Ärzteschaft
Fast 90 Prozent der PCR-Test-Kapazitäten ausgeschöpft – Priorisierung gefordert
Dienstag, 18. Januar 2022
Berlin – Die Auslastung der SARS-CoV-2-PCR-Testkapazität der Labore ist in der zweiten Kalenderwoche erneut angestiegen und lag im bundesweiten Durchschnitt bei 86 Prozent (Vorwoche 64 Prozent). Das teilte der Berufsverband der Akkreditierten Medizinischen Labore in Deutschland (ALM) heute auf einer Pressekonferenz mit.
Eine konsequente Priorisierung der SARS-CoV-2-Diagnostik nach den Vorgaben der Nationalen Teststrategie des Robert-Koch-Instituts (RKI) sei jetzt notwendig, sagte Michael Müller, 1. Vorsitzender der ALM, und kritisierte die Gesundheitsministerkonferenz (GMK), die gestern getagt hatte.
„Es ist frustrierend, wenn auf einer Gesundheitsministerkonferenz über die Lage der ambulanten Medizin gesprochen wird und Unterstützung in Aussicht gestellt wird, dabei aber außen vor bleibt, dass dies auch die Laboratorien bertrifft“, sagte Müller.
Die Überlastung könne vermieden werden, wenn die Priorisierung der Nationalen Teststrategie umgesetzt werden würde. Das sei keine „Rocket Science“, da das Konzept bereits seit Mitte 2020 feststehe und erst im Dezember 2021 noch mal an die aktuelle Testverordnung angepasst worden war. Müller appellierte daher an die nächste GMK-Runde, darüber zu beraten und die Nationale Teststrategie zu beschließen.
Die Ergebnisse einer aktuellen Datenerhebung des ALM, an der sich 182 Labore beteiligt hatten zeigen: In der zurückliegenden Kalenderwoche (10.01–16.01.2022) wurden in den fachärztlichen Laboren in Deutschland 1.955.439 SARS-CoV-2-PCR-Untersuchungen durchgeführt – bei einer Testkapazität von 2.278.188. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Pandemie und ein Anstieg um 40 Prozent gegenüber der Vorwoche.
Auch die Anzahl der positiv befundeten SARS-CoV-2-PCR-Tests erreichte mit 486.319 einen neuen Höchstwert (Vorwoche 327.911). Dieses entspricht einem wiederholten Zuwachs von 48 Prozent gegenüber der ersten Januarwoche. Die Positivrate stieg ebenfalls auf nunmehr 24,9 Prozent (Vorwoche 23,4 Prozent).
In vielen Regionen ist die Kapazitätsgrenze bereits erreicht oder überschritten. Die teilnehmenden Labore konnten ihre PCR-Testkapazität erneut deutlich erhöhen und geben für die laufende dritte Kalenderwoche mehr als 2,5 Millionen Tests an (Steigerung der Kapazität um 11 Prozent gegenüber der Vorwoche).
„Seit Ende Oktober haben wir die Kapazität in Eigeninitiative sogar um rund 40 Prozent gesteigert. Wir sind bemüht, diese Anstrengungen fortzusetzen, doch die Kapazitäten sind und bleiben endlich“, sagte Evangelos Kotsopoulos, Vorstandsmitglied im ALM.
PCR-Test Priorisierung nach Nationaler Teststrategie
Prio 1: Symptomatische Personen.
Prio 2: Asymptomatische Personen (Gesundheitswesen und andere vulnerable Bereiche sowie deren Kontakte), die Kontakt zu bestätigtem COVID-19-Fall hatten.
Prio 3: Asymptomatische Personen (Gesundheitswesen und andere vulnerable Bereiche sowie deren Kontakte), (a) in Einrichtