Medizin
Studie: Cannabis in der Schwangerschaft stört emotionale Entwicklung des Kindes
Dienstag, 4. Januar 2022
New York – Die Kinder von Frauen, die während der Schwangerschaft Cannabis rauchten, fielen in einer Langzeitstudie im Alter von 3 bis Jahren häufiger durch ein ängstliches Verhalten auf, das möglicherweise Folge von erhöhten Stresshormonen war. Die Forscher fanden in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS 2021; DOI: 10.1073/pnas.2106115118) auch Störungen in der Plazenta.
Der Cannabiskonsum von Schwangeren hat in den USA mit der Legalisierung deutlich zugenommen. Viele Schwangere scheinen die Hanfdroge als Mittel gegen das Erbrechen in der Frühschwangerschaft zu nutzen, ohne zu ahnen, dass Tetrahydrocannabinol (THC) über die Plazenta in den Kreislauf des Kindes gelangt.
Da die körpereigenen Cannabinoide eine wichtige Rolle bei der Hirnentwicklung haben, muss mit späteren Schäden bei den Kindern gerechnet werden. Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass der mütterliche Cannabiskonsum während der Schwangerschaft mit einer Wachstumsstörung des Fetus, einem niedrigen Geburtsgewicht und einer Frühgeburt verbunden sind. Wobei die Beweisführung schwierig ist, da viele Schwangere neben Cannabis noch andere Substanzen konsumieren und häufig einen ungesunden Lebensstil haben.
Ein Team um Yasmin Hurda von der Icahn School of Medicine in New York hat im Rahmen der „Stress in Pregnancy“-Studie, die die Auswirkungen von emotionalen Belastungen in der Schwangerschaft auf das Kind erforscht, auch die Kinder von 71 Müttern untersucht, die einen Cannabiskonsum in der Schwangerschaft angegeben hatten.
Im Vergleich zu den Kindern von 251 Müttern, die kein Cannabis konsumierten, hatten die intrauterin mit THC exponierten Kinder erhöhte Cortisolkonzentrationen in den Haarproben, was ein Hinweis auf einen erhöhten Stresslevel ist.
Bei einer psychologischen Untersuchung mit dem BASC-2-Fragebogen („Behavior Assessment System for Children“) zeigten die Kinder erhöhte Werte für eine Hyperaktivität, Aggressivität und Ängstlichkeit. Ein weiteres Zeichen für einen vermehrten Lebensstress der Kinder war eine verminderte Herzfrequenzvariabilität. All dies ließe sich auch durch Umwelteinflüsse erklären, etwa durch ein schwieriges Familienumfeld bei Cannabis konsumierenden Eltern.
Die Forscher fanden allerdings auch in der Plazenta Veränderungen, die auf eine vorgeburtliche Schädigung hinweisen. Die Bildung von Rezeptoren für Endocannabinoide war vermindert, was Hurda als direkte Reaktion auf die THC-Exposition deutet.
Veränderungen gab es auch bei der Aktivierung von Genen, die das Immunsystem und Entzündungsreaktionen beeinflussen. Hurda interpretiert dies als „Unterdrückung mehrerer immunogener Netzwerke in der Plazenta“, die die höhere Ängstlichkeit bei den Kindern erklären können.
Wie immer in epidemiologischen Studien lässt sich eine Kausalität nicht beweisen – aber auch nicht widerlegen. Hurda rät Frauen deshalb, während der Schwangerschaft vorsichtshalber auf den Konsum von Cannabis zu verzichten, ebenso wie auf Rauchen oder Alkohol. © rme/aerzteblatt.de
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