Medizin
Pathologen: Vorerkrankungen begünstigen Long COVID der Lungen
Mittwoch, 24. November 2021
Ann Arbor/Michigan – US-Pathologen haben in Lungenbiopsien von Patienten, die sich nicht vollständig von COVID-19 erholt hatten und weiter Veränderungen in der Computertomografie (CT) aufwiesen, häufig Zeichen einer Interstitiellen Lungenfibrose gefunden, die auf einen irreparablen Schaden hinweisen.
Sie vermuten in EClinicalMedicine (2021; DOI: 10.1016/j.eclinm.2021.101209) allerdings, dass es sich um eine seltene Form von Long COVID handelt, von der möglicherweise nur Patienten mit einer Vorschädigung der Lungen betroffen sind.
Noch ist unklar, welche pathologischen Störungen dem postviralen Müdigkeitssyndrom zugrunde liegen, zu dem es nach COVID-19 häufiger zu kommen scheint als nach anderen Infektionen. Bei den meisten Patienten werden keine Biopsien entnommen, zumal unklar ist, welche Organe überhaupt betroffen sind.
Bei 18 Patienten der Universität von Michigan wurden in den letzten Monaten Biopsien der Lungen durchgeführt. Diese nicht ganz ungefährliche Untersuchung kommt nur bei Patienten infrage, bei denen es Hinweise auf eine schwere Lungenerkrankung gibt. Dies war bei den 18 Patienten der Fall. Sie klagten nicht nur über anhaltende Atemwegsbeschwerden, es waren auch 2 bis 12 Monate nach dem Ende von COVID-19 weiterhin Veränderungen im CT der Lungen sichtbar.
Bei 14 Patienten waren dies Milchglastrübungen. Sie sind nicht ungewöhnlich für Viruspneumonien, bilden sich jedoch in der Regel nach dem Ende der Erkrankung zurück. Wenn sie persistieren, ist dies ein ungünstiges Zeichen, das sicherlich die Entscheidung zur einer Biopsie mit beeinflusst hat.
Das Team um Jeffrey Myers von der Universität von Michigan in Ann Arbor konnte bei allen Patienten pathologische Veränderungen beobachten. Bei 5 Patienten lagen akute Schäden der Lungen vor. Diese Patienten waren meist schwer an COVID-19 erkrankt, ihre Lungen hatten sich noch nicht von den Schäden erholt. Bei 4 Patienten lagen andere Veränderungen vor, die sich teilweise nicht zuordnen ließen.
Bei 9 Patienten, also jedem 2. Patienten fanden die Pathologen zu ihrer Überraschung histologische Merkmale einer „Usual Interstitial Pneumonia“. Diese werden normalerweise bei einer idiopathischen pulmonalen Lungenerkrankung (IPF) gefunden. Die IPF gehört zu den Lungenfibrosen, bei denen es zu einem Umbau der Lungen in ein „narbiges“ Bindegewebe kommt. Der Befund ist nicht reversibel und die Erkrankung hat in der Regel die Tendenz zu einer stetigen Verschlechterung.
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Da sich eine IPF normalerweise über einen längeren Zeitraum entwickelt, hält es Myers für unwahrscheinlich, dass COVID-19 der Auslöser ist. Er vermutet, dass die Erkrankung bereits vorher bestand.
Normalerweise führt eine IPF zu Atembeschwerden. Eine Lungenerkrankung aus der Zeit vor der COVID-19-Diagnose war jedoch nur bei 5 der 18 biopsierten Patienten bekannt. Myers vermutet, dass die chronische Erkrankung von einigen Patienten nicht bemerkt wurde. Die Infektion mit SARS-CoV-2 könnten die chronische Erkrankung „demaskiert“ und möglicherweise den Verlauf auch beschleunigt haben.
Den Ärztekollegen rät Myers sich bei Patienten mit anhaltenden Beschwerden nicht mit der Diagnose Long COVID zu begnügen, sondern sich zu fragen, ob sich hinter den Symptomen eine ganz andere Erkrankung verbergen könnte. © rme/aerzteblatt.de

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