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Politik

Ein Jahr Impfen: Schwere Nebenwirkungen extrem selten

Dienstag, 28. Dezember 2021

/picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Michael Probst

Frankfurt am Main – Schwere Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Coronaimpfungen sind laut Da­ten­lage extrem selten. Deutschland habe „von Beginn an die Verdachtsfallmeldungen zu Impfstoffneben­wirkungen und -kompli­kationen mit höchster Priorität beobachtet, auch sehr seltene Nebenwirkungen frühzeitig erkannt und Maßnahmen zur Risikominimierung eingeleitet“, schreiben die Chefs vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Klaus Cichutek und Karl Broich, in einer Bilanz ein Jahr nach Start der Impfungen.

Das für die Sicherheit von Impfstoffen zuständige PEI veröffentlicht regelmäßig Sicherheitsberichte zu den COVID-19-Vakzinen. Der jüngste stammt vom 23. Dezember und bezieht sich auf mehr als 123 Milli­o­nen Impfungen, die bundesweit bis Ende November verabreicht wurden.

Gemeldet wurden bis dahin 1,6 Verdachtsfälle pro 1.000 Dosen – das entspricht 0,16 Prozent. Betrachtet man nur die schwerwiegenden Reaktionen, liegt die Melderate bei 0,2 Verdachtsfällen pro 1.000 Impfdo­sen – 0,02 Prozent.

Als „schwerwiegend“ definiert das Arzneimittelgesetz Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedro­hend sind, eine stationäre Behandlung erfordern oder zu bleibenden Schäden führen. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind laut Infektionsschutzgesetz meldepflichtig, wenn sie „über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehen“.

Als „sehr seltene Risiken der COVID-19-Impfstoffe“ listet der jüngste PEI-Sicherheitsbericht auf: Anaphy­laktische Reaktionen, Myokarditis und Perikarditis, das Guillain-Barré-Syndrom sowie Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS).

Generell verweist das PEI darauf, „dass unerwünschte Reaktionen im zeitlichen, nicht aber unbedingt im ursächlichen Zusammenhang mit einer Impfung gemeldet werden. Ob eine Reaktion tatsächlich eine Folge der Impfung ist, könnten nur Studien beweisen.

Das PEI arbeitet mit Wahrscheinlichkeiten: Es vergleicht, wie häufig eine unerwünschte Reaktion gemel­det wird, und setzt das in Relation dazu, wie häufig dies statistisch in einer vergleichbaren ungeimpften Bevölkerung vorkommt. „Nach derzeitigem Kenntnisstand sind schwerwiegende Nebenwirkungen sehr selten und ändern nicht das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis der Impfstoffe“, betont der jüngste Sicher­heitsbericht.

Typische Beschwerden nach einer Impfung sind laut Deutscher Gesellschaft für Immunologie (DGfI) Schmerzen an der Einstichstelle, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Schüttelfrost und Fieber. „Diese Reaktionen sind Ausdruck der erwünschten Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff und klingen in der Regel nach wenigen Tagen komplett ab“, schreibt das Robert-Koch-Institut (RKI).

Herzmuskelentzündungen

„Myokarditis ist eine relevante Nebenwirkung“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Herzstif­tung, Thomas Voigtländer. Das dürfe aber kein Grund sein, sich gegen eine COVID-19-Impfung zu ent­­schei­den.

„Wer sich nicht gegen COVID-19 impfen lässt, geht ein weit höheres Risiko durch die Gefahren eines schweren COVID-19-Krankheitsverlaufs ein.“ Myokarditis oder Perikarditis als Impfreaktionen seien sehr selten.

„Wir sprechen hier von knapp fünf Fällen bezogen auf 100 000 Impfungen.“ Sie verliefen zudem in der Regel mild und heilten in nahezu allen Fällen aus. Die Verdachtsmeldungen betrafen hauptsächlich die beiden mRNA-Impfstoffe und überwiegend männliche Jugendliche.

Dem Sicherheitsbericht zufolge wurden 15 Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit der COVID-19-Impfung genannt. In drei davon hält das PEI einen ursächlichen Zusammenhang für möglich, in den ande­ren Fällen geht die Behörde „auf Basis der derzeitigen Datenlage“ nicht davon aus.

Thrombosen

Im Frühjahr sorgten Berichte über sehr seltene Thrombosen für Aufregung – das Thrombose-mit-Throm­bozytopenie-Syndrom (TTS). Diese Blutgerinnsel treten oft an ungewöhnlichen Stellen auf, etwa im Ge­hirn, Betroffene haben gleichzeitig eine verminderte Anzahl von Blutplättchen.

„Diese Erkrankung ist eine seltene, aber potenziell gefährliche Nebenwirkung von vektorbasierten SARS-CoV-2-Impfstoffen“, betonte die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH). Die Mel­dun­gen betrafen überwiegend die Vektorimpfstoffe von Astrazeneca und Johnson & Johnson. Frauen waren überdurchschnittlich oft betroffen.

Laut Sicherheitsbericht wurden 43 Todesfälle durch TTS mit den Impfungen in einen Zusammenhang ge­bracht. 29 davon erfüllen laut PEI die speziellen Kriterien für eine TTS: Sie betreffen demnach die Präpa­rate von Astrazeneca und Johnson & Johnson. Astrazeneca wird in Deutschland nicht mehr verwendet, Johnson & Johnson spielt eine untergeordnete Rolle.

