Medizin
Gezielte Töne im Schlaf beeinflussen Rolando-Epilepsie bei Kindern
Mittwoch, 5. Januar 2022
Tübingen – Im Schlaf vorgespielte kurze Laute können die für die Rolando-Epilepsie charakteristischen EEG-Ausschläge teilweise unterdrücken. Das berichtet ein Forschungsteam der Universität und des Universitätsklinikums Tübingen unter der Leitung von Hong-Viet Ngo und Jan Born vom Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie. Die Arbeit ist in der Fachzeitschrift Cell Reports Medicine erschienen (2021; DOI: 10.1016/j.xcrm.2021.100432).
Die Rolando-Epilepsie tritt bei Kindern meist zwischen dem fünften und achten Lebensjahr erstmals auf und verschwindet um den Beginn der Pubertät. „Die Anfälle bei dieser Form der Epilepsie sind meist kurz, es kann zu Zuckungen im Bereich des Gesichtes und vorübergehenden Sprechstörungen im Rahmen der Anfälle kommen“, erläutert Susanne Ruf aus der Arbeitsgruppe. Lern- und Sprachschwierigkeiten, Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen würden mit der Rolando-Epilepsie in Verbindung gebracht, so Ruf.
In der Studie zeichnete das Forschungsteam die elektrische Hirnaktivität von an Rolando-Epilepsie erkrankten Kindern sowie jeweils altersgleichen gesunden Kontrollpersonen während des Schlafs nichtinvasiv in Elektroenzephalogrammen (EEG) auf. „Wir können mit unserer Arbeit frühere Erkenntnisse bestätigen, dass es bei den kleinen Patienten im Schlaf Unterschiede in der Hirnaktivität gegenüber gesunden Kindern gibt.
Dies betrifft insbesondere die sogenannten Schlafspindeln, ein Aktivitätsmuster, das wichtig für die Verarbeitung von Gedächtnis im Schlaf ist“, sagte Jens Klinzing vom Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie der Universität Tübingen.
Außerdem erfassten die Forscher im Schlaf und in ruhigen Wachphasen der Kinder die zu erwartenden epileptischen Entladungen. „Man nimmt an, dass von der Rate und Stärke dieser Entladungen, die wir als Spikes bezeichnen, abhängt, wie stark ausgeprägt die Beeinträchtigung der Entwicklung der Kinder ist“, so Klinzing.
Im weiteren Verlauf der Studie stellte sich heraus, dass leise abgespielte Laute bei den an Rolando-Epilepsie erkrankten Kindern die Spikefrequenz verminderten als auch die Intensität der darauffolgenden Spikes. In Folge der Laute traten vielmehr die gewünschten Schlafspindeln im EEG auf. Diese sind laut Ngo ein Indikator dafür, dass plastische Prozesse im Gehirn ablaufen, die zur Festigung von Gedächtnisinhalten führen.
„Wir hoffen, einen Ansatz gefunden zu haben, um die mit der Erkrankung verbundenen ungünstigen epileptischen Entladungen ein wenig zu unterdrücken“, sagt der Wissenschaftler. Nun müsse eine größere Studie mit mehr Patienten und längeren Behandlungszeiten die Befunde erhärten. Zu den offenen Fragen gehört laut der Arbeitsgruppe, ob die Unterdrückung der Spikes zu kognitiven Verbesserungen bei den betroffenen Kindern führt. © hil/aerzteblatt.de
Liebe Leserinnen und Leser,
diesen Artikel können Sie mit dem kostenfreien „Mein-DÄ-Zugang“ lesen.
Sind Sie schon registriert, geben Sie einfach Ihre Zugangsdaten ein.
Oder registrieren Sie sich kostenfrei, um exklusiv diesen Beitrag aufzurufen.
Login
Loggen Sie sich auf Mein DÄ ein
Passwort vergessen? Registrieren

Nachrichten zum Thema


Leserkommentare
Um Artikel, Nachrichten oder Blogs kommentieren zu können, müssen Sie registriert sein. Sind sie bereits für den Newsletter oder den Stellenmarkt registriert, können Sie sich hier direkt anmelden.