutsche Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel 122 Tests auf ihre Sensitivität untersucht.
Die Ergebnisse sind in der Online-Ausgabe des Eurosurveillance erschienen (DOI: 10.2807/1560-7917.ES.2021.26.44.2100441). Die gute Nachricht: Die meisten (n=96) der evaluierten Antigenschnelltests erfüllten die geforderten Bedingungen und seien für die schnelle Identifizierung von akuten Infektionen mit hoher Viruslast geeignet, teilte das PEI mit.
Einige der Antigenschnelltests beziehungsweise Antigenselbsttests erzielten sogar sehr gute Ergebnisse. 26 Tests boten nicht die geforderte Sensitivität von 75 % – das bedeutet, dass von 100 infizierten Personen mehr als 25 Personen ein falsch-negatives Ergebnis bekommen würden.
Der Ct-Wert gibt an, wie viel Vermehrungszyklen bei der PCR-Methode ablaufen müssen, bevor der Anstieg des viralen Erbguts exponentiell wird. Umso geringer diese Zahl, umso weniger Vermehrungszyklen waren nötig und umso höher ist die Viruskonzentration in der Probe.
Die Sensitivität dieser Antigenschnelltests wurde mit Hilfe eines gemeinsamen Bewertungspanels untersucht, das vom Robert-Koch-Institut (RKI) hergestellt wurde. Als minimal akzeptierte Sensitivität legten die Forschenden einen Wert von 75 % fest, bezogen auf einen Ct-Wert < 25. Der Ct-Wert (Cycle-threshold-Wert) ist ein Maß für die Virusmenge in der Probe (siehe Kasten).
Bei Geimpften könne der Ct-Wert annähernd gleich hoch sein, wie bei nicht Geimpften, erklärte Letztautor Micha Nübling, Leiter der Abteilung G Grundsatzfragen am PEI und verwies auf eine Studie in Lancet Infectious Diseases, die Ende Oktober publiziert wurde. Einen Unterschied zu Ungeimpften gebe es jedoch: „Die Phase der Viruslast ist kürzer.“
Auch Geimpfte können SARS-CoV-2 im Haushalt weitergeben
London – Vollständig geimpfte Personen können sich zu Hause mit der Delta-Variante von SARS-CoV-2 infizieren und das Virus an ungeimpfte, aber auch an geimpfte Personen weitergeben, die dann aber weniger schwer erkranken. Die in Lancet Infectious Diseases (2021; DOI: 10.1016/S1473-3099(21)00648-4) vorgestellten Ergebnisse erklären, warum es für Ungeimpfte im Winter schwierig werden wird, der
Bei mäßiger Viruslast (Ct-Wert >25– <30) erreichten nur noch 19 Tests eine Sensitivität von mindestens 75 %. Bei geringer Viruskonzentration in der Probe (Ct-Wert ≥ 30) konnten noch 18 Tests unter den 96 eine Sensitivität von mindestens 10 und maximal 40 % (n = 2, siehe Kasten, die ersten beiden in der Liste) erreichen.
Von den 26 Tests, die die Testkriterien nicht erfüllten, erreichten 4 eine Sensitivität von 0 % selbst bei höchster Viruslast (Ct ≤ 25). Dazu zählten Tests von Beijing Savant Biotechnology Co., Ltd, Joinstar Biomedical Technology Co., Ltd, Lionex GmbH und der Unioninvest.
Die besten 5 Antigenschnelltests
bei Ct ≤ 25 lag die Sensitivität bei 100 %
und bei Ct >25– <30 lag die Sensitivität bei >75 %
- Shenzhen Lvshiyuan Biotechnology Co., Ltd. Green Spring SARS-CoV-2 Antigen Rapid Test Kit (Coll. Gold)
- Toda Pharma Toda Coronadiag Ag
- Shenzhen Watmind Medical Co.,Ltd. SARS-CoV-2 Ag Diagnostic Test Kit (Colloidal Gold)
- ulti med Products (Deutschland) GmbH COVID-19 Antigen Speicheltest (Immunochromatographie)
- LumiQuick Diagnostics, Inc. QuickProfile Covid-19 Antigen Test Card
Viele Tests würden unter verschiedenen Namen und beziehungsweise oder Vertreibern auftauchen, sagte Nübling. In einem solchen Fall habe das Team, soweit bekannt, das Originalprodukt nur einmal untersucht.
