Vermischtes
„Die Hospitalisierungsinzidenz steht nun in den Gesundheitsämtern valide zur Verfügung“
Donnerstag, 13. Januar 2022
Greifswald – Die COVID-19-Pandemie hat noch mal verdeutlicht, dass einige Arbeitsprozesse in Krankenhäusern und Gesundheitsämtern aufgrund mangelnder Digitalisierung noch sehr umständlich sind. In Mecklenburg-Vorpommern hat soll sich das jetzt ändern. Dort wird die Hospitalisierungsinzidenz als Indikator für die Entwicklung der Belastung des Gesundheitswesens seit gut drei Wochen vollständig digital erfasst. Das Landesgesundheitsministerium hat die Kosten für die neue Software „Smartimer 360“ übernommen und damit alle 37 Krankenhäuser im Land, sämtliche Gesundheitsämter und auch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS) ausgestattet.
5 Fragen an Thorsten Janßen, Leiter Geschäftsbereich Patientenservice & Logistik, Geschäftsführer der Servicegesellschaften (SZG, KID, HKS, MSG), Universitätsmedizin Greifswald
DÄ: Welche Funktionen und welchen Zusatzunutzen hat das neue System?
Thorsten Janßen: Das neue System löst das bisherige Meldeverfahren, mit dem Hospitalisierungen und jede Veränderung (Verlegung, Entlassung) dokumentiert wurden, ab.
Bislang mussten die Meldungen zu jedem Meldezeitpunkt (Aufnahme, Verlegung, Entlassung, Tod) in einem PDF-Formular erfasst werden, das dann per Fax an das zuständige Gesundheitsamt geschickt wurde.
In den Gesundheitsämtern mussten die Daten dann händisch vom Fax in das IT-System des Amtes eingegeben werden. Erst ab hier standen die Daten digital zur Verfügung, um sie dann an übergeordneten Stellen (Landesgesundheitsämter, Robert- Koch-Institut) zur Einschätzung der Lage und zur Berechnung der Hospitalisierungsinzidenz nutzen zu können.
Eine Überlastung der Gesundheitsämter – in der Zeit der Pandemie ja keine Seltenheit – ging dann verständlicherweise mit einer großen Gefahr eines Meldeverzugs einher. Das Formular zur Meldung einer COVID-Hospitalisierung nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist nun digitalisiert, so dass den unterschiedlichen Prozessbeteiligten (Krankenhäuser, Gesundheitsämter, LAGuS) die Daten den Vorgaben entsprechend unmittelbar zum Abruf zur Verfügung stehen.
Die Meldenden in den Krankenhäusern sind entlastet, da der Prozess deutlich verschlankt und auf die abzubildenden Use Cases moduliert ist. Die Hospitalisierungsinzidenz steht nun unabhängig von der Belastungssituation in den Gesundheitsämtern valide zur Verfügung. Dies senkt den Druck für die teils am Limit arbeitenden Kolleginnen und Kollegen in den Gesundheitsämtern.
DÄ: Wie wurde das neue System im Krankenhaus implementiert?
Janßen: Das Programm nennt sich „Smartimer 360“ (das Modul zur Hospitalisierung „H13N“) und wurde innerhalb von zwei Wochen auf die Krankenhäuser und Gesundheitsämter in Mecklenburg-Vorpommern ausgerollt. Aufgrund der intuitiven Bedienbarkeit konnte die Einarbeitung auf kurze online-Schulungen reduziert werden.
In Summe haben wir pro Bereich (Krankenhäuser, Gesundheitsämter) vier Schulungstermine à 60 Minuten angeboten. Die zuständigen Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen der jeweiligen Institution konnten sich einen dieser Termine zur Teilnahme aussuchen.
DÄ: Welche Voraussetzungen muss eine Klinik oder ein Gesundheitsamt erfüllen, um das neue System nutzen zu können?
Janßen: Die Voraussetzung für einen reibungslosen Betrieb ist lediglich ein PC mit Internetzugang, da die Plattform webbasiert aufgebaut ist. Eine Installation vor Ort in den jeweiligen Häusern ist nicht erforderlich.
Für eine Aussage zu den konkreten, einmaligen und laufenden Kosten ist eine Betrachtung der Ausgangssituation und des jeweiligen Projektumfanges nötig. Am Ende wird es im Aufwand einen Unterschied machen, ob wir über 20, 200 oder 2.000 anzubindende Institutionen sprechen. Hier ist eine differenzierte Betrachtung zur Kosteneinschätzung nötig.
DÄ: Nutzen bundesweit noch andere Kliniken und Gesundheitsämter dieses Programm oder vergleichbare Programme?
Janßen: Ob es vergleichbare Lösungen gibt, können wir nicht vollumfänglich beurteilen. „Smartimer“ ist aktuell nur in Mecklenburg-Vorpommern im Einsatz, womit wir unseres Wissens nach auch Vorreiter sind.
DÄ: Wäre ein bundesweiter Einsatz möglich? Sind Sie bereits im Gespräch mit anderen Kliniken/Bundesländern?
Janßen: Da das System beliebig skalierbar ist, wäre ein bundesweiter Einsatz durchaus denkbar. Konkrete Gespräche dazu laufen derzeit nicht. Wir sehen aber den Nutzen und die fantastische Resonanz aus den eingebundenen Einrichtungen in Mecklenburg Vorpommern, so dass in einer Ausweitung aus unserer Sicht eine Chance steckt, den Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitswesen an „vorderster Front“ eine reelle Arbeitserleichterung zu verschaffen.
Da im Ergebnis die Validität einer Steuerungsgröße für Maßnahmen, die Hospitalisierungsinzidenz, deutlich zunimmt, wäre die Anbindung weiterer Bundesländer aus unserer Sicht sehr zu begrüßen. Für entsprechende Gespräche stehen wir selbstverständlich jederzeit zur Verfügung. © gie/aerzteblatt.de

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