Medizin
COVID-19: Weniger Hospitalisierungen in England und Schottland durch Omikron
Donnerstag, 23. Dezember 2021
London/Edinburgh – Die hohe Zahl von Geimpften und Genesenen könnte in England und Schottland schwere Erkrankungen durch die Omikron-Variante von SARS-CoV-2 verhindert haben. Aus beiden Ländern wird eine relativ geringe Zahl von Hospitalisierungen gemeldet.
Die Zahl der Infektionen ist in Großbritannien in den letzten Tagen weiter gestiegen. Am 22. Dezember gab es erstmals mehr als 100.000 Neuinfektionen an einem Tag. Ursache ist die rasche Ausbreitung der Omikron-Variante, die die Delta-Variante innerhalb weniger Wochen verdrängt hat. Omikron konnte sich ausbreiten, obwohl ein Großteil der Bevölkerung geimpft oder genesen ist.
In England wurden bis zum 21. Dezember 2021 insgesamt 9,8 Millionen Menschen positiv auf SARS-CoV-2 getestet, das entspricht 17,3 % der Bevölkerung. Wenn die gemeldeten Fälle wie vermutet nur 1/3 der Gesamtinfektionen ausmachen, könnte sich mehr als die Hälfte der englischen Bevölkerung vor Beginn der Omikron-Welle mit SARS-CoV-2 infiziert haben. Hinzu kommt noch einmal die relativ hohe Impfquote. Die meisten Menschen in England verfügten deshalb über eine mehr oder weniger gute Immunität, als Omikron im Land eintraf.
Dies könnte erklären, warum die Zahl der Hospitalisierungen bisher niedriger ist als in der letzten Delta-Welle. Das „MRC Centre for Global Infectious Disease Analysis“ am Imperial College London schätzt in seinem jüngsten 50. Report, dass eine Infektion mit der Omikron-Variante im Durchschnitt mit einem um 15 % bis 20 % niedrigerem Risiko auf eine Hospitalisierung einhergeht als eine Infektion mit der Delta-Variante. Das Risiko, länger als 1 Tag im Krankenhaus zu verbringen, war nach den Berechnungen von Neil Ferguson und Mitarbeitern sogar um 40 % bis 45 % geringer.
Für Geimpfte ist das Risiko noch einmal geringer. Unter der Annahme, dass nur 1/3 aller Infektionen bekannt ist, sinkt das Risiko einer Hospitalisierung infolge einer Infektion mit Omikron 14 Tage nach der 2. Dosis von AZD1222 von Astrazeneca um 63 % (Hazard Ratio 0,37) und 14 Tage nach einem Booster um 79 % (Hazard Ratio 0,21).
Personen, die 2 beziehungsweise 3 Dosierungen eines mRNA-Impfstoffs erhalten haben, mussten zu 74 % (Hazard Ratio 0,26) beziehungsweise 63 % (Hazard Ratio 0,37) seltener im Krankenhaus behandelt werden. Dass das Risiko nach dem Booster höher ist als nach der 2. Dosis, erscheint unwahrscheinlich und zeigt die Grenzen der mathematischen Modelle auf, die die Epidemiologen am Imperial College London benutzen.
Zuverlässiger könnten die Daten von EAVE II („Early Pandemic Evaluation and Enhanced Surveillance of COVID-19“) sein, das direkten Zugriff auf die Daten von über 99 % der schottischen Bevölkerung hat und die Infektion einzelner Personen mit der Hospitalisierung in Beziehung setzen kann.
Auch in Schottland ist es zu einem starken Anstieg der Omikron-Infektionen gekommen. Der 1. Fall wurde am 23. November dokumentiert, bis zum 19. Dezember kam es in 23.840 PCR-Tests zum „S-Gene Target Failure“ (SGTF), das mit hoher Sicherheit auf eine Omikron-Infektion hinweist (da es durch eine Deletion im S-Gen ausgelöst wird, die es in der Delta-Variante nicht gibt).
Die Infektionen mit der Delta-Variante („S-Gene positive Infection“) traten meist bei ungeimpften Personen auf, vor allem bei Kindern, die in Schottland zu 80 % nicht geimpft sind. Mit Omikron infizieren sich dagegen eher geimpfte Personen. Fast die Hälfte (48,9 %) der Omikron-Infektionen entfiel bisher auf die Altersgruppe zwischen 20 und 39 Jahren). Auch die Reinfektionsrate war bei Omikron mit 7,6 % deutlich höher als bei Delta mit 0,7 % (gemessen wieder am S-Gen-Status).
Von den 22.205 Personen mit einer Omikron-Infektion (SGTF), die Aziz Sheikh von der Universität Edinburgh mit der EAVE II-Datenbank verknüpfen konnte, wurden bisher nur 15 im Krankenhaus behandelt, statt der aufgrund der Delta-Variante zu erwartenden Zahl von 46,6 Personen. Dies entspricht einer Ratio von 0,32 (95-%-Konfidenzintervall 0,19 bis 0,52), also einem Rückgang des Hospitalisierungsrisikos um 68 %.
Die 3. Impfdosis/Auffrischung senkt nach den Berechnungen von Sheikh das Risiko auf eine symptomatische Omikron-Erkrankung im Vergleich zur 2. Dosis um 57 % (55 % bis 60 %).
Auch die schottischen Daten sprechen damit für einen milderen Verlauf einer Infektion mit Omikron im Vergleich zu Delta. Allerdings ist dies erst ein erster Eindruck, der dadurch verfälscht sein könnte, dass sich bisher nur wenige ältere Menschen mit Omikron infiziert haben. Ob dies Zufall ist oder auf die höhere Zahl von geboosterten Senioren zurückzuführen ist, ist derzeit noch offen. © rme/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema


Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.