Politik
Kassen sehen Erhöhung von Pflegeversicherungsbeiträgen
Montag, 3. Januar 2022
Düsseldorf – Die Krankenkassen befürchten einen Beitragsanstieg der Pflegeversicherung bereits im ersten Halbjahr 2022 und dringen auf sofortige Maßnahmen der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP.
„Im Jahresergebnis gehen wir davon aus, dass die Gesamtausgaben für das Jahr 2021 insgesamt etwa um knapp zwei Milliarden Euro höher sind als die Einnahmen – also ein Defizit von zwei Milliarden Euro“, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Gernot Kiefer, der Rheinischen Post. „Damit startet die Pflegeversicherung in das neue Jahr auf Kante genäht, denn das Defizit konnte nur so gerade noch durch die Rücklagen ausgeglichen werden.“
Die Pflegeversicherung habe ihre gesetzliche Mindestreserve erreicht und es gebe dringenden politischen Handlungsbedarf zur Stabilisierung der Finanzlage, betonte Kiefer. Dies müsse unbedingt im ersten Halbjahr 2022 entschieden werden.
„Wenn nichts passieren sollte, dann wird bereits im ersten Halbjahr eine Beitragserhöhung von 0,3 Prozentpunkten notwendig sein, um die Finanzierung sicherzustellen. Praktisch wären das bei einem 3.000-Euro-Monatseinkommmen 108 Euro mehr im Jahr, die sich Arbeitgeber und Versicherte teilen. Ich glaube, es ist unabwendbar, dass die Ampel-Koalition kurzfristig Maßnahmen ergreift.“
Kiefer gab auch zu bedenken, dass es gleichzeitig Pläne gebe, die erhebliche Mehrkosten bedingen, etwa die bessere Bezahlung von Pflegekräften. „Die ist in der Sache gut begründet, aber es sind bis zu rund fünf Milliarden Euro Mehraufwendungen im Jahr – je nachdem, in welchem Tempo man das macht. Nach der jetzigen Konstruktion erhöht das die Eigenanteile der Pflegebedürftigen.“ Diese liegen nach Angaben des GKV-Spitzenverbands bereits jetzt bei durchschnittlich 2.125 Euro pro Monat.
Der Vizechef des Krankenkassenverbands betonte, im Koalitionsvertrag werde von der Übernahme der Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen durch den Steuerzahler gesprochen – das ergebe einen Entlastungseffekt von rund drei Milliarden Euro. Es sei auch davon die Rede, dass die Pflegeversicherung von den Kosten der medizinischen Behandlungspflege entlastet wird. Was dann allerdings die gesetzliche Krankenversicherung belasten werde.
Für Maria Klein-Schmeink, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, ist die Kostenentwicklung absehbar gewesen. Diese gehe auf verschiedene Ursachen wie den medizinischen Fortschritt und eine älter werdende Gesellschaft zurück, aber auch darauf, dass den Versicherten Kosten aufgeladen worden seien, die eher der Bund über Steuermittel hätte zahlen müssen, sagte sie.
Gesamtgesellschaftliche Aufgaben dürfen nicht länger der Versichertengemeinschaft aufgebürdet werden, sie müssen durch Steuermittel finanziert werden. „Im Koalitionsvertrag wurden Maßnahmen beschlossen, um die Beitragszahlenden zu entlasten“, so Klein-Schmeink.
Das müsse insbesondere für die soziale Pflegeversicherung schnell umgesetzt werden, um Beitragserhöhungen in den nächsten Monaten zu vermeiden. Zugleich müssten noch in diesem Jahr wichtige Reformen im Bereich der Pflege angegangen und entsprechend finanziert werden. © kna/aerzteblatt.de

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