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Ärzteschaft

Tarifangebot bringt kommunale Arbeitgeber und Ärztegewerkschaft nicht näher zusammen

Freitag, 17. Dezember 2021

/BillionPhotos.com, stock.adobe.com

Berlin – In den laufenden Tarifverhandlungen zwischen dem Marburger Bund (MB) und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) kommen Ärztegewerkschaft und Arbeitgeber auch nach einem gestern vom VKA vorgelegten Angebot und der dritten Verhandlungsrunde nicht näher zusammen.

„Die Mitglieder des Marburger Bundes empfinden das, was die VKA gestern präsentiert hat, nicht nur als Zumutung, sondern als bewusste Provokation“, formulierte es Andreas Botzlar, 2. Vorsitzender des Mar­burger Bundes. Er sprach von einem „vergifteten Angebot“.

Wer den Ärztinnen und Ärzten nicht mehr anzubieten wisse als das Schleifen bereits vereinbarter Rege­lungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in Kombination mit einer 15-monatigen Nullrunde bei den Gehältern, handele „absolut verantwortungslos“, erklärte er.

Obwohl die aktuelle Entgelttabelle mit Wirkung zum 30. September 2021 gekündigt worden sei, böten die Arbeitgeber eine lineare Erhöhung der Gehälter erst zum 1. Januar 2023. Das bedeute nach 15 soge­nannten Leermonaten eine Erhöhung um lediglich 1,65 Prozent und danach zum 1. Januar 2024 um weitere 1,65 Prozent.

„Wenn man die von der VKA vorgesehene Gesamtlaufzeit von 39 Monaten zugrunde legt, würden sich die Ärztegehälter im Jahresdurchschnitt um gerade einmal etwa ein Prozent erhöhen“, rechnete Botzlar vor. Bei der derzeitigen und aller Voraussicht nach auch zukünftigen Inflationsentwicklung würde da­durch noch nicht einmal die Preissteigerung kompensiert. Das werde auch nicht durch die Einmalzahlung einer Coronapämie wettgemacht.

Dem MB zufolge sind auch die Erwartungen an die Arbeitgeber, sich auf eindeutige, transparente und verbindliche Höchstgrenzen bei Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaften zu einigen, nicht erfüllt worden.

Vielmehr wolle die VKA die fristgerechte Aufstellung von Dienstplänen erschweren, die maxi­male Be­lastung mit vier Bereitschaftsdiensten pro Monat praktisch verdoppeln und eine unbegrenzte Anzahl von Rufbereitschaften zulassen. „Der hierzu vorgesehene Zuschlag bei im Kalenderhalbjahr durchschnittlich mehr als 16 solcher Dienste pro Monat ist bestenfalls schlechte Kosmetik“, so Botzlar.

Auch bei der Arbeitszeiterfassung bemängelt der MB, dass die Arbeitgeber „die Uhr wieder zurückdrehen“ wollen. So sei nach der geltenden Regelung im Tarifvertrag die gesamte Anwesenheitszeit der Ärzte am Arbeitsplatz zu dokumentieren und als Arbeitszeit zu werten. Der Arbeitgeber müsse beweisen, welche Tätigkeiten während der Anwesenheit des Arztes im Krankenhaus keine Dienstaufgabe gewesen sind.

Diese Begründungspflicht solle nach dem Willen der VKA nun wieder auf den einzelnen Arzt übertragen werden, moniert der MB. Nur die arbeitsvertraglich und dienstplanmäßig vorgesehene Anwesenheit solle als Arbeitszeit gelten. Außerplanmäßige Arbeitszeiten, wie sie gerade jetzt in der Coronakrise an der Tagesordnung sind, würden „de facto unter den Tisch fallen“.

„Wir wollen einen Abschluss, der Arbeitsbedingungen verbessert und nicht verschlechtert. Wir wollen einen Abschluss, der Personal hält und nicht vertreibt“, fasste Botzlaer zusammen. Auf der Grundlage des Angebot sei „keine Annäherung möglich“.

Die Ärztegewerkschaft fordert fünfeinhalb Prozent mehr Gehalt rückwirkend zum 1. Oktober 2021 sowie Ver­besserungen bei den Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaften. Der MB will unter anderem die Klini­ken stärker in die Pflicht nehmen, Grenzen für Dienste außerhalb der Regelarbeitszeit einzuhalten.

Dadurch soll erreicht werden, dass Ruhezeiten von Ärzten auch tatsächlich gewährt werden. Überschrei­tun­gen von Höchstgrenzen sollen nur im Notfall möglich sein. Im Unterschied zum Bereitschaftsdienst, der vollständig Arbeitszeit ist, gilt die Rufbereitschaft arbeitszeitrechtlich als Ruhezeit. Ärztinnen und Ärzte sollen sich bereithalten und nur im Ausnahmefall ihre Arbeit aufnehmen.

Der VKA hatte gestern verkündet, er lege ein „attraktives Angebot“ vor. Man biete zum Jahresbeginn 2023 beziehungsweise 2024 in zwei Stufen eine Entgelterhöhung in Höhe von insgesamt 3,3 Prozent sowie eine steuer- und abgabenfreie Coronasonderzahlung in Höhe von 1.200 Euro je Arzt in Vollzeit. Zudem schlug die Arbeitgeberseite zusätzliche Zuschläge für die Rufbereitschaft vor, wenn mehr als 16 davon durchschnittlich im Kalendermonat zu leisten sind.

Mit dem vorgelegten Angebot schöpften die kommunalen Krankenhäuser ihre finanziellen und vor allem arbeitsorganisatorischen Möglichkeiten aus, hatte Wolfgang Heyl, Verhandlungsführer der VKA und Vor­sitzender des Gruppenausschusses der VKA für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, gesagt.

Das Angebot mit Entgelterhöhung und Coronasonderzahlung kostet die kommunalen Krankenhäuser nach Berechnungen des VKA rund 254 Millionen Euro über die gesamte Laufzeit. Dazu kämen weitere Kosten bei tatsächlich geleisteten Ruf- und Bereitschaftsdiensten auf die Arbeitgeber zu.

Die VKA betonte, man sei weiterhin verhandlungsbereit. Die Arbeitgeber riefen den MB im Nachgang zu den Tarifverhandlungen dazu auf, aufgrund der angespannten Coronasituation im Gesundheitswesen auf Streiks zu verzichten. Heyl: „Der Marburger Bund sollte die Chance nutzen, ohne Streik am Verhandlungs­tisch zu einem Ergebnis zu kommen. Wir sind weiterhin gewillt, uns im Rahmen des Möglichen im nächs­ten Termin zu einigen und werden uns hierfür konstruktiv einbringen.“

MB und VKA wollen sich Informationen des Deutschen Ärzteblattes zufolge am 14./15. Februar 2022 erneut für Gespräche treffen.

© may/afp/aerzteblatt.de

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