Allergische Reaktionen

Anaphylaktische Reaktionen traten bei allen vier zugelassenen Impfstoffen auf, allerdings waren auch sie sehr selten. Die Melderate betrug bis Ende November weniger als ein Fall pro 100.000 Impfdosen. Sie ist bei Frauen etwas höher als bei Männern und bei der ersten Impfdosis höher als bei den Folgeimpfungen.

Nervenschäden

Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) ist eine sehr seltene Autoimmunerkrankung des Nervensystems. Die Melderate nach einer Impfung mit einem der beiden Vektorimpfstoffe lag laut Sicherheitsbericht niedri­ger als eine Meldung pro 100.000 Impfdosen.

Was ist mit Langzeitfolgen?

„Es gibt zwei Möglichkeiten, was unter dem Begriff „Langzeitfolgen“ zu verstehen ist“, schreibt das PEI. „Etwas, das erst nach langer Zeit eintritt, oder etwas, das über einen langen Zeitraum anhält.“ Dass sehr seltene Impfkomplikationen über einen langen Zeitraum andauerten, sei „die absolute Ausnahme“, schreibt die Behörde.

„Besorgte Bürgerinnen und Bürger verstehen unter Langzeitfolgen – häufig auch Spätfolgen genannt –Nebenwirkungen, die erst mit einer Verzögerung von vielen Monaten oder Jahren nach der Impfung auf­treten“, heißt es weiter. „Diese Sorgen sind unberechtigt. Wir kennen solche sehr spät einsetzenden Neben­­wirkungen von Impfstoffen nicht.“

Und wie viele „Impftote“ gibt es nun?

Dem jüngsten Sicherheitsbericht zufolge wurde 1.919 Mal der Verdacht auf einen Todesfall nach einer Impfung gemeldet. Aber nur in 78 Einzelfällen hat das PEI „den ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung als möglich oder wahrscheinlich bewertet“.

Ein Vergleich der Anzahl der gemeldeten Todesfälle mit der statistisch zu erwartenden Zahl der Todes­fälle im gleichen Zeitraum „ergab für keinen der vier bisher in Deutschland eingesetzten COVID-19-Impfstoffe ein Risikosignal“, schreibt das PEI. © dpa/aerzteblatt.de

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Kommentare

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Avatar #578571
Dr. Sp.
am Mittwoch, 29. Dezember 2021, 00:10

mehr Transparenz indiziert

0.2 gemeldete schwere Verdachtsfälle auf 1.000 Impfungen. Wären ca. 30.000 auf 150 Mio verimpfte Dosen. Da wüßte ich schon gerne, wer diesen schwerwiegenden Verdachtsfällen mit welchem Ergebnis nachgeht.
Und kein Impfling bekommt die Internet-Meldeadresse https://nebenwirkungen.bund.de mitgeteilt.
Wirkt marketing-tricksend oder amtlich unbeholfen. Beides unärztlich und peinlich.
Auch fragen Pat. nach Autoimmunerkrankungen, MS, Diabetes. Das kann man ja erst im Jahresvergleich abschätzen.
Also bitte mehr mefizinisch sachliches Denken statt hurrapatriotisches Posaunen.
Avatar #978927
nicht-immer-alles-glauben
am Dienstag, 28. Dezember 2021, 20:57

vertrauen

Wer der politk vertraut, der hat sich um die impfung gedrängelt .... Das war aber schnell vorbei ...

Wie sollen menschen der wissenschaft vertrauen, wenn sich die empfehlungen im wochenrytmus ändern ?
Avatar #648349
AnDix
am Dienstag, 28. Dezember 2021, 16:18

Todeszahlen

„Sinteresse“ hat hier etwas gehört und da. Das habe ich auch, aber nur über Menschen, die dem Impfen schon zuvor skeptisch gegenüberstanden. Welches Interesse hat das PEI an Falschmeldungen? Ich könnte mir aber eine genauere Angabe der Kriterien für einen kausalen Zusammenhang von unerwünschten Wirkungen vorstellen. Gerne wüsste ich auch, warum die Meldungen in Deutschland insgesamt seltener sind als im benachbarten Ausland. Melden deutsche Ärzte NW nach anderen Maßstäben als Österreicher, Franzosen oder Italiener?
Gegen Verschwörungstheorien sind wir auch mit guten Argumenten hilflos, aber innerhalb wissenschaftlicher Denkkategorien fahren wir mit Kritik und Genauigkeit auf sicheren Schienen!
Avatar #803438
SInteresse
am Dienstag, 28. Dezember 2021, 15:25

Ich bezweifle diese Zahlen

Ich kann mir nicht vorstellen, dass, vor allem die Todesfallzahlen, nur 78 verifizierte Tote nach Impfung, real sein können. Ich bezweifle sie sogar stark. Aus dem Umfeld höre ich bereits, hier ist ein Trainer nach 2 Tagen tot umgefallen, dort ist jemand kurz nach der Impfung verstorben, 65, kerngesund, gesund ernährt usw. Wenn jeder oder jede schon einmal von jemandem gehört hat, der innerhalb von 2 Wochen nach der Impfung verstorben ist, dann müssen es mehr als 78 sein! Aufschluss kann nur eine gute Autopsie bringen! Diese wird noch viel zu selten angewendet, wäre aber für eine sichere Einschätzung dringend anzuraten.
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