Die überprüften CE-gekennzeichneten SARS-CoV-2-Antigenschnelltests dienen sowohl geschultem Personal als auch Laien als Selbsttest. Sie basieren auf der Lateral-Flow-Immunchromatografie mit Antikörpern, die SARS-CoV-2-Antigene in Atemwegsproben nachweisen, um eine akute SARS-CoV-2-Infektion festzustellen.
Europäische Kommission will Ende der Selbstzertifizierung aufschieben
Allerdings können Hersteller die COVID-19-Tests selbst zertifizieren. Denn gemäß der aktuellen EU-Richtlinie für In-vitro-Diagnostika (IVD), die derzeit die Marktzulassung für IVDs in Europa regelt, gelten diese Tests als „IVD niedrigen Risikos“. Eine unabhängige Überprüfung der Tests ist in diesem Fall nicht notwendig, bevor sie auf den Markt kommen.
Ab Mai 2022 sollte sich dies eigentlich ändern: Dann müssten gemäß der IVD-Verordnung für deren Zertifzierung ein EU-Referenzlabor und eine Benannte Stelle hinzugezogen werden, da die COVID-19-Tests der höchsten Risikoklasse angehören werden. Zukünftig würde dies dann eine Laboruntersuchung der Tests verlangen sowie eine unabhängige Überprüfung der Daten. Allerdings sehe der neueste Entwurf der Übergangsbestimmungen der europäischen Kommission jetzt wieder eine Fortschreibung des ungeregelten Zustandes von selbstzertifizierten COVID-19-Tests noch bis 2025 vor, sagte Nübling dem Deutschen Ärzteblatt.
Das PEI bereitet sich bereits darauf vor, sich als eines der dafür zuständigen EU-Referenzlabore zu bewerben. Bis dahin soll die vergleichende Untersuchung die derzeitige Lücke der fehlenden Bewertung dieser kritischen Tests überbrücken, teilte das PEI in einer Pressemitteilung mit.
zum Thema
- Studie in Eurosurveillance 2021
- Liste der COVID-19-Antgentests, die die Kriterien erfüllt haben (Sensitivität über 75 %)
- Liste der COVID-19-Antgentests, die durchgefallen sind (Sensitivität unter 75 %)
- Pressemitteilung des PEI 2021
- BfArM-Liste der Antigen-Tests zur professionellen Anwendung zum direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2
Deutsches Ärzteblatt print
- Corona: Schnelltests ab 11. Oktober meist nicht mehr kostenfrei
- Coronatests: Milliardenausgaben für Bürgertests
- Hochfrequente Selbsttestung von Lehrenden auf SARS-CoV-2 mit einem Antigen-Schnelltest
aerzteblatt.de
Eine Liste auf den Seiten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bietet einen Überblick über alle professionellen Antigentests, die nach Herstellerangaben die Mindestkriterien erfüllen und die nach Coronavirustestverordnung (TestV) erstattungsfähig sind. Diese Liste beinhaltet indirekt auch die Tests für Laien, die es im Discounter oder ind er Drogerie zu kaufen gibt.
Denn das BfArM habe eine Zeit lang „Sonderzulassungen“ von Selbsttests für Laien geprüft und ausgesprochen, sagte Nübling und weiter: „Hierfür war Voraussetzung, dass dieselbe Testkassette bereits für den ,professional use' vom PEI positiv evaluiert wurde.“ Die Selbsttests für Laien unterscheiden sich ausschließlich durch die geänderte Probennahme.
Tests, die die aktuelle Evaluierung bestanden haben, werden auch in der Liste „Vergleichende Evaluierung der Sensitivität von SARS-CoV-2-Antigenschnelltests“ des PEI aufgeführt. Erfüllt ein Test diese Evaluierung nicht, wird er aus der Liste des BfArM gestrichen.
Zwar muss ein positiver Antigenschnelltest weiterhin durch einen PCR-Test (Polymerase-Chain-Reaction-Test) bestätigt werden. Dennoch scheint die Infektiosität durch Atemwegssekrete mit hohen Viruslasten in der frühen Phase der Infektion zu korrelieren, zum Beispiel vor und bis zu 10 Tage nach dem 1. Auftreten von Symptomen.
Diese hohen Virusmengen lassen sich ebenfalls mit Antigenschnelltests nachweisen. Bei entsprechender Güte erlauben Antigenschnelltests eine zeitnahe Identifizierung akut infizierter und potenziell infektiöser Personen. © gie/aerzteblatt.de

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