Politik
Ampelparteien verteidigen Impfpflicht für Personal in Kliniken und Heimen
Dienstag, 7. Dezember 2021
Berlin – Die Ampelparteien aus SPD, Grünen und FDP haben im Bundestag ihre Pläne zur Einführung einer ersten Coronaimpfpflicht in Deutschland verteidigt.
Bei der sogenannten einrichtungsbezogenen Impfpflicht gehe es um eine Güterabwägung, sagte die SPD-Gesundheitspolitikerin Sabine Dittmar heute in Berlin. Sie verwies darauf, dass sich hilfsbedürftige Menschen etwa in Pflegeheimen nicht aussuchen könnten, von wem sie behandelt würden. Eine hohe Impfquote in diesen Einrichtungen sei unabdingbar.
Der Bundestag debattierte in erster Lesung über die Pläne von SPD, Grünen und FDP. Vorgesehen ist, dass Beschäftigte von Krankenhäusern, Pflegeheimen, Arztpraxen, Rettungsdiensten oder auch Geburtshäusern ab dem 15. März 2022 einen Coronaimpf- oder Genesenennachweis vorlegen müssen oder ein ärztliches Attest, dass sie nicht geimpft werden können.
Zudem sollen Impfungen künftig auch von Zahnärzten oder Apothekern durchgeführt werden können. Die Länder sollen darüber hinaus die Möglichkeit bekommen, in Hotspots auch schärfere Coronamaßnahmen wie Restaurantschließungen zu ergreifen. Die Änderungen sollen noch diese Woche beschlossen werden. Eine Anhörung soll im derzeit zuständigen Hauptausschuss am Mittwochnachmittag stattfinden.
Auch die Gesundheitspolitikerinnen der Grünen und der FDP, Maria Klein-Schmeink und Christine Aschenberg-Dugnus, argumentierten mit Blick auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht mit dem Schutz der besonders gefährdeten Menschen, die in Kliniken oder Pflegeeinrichtungen behandelt und betreut werden. Die aktuelle Coronasituation sei „sehr ernst“, das zwinge zum Handeln, sagte Aschenberg-Dugnus.
Von Union und AfD kam scharfe Kritik. Der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Stracke sagte, das Vorgehen der Ampel sei keine effiziente Pandemiebekämpfung. Die Maßnahmen kämen zu spät. „Sie versuchen Lücken zu schließen, die Sie selber aufreißen.“ Ebenso wie andere Unionsabgeordete forderte er die Rückkehr zur alten Gesetzgebung zur epidemischen Lage nationaler Tragweite.
Besonders ärgerte sich Thorsten Frei (CDU) über die SPD, die das bislang gemeinsam mit der Union verantwortete Gesetz zur epidemischen Lage nun mit den Grünen und der FDP verändere. Außerdem forderte er, die einrichtungsbezogene Impfpflicht auch auf Kindergärten und Kindertagesstätten auszuweiten. Auch hier würden vulnerable Teile der Bevölkerung betreut, so Frei.
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel warf den Ampelparteien Wahlbetrug vor. „Die Impfpflicht für Pflegekräfte (...) ist ein Schlag ins Gesicht dieser Menschen“.
Linken-Abgeordnete Susanne Ferschl sieht, dass „die Planlosigkeit der Regierung in der Pandemie“ weitergehe. „Die Freedom-Day-Euphorie traf auf Coronarealität während die alte Regierung nichts mehr gemacht hat und die Ampelparteien nur ihre Pöstchen verteilt hat.“ Sie forderte erneut, dass die Patente für die Impfstoffe frei gegeben werden sollen.
Bei den Grünen herrschte vor allem wegen der Haltung der Unionsfraktion in der Debatte Unverständnis vor. „Ich dachte, das ,Spiel Du bist Schuld' sei jetzt vorbei“, sagte Klein-Schmeink. Die Instrumente, die die Ampelparteien noch vor dem Abschluss ihrer Koalitionsverhandlungen beschlossen hätten, seien von den Ländern bislang nicht lückenlos umgesetzt worden. Außerdem müsse die Diskussion dahin geführt werden, wie jetzt aktuell die Lage gerade bei der Impflogistik verbessert werden müsse.
Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen griff ebenfalls die Union scharf an: „Sie ziehen hier trotzig einen alten Hut durch die Manege“, sagte er in Bezug auf das Ende des Gesetzes zur epidemischen Lage. Man müsse nun nach vorne schauen und die künftigen Pläne wie 2G-Veranstaltungen sowie 3G am Arbeitsplatz oder im öffentlichen Nahverkehr ins Visier nehmen. Das bisherige Motto des Bundesgesundheitsministeriums „zu spät, zu wenig, zu langsam“ dürfe sich nicht wiederholen, so Dahmen.
Die Pläne der Ampelparteien SPD, Grüne und FDP sehen vor, dass Impfungen künftig auch von Zahnärzten oder Apothekern durchgeführt werden können. Die Länder sollen darüber hinaus die Möglichkeit bekommen, in Hotspots auch schärfere Coronamaßnahmen wie Restaurantschließungen zu ergreifen.
Für die Neuregelungen soll erneut das Infektionsschutzgesetz geändert werden, das erst im November reformiert worden war. Ziel ist ein Beschluss noch in dieser Woche. Der Bundesrat kommt deshalb am kommenden Freitag zu einer Sondersitzung zusammen.
Die Punkte im Einzelnen:
- Spezialimpfpflicht: In Einrichtungen wie Kliniken oder Pflegeheimen gebe es „nach mehrmonatiger Impfkampagne noch relevante Impflücken“, heißt es Gesetzentwurf. Beschäftigte sollen daher bis 15. März ihre vollständige Impfung oder Genesung nachweisen – oder Arzt-Bescheinigungen vorlegen, dass sie nicht geimpft werden können. Gelten soll es auch für Personal von Arztpraxen, Rettungsdiensten oder Entbindungseinrichtungen.
- Mehr Impfungen: Neben Ärzten sollen befristet auch Apotheker, Tier- und Zahnärzte zu Impfungen bei Menschen ab zwölf Jahren berechtigt werden. Voraussetzung sollen eine ärztliche Schulung und geeignete Räumlichkeiten oder Einbindungen in mobile Impfteams sein.
- Muster-Schulungskonzepte sollen bis 31. Dezember entwickelt werden.
- Schärfere regionale Maßnahmen I: Bei sehr kritischer Lage sollen die Länder – wenn ihre Parlamente das beschließen – härtere Beschränkungen für Freizeit oder Sport anordnen können.
- Ausgangsbeschränkungen, pauschale Geschäfts- und Schulschließungen sind nach einem ersten Ampel-Gesetz ausgeschlossen – nun soll laut Entwurf präzisiert werden, dass Versammlungen und Veranstaltungen untersagt werden können, die keine geschützten Demonstrationen sind:
- Besonders größere Sportveranstaltungen. Klargestellt werden soll, dass Schließungen etwa der Gastronomie und Verbote von Kongressen möglich sind – aber von Fitnesscentern und Schwimmhallen nicht.
- Schärfere regionale Maßnahmen II: Einzelne Länder hatten kurz vor Ende der „Epidemische Lage von nationaler Tragweite“ am 25. November noch auf dieser alten Rechtsgrundlage umfassendere härtere Maßnahmen beschlossen. Diese können bisher bis 15. Dezember in Kraft bleiben.
- Laut dem Entwurf soll diese Frist bis 15. Februar verlängert werden.

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