Medizin
Thrombenstruktur bei COVID-19-Patienten äußerst kompakt
Mittwoch, 8. Dezember 2021
Gießen – Erhöhte Spiegel des Gerinnungsproteins Fibrinogen und die beschleunigte Bildung des Gerinnungsfaktors XIIa bestimmen die äußerst kompakte Thrombusstruktur bei COVID-19-Patienten.
COVID-19-Infektionen gehen neben den Risiken für eine schwere Lungenentzündung auch mit thromboembolischen Komplikationen einher. Thromboembolische Komplikationen, wie Beinvenenthrombosen, Lungenembolien, Schlaganfälle, Herzinfarkte bis hin zum Multiorganversagen, treten auf der Intensivstation bei etwa jedem 3. SARS-CoV2-Patienten auf, trotzdem eine prophylaktische Antikoagulation verabreicht wurde.
Daher untersuchte ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) die Struktur der gebildeten Fibrinthromben und die Gerinnbarkeit im Blutplasma bei COVID-19 genauer und verglichen diese mit Influenzapatienten und gesunden Kontrollen (Blood Advances, 2021; DOI: 10.1182/bloodadvances.2021004816).
Die Analysen unter anderem mit Hilfe der Elektronenmikroskopie zeigten, dass Thromben bei SARS-CoV-2-Patienten viel effektiver gebildet wurden und ein dichteres und stabileres Gerinnselnetzwerk aufwiesen als solche von Influenzapatienten oder gesunden Kontrollen. Darüber hinaus waren die Thromben aus den Plasmen von SARS-CoV-2-Patienten sehr resistent gegenüber einer Auflösung (Fibrinolyse) aufgrund von erhöhten Fibrinolyseinhibitoren im Blut.
Die Analyse von Lungengewebeschnitten von verstorbenen COVID-19-Patienten ergab, dass Gefäße und Lungenbläschen mit Thrombusablagerungen durchsetzt waren, an die Faktor XII/XIIa gebunden war. Die „Hyperkoagulation“ im Blut von Coronainfizierten ist vor allem auf die Aktivierung des Gerinnungsfaktors XII zurückzuführen, schlussfolgern die Studienautoren. COVID-19-Infektionen sind mit einer erhöhte FXII-Aktivierungsrate in Verbindung mit erhöhten Fibrinogenspiegeln und die Bildung von fibrinolyseresistenten, kompakten Gerinnseln mit dünnen Fasern und kleinen Poren assoziiert. Das dichte Fibrinnetzwerk trägt ebenfalls zur hohen Inzidenz thrombotischer Ereignisse bei COVID-19 bei.
Dementsprechend war die Gerinnsellyse bei COVID-19 im Gegensatz zu Infleunzaprobanden deutlich beeinträchtigt.
Das Team empfiehlt den medizinischen Fachgesellschaften, den Faktor XII/XIIa als einen Kausalfaktor für Thrombose in ihren Leitlinien zur Thromboseprophylaxe und -therapie von Coronapatientinnen und Patienten aufzunehmen.
„Da die Möglichkeit besteht, Faktor XIIa durch bereits erforschte spezifische Inhibitoren zu hemmen, könnte so eine wirksame antithrombotische Therapie bei Coronapatienten erfolgen, ohne dass deren physiologische Hämostase und Wundheilung beeinträchtigt ist“, so die Einschätzung von Prof. em. Dr. Klaus T. Preissner, Senior Scientist am Kerckhoff-Herzforschungs-Institut an der JLU. © cw/aerzteblatt.de

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