Medizin
Hodgkin-Lymphom: Welche Salvagetherapien am besten abschneiden
Donnerstag, 16. Dezember 2021
Atlanta – Das Hodgkin-Lymphom ist einer der am besten behandelbaren malignen Tumoren mit Heilungsraten von über 90 %, aber wenn es nach der initialen Therapie rezidiviert oder gar refraktär wird, sind die Aussichten bei Weitem nicht mehr so gut.
Es gibt eine Reihe von Salvageoptionen, die aber kaum jemals formal miteinander verglichen worden sind. 2 retrospektive Studien, die bei der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) in Atlanta vorgestellt wurden, bieten hier zumindest vorläufige Daten zur Orientierung.
Salvagetherapien des rezidivierten oder refraktären Hodgkin-Lymphoms umfassen traditionell Chemotherapien und in den letzten Jahren zunehmend neue Behandlungsformen etwa mit Brentuximab Vedotin oder Immuncheckpointinhibitoren, gefolgt in der Regel von einer Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation (ASCT). Die Ergebnisse mit diesen letzteren Optionen sind ermutigend, aber es gibt kaum Studien, in denen die neuen mit den herkömmlichen Therapien verglichen werden.
Eine Studiengruppe hat deshalb retrospektiv Daten von 853 Patienten zusammengetragen, die sich in 12 US-amerikanischen Zentren einer ASCT unterzogen hatten, und Sanjal Desai von der Mayo Clinic in Rochester präsentierte die Daten nun beim ASH-Kongress.
Alle Patienten hatten wenigstens eine Salvagetherapie erhalten, bei 245 waren es 2, bei 71 3 und bei 26 4 solche Behandlungen gewesen. Die Salvageprotokolle ließen sich in 7 Gruppen einteilen:
1. Eine konventionelle platinhaltige Chemotherapie (in 553 Fällen die 1. Salvagetherapie), 2. Bendamustin plus Brentuximab Vedotin (in 69 Fällen), 3. Brentuximab Vedotin plus Nivolumab (in 48 Fällen), 4. Brentuximab Vedotin alleine (in 65 Fällen), 5. eine Gemcitabin-basierte Chemotherapie (in 49 Fällen), 6. Checkpointinhibitoren alleine (in 4 Fällen) und 7. verschiedene weitere Salvagetherapien (in 63 Fällen). Diese Gruppen unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich der klinischen Charakteristika der Patienten vor Verabreichung der Therapien.
Bezüglich der Wirksamkeit der einzelnen Therapien hingegen zeigten sich teilweise beträchtliche Unterschiede, so Desai: So war Bendamustin/Brentuximab Vedotin der platinhaltigen Chemotherapie bei den Komplettremissionsraten (67 % vs. 49 %; p < 0,001) und tendenziell auch bei den Gesamtansprechraten überlegen (86 % vs. 79 %, p = 0,1), während die Monotherapie mit Brentuximab Vedotin deutlich schlechter abschnitt (Komplettremissionen 34 % vs. 49 %; p < 0,001; Gesamtansprechraten 62 % vs. 79 %; p < 0,001). Keine nennenswerten Differenzen fanden sich zwischen platinbasierter, Gemcitabin-basierter Chemotherapie, alleiniger Checkpointinhibitorbehandlung und sonstigen Therapien.
Wurde nur die letzte Salvagetherapie vor der Transplantation betrachtet, so stachen 2 Gruppen bezüglich des progressionsfreien Überlebens gegenüber der platinbasierten Chemotherapie besonders hervor: Brentuximab Vedotin/Nivolumab reduzierte das Risiko für Progression oder Tod um 90 % (Hazard Ratio 0,1; 95%-Konfidenzintervall 0,02–0,4; p < 0,01), und beinahe ebenso wirksam war die Therapie mit Checkpointinhibitoren (HR 0,12; 95%-KI 0,03–0,5; p < 0,01). Beim Gesamtüberleben war nach bislang median 3 Jahren Nachbeobachtung kein Unterschied zu bemerken.
Wichtig ist offenbar, mit der letzten Salvagetherapie vor ASCT eine Komplettremission zu erzielen: Das war beim progressionsfreien Überleben hinterher vorteilhafter als eine partielle Remission (HR 1,6; 95%-KI 1,3–2,6; p < 0,001) oder eine progrediente Erkrankung unter der Salvagetherapie (HR 4,1; 95%-KI 2,5–6,8; p < 0,001); das Gleiche galt im Hinblick auf das Gesamtüberleben.
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Auch die Zahl an Salvagetherapien vor der Transplantation korrelierte negativ mit der Chance auf progressionsfreies und Gesamtüberleben. Alle 36 Patienten, die unter Brentuximab/Nivolumab vor der ASCT eine Komplettremission erzielt hatten, waren nach bis zu 5 Jahren Nachbeobachtung rezidivfrei am Leben. Diese Kombination bietet also offenbar besonders gute Aussichten für eine Komplettremission, die auch über längere Zeit anhält, so Desai.
Weil es keine direkten Vergleichsstudien zum Einsatz von Brentuximab Vedotin und Chemotherapien vor der ASCT gibt, führten Julia Driessen vom Department of Hematology der Universität Amsterdam und Kollegen eine Metaanalyse durch: Darin wurden die Daten von 391 Patienten, die in 7 Studien Brentuximab Vedotin erhalten hatten, mit denen von 327 Patienten verglichen, die eine Chemotherapie bekommen hatten.
Dabei zeigte sich, dass die Zugabe des Immuntoxins zur Chemotherapie bei Patienten mit Rezidiv, nicht aber bei denen mit refraktärer Erkrankung das progressionsfreie Überleben zu verlängern scheint. Eine komplette metabolische Remission in der Positronenemissionstomografie vor Transplantation scheint hierbei vorteilhaft zu sein.
Das bestätigte sich auch in einer multivariaten Analyse, in der eine komplette metabolische Remission das Risiko um mehr als die Hälfte reduzierte (HR 0,42; p = 0,004). Weitere Faktoren vor ASCT, die die Prognose verschlechtern, sind ein Stadium III/IV (HR 2,2; p = 0,02), B-Symptome (HR 2,1; p = 0,01) und eine primär refraktäre Erkrankung (HR 2,7; p = 0,001). © jfg/aerzteblatt.de
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