Medizin
Sprachanalyse mögliche Option zur Frühdiagnose von Parkinson
Montag, 24. Januar 2022
Berlin – Eine Analyse der Sprachfrequenzmodulation, wie sie verschiedene Spracherkennungssysteme leisten, könnte möglicherweise künftig zur Früherkennung einer Parkinsonerkrankung beitragen. Auf entsprechende Forschungen in diese Richtung weist die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hin.
In Deutschland leben etwa 250.000 bis 400.000 Menschen mit einer Parkinsonerkrankung, Tendenz steigend. Sie gehört zu den sogenannten Synucleinopathien, da es in bestimmten Hirnregionen zu pathologischen Ablagerungen eines Proteins kommt, dem Alpha-Synuclein. Die Alpha-Synuclein-Zusammenballungen in den Nervenzellen entstehen aufgrund einer fehlerhaften molekularen Struktur des Alpha-Synucleins – es bilden sich zunächst kleinste Eiweiß-Fasern, die dann verklumpen und zelltoxische Wirkung haben.
„Wir sind sehr optimistisch, dass wir in wenigen Jahren krankheitsmodifizierende Therapien für Morbus Parkinson zur Verfügung haben werden. Gleichzeitig wissen wir aber aus Therapiestudien zu anderen neurodegenerativen Erkrankungen, dass der Behandlungserfolg maßgeblich davon abhängt, wie früh im Krankheitsverlauf die Therapie eingesetzt wird. Idealerweise sollte bereits behandelt werden, bevor sich überhaupt erste typische Krankheitssymptome entwickeln. Wir benötigen Tools, um aus der Gruppe von Risikopatienten diejenigen zu stratifizieren, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an Parkinson erkranken werden“, erläutert der DGN-Experte Lars Timmermann, Leiter des Parkinson-Zentrums am Uniklinikum Marburg.
Zusammen mit tschechischen Wissenschaftlern konnte die Marburger Forschungsgruppe jetzt zeigen, dass sich eine einfach durchführbare, computergestützte Analyse der Sprachfrequenzmodulation für eine solche Stratifizierung eignen könnte.
Die Arbeit ist in der Fachzeitschrift Movement Disorders erschienen (DOI: 10.1002/mds.28873). In der Studie wurden Hochrisikopatienten untersucht, die eine REM-Schlafverhaltensstörung (RBD) aufwiesen. Schätzungen zufolge erkranken 80 % aller Betroffenen mit einer solchen Störung in den nächsten 15 Jahren an einer Alpha-Synukleinopathie, also der Erkrankungsgruppe, zu der Morbus Parkinson gehört.
Auch Riechstörungen sind ein häufiges Frühsymptom der Parkinsonkrankheit. In der Studie wurden 30 Personen mit RBD und Riechstörungen, 17 mit RBD ohne Riechstörungen und 50 gesunde Kontrollen Sprechtests unterzogen. Es zeigte sich, dass die sogenannte Prosodie in der Hochrisikogruppe „RBD mit Riechstörungen“ im Vergleich zu den anderen beiden Gruppen signifikant eingeschränkt war.
Die Prosodie umfasst Akzent, Intonation, Sprechgeschwindigkeit, Rhythmus und Sprechpausen. „Das deutet darauf hin, dass eine Einschränkung und Abnahme der Prosodie bei Menschen mit RBD und Riechstörungen womöglich ein sehr frühes und sicheres Anzeichen einer Parkinsonerkrankung ist. Die Prosodie lässt sich heutzutage computergestützt ganz einfach und schnell messen“, erläutert Timmermann. Er betonte, weitere größere Erhebungen müssten das vorliegende Studienergebnis nun validieren.
„Bestätigt es sich, dann haben wir eine sichere und gleichzeitig kostengünstige Möglichkeit der Frühdiagnose, die einer präsymptomatischen Parkinsontherapie den Weg ebnen würde. Zusammen mit der Zulassung krankheitsmodifizierender Therapien könnte das die lang ersehnte Trendwende in der Versorgung von Menschen mit Parkinson herbeiführen“, so Timmermann. © hil/aerzteblatt.de
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