Vermischtes
Langzeitfolgen einer Sepsis oft schwerwiegend und lang
Donnerstag, 9. Dezember 2021
Berlin/Jena – Viele Sepsisüberlebende leiden lange unter den Folgen ihrer Erkrankung. Das berichtet ein Forschungsteam der Charité – Universitätsmedizin Berlin, dem Universitätsklinikum Jena und dem Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) im Fachjournal JAMA Network Open (DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2021.34290).
Das Studienteam konnte auf die anonymisierten Gesundheitsdaten von mehr als 23 Millionen Versicherten der AOK der Jahre 2009 bis 2017 zurückgreifen. Die Wissenschaftler dentifizierten darunter 159.684 Versicherte im Alter von über 15 Jahren, die in den Jahren 2013 oder 2014 wegen einer Sepsis auf einer Normal- oder Intensivstation im Krankenhaus behandelt wurden. Für diese erfassten die Forscher die Vorerkrankungen und Diagnosen, die in den drei Jahren nach der Sepsis neu auftraten, sowie den daraus resultierenden Behandlungs- und Pflegebedarf.
„Dabei suchten wir nach neuen körperlichen, psychischen und kognitiven Einschränkungen, wie sie bekanntermaßen als Folge einer Sepsis auftreten können – etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen, kognitive oder motorische Störungen, das Erschöpfungssyndrom Fatigue oder Depressionen“, erläuterte die Projektleiterin Carolin Fleischmann-Struzek.
Allein im ersten Jahr nach der Entlassung aus der Klinik kam danach bei drei Viertel der Sepsisüberlebenden eine neue Diagnose hinzu, mehr als 30 Prozent starben im ersten Jahr. Auch in der Gruppe der unter 40-Jährigen stellten sich bei mehr als 56 Prozent im ersten Jahr nach der Krankheit Folgeerkrankungen ein. Mehr als 30 Prozent der Sepsisüberlebenden waren im Jahr nach der Krankenhausentlassung neu pflegebedürftig, nach einem schweren Verlauf mussten mehr als 13 Prozent neu in einem Pflegeheim betreut werden.
„Psychische, kognitive und körperliche Folgen betreffen die Mehrzahl der Überlebenden und treten sogar häufig gemeinsam auf, was für die Betroffenen eine besondere Belastung ist. Erstaunlicherweise macht es dabei nur einen geringen Unterschied, ob die Sepsis weniger schwer verlief oder sie auf der Intensivstation behandelt werden musste“, sagte Christiane Hartog, Versorgungsforscherin an der Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin der Charité und Seniorautorin der Studie.
Das Forschungsteam analysierte auch die Kosten, die bei den Überlebenden für stationäre und ambulante Behandlungen, Rehabilitation, Heilmittel und Medikamente anfallen. Auf 29.000 Euro beziffert es die Behandlungskosten pro Fall in den ersten drei Jahren nach der Erkrankung. Darin sind Notfall- und Transportkosten, Hilfsmittel, Pflegekosten und indirekte Kosten wie Arbeitsausfall noch nicht enthalten.
„Die Sepsis hat massive und langjährige Folgen – sowohl für Überlebende und ihre Angehörigen als auch für das Gesundheitssystem. Deshalb bedarf es spezifischer Nachsorgekonzepte für die Sepsis“, betonte Fleischmann-Struzek. Diese angepassten Strukturen stehen aber laut der Studie nicht zur Verfügung: Nur fünf Prozent der Sepsisüberlebenden werden laut der Untersuchung in eine Rehabilitationseinrichtung entlassen. © hil/aerzteblatt.de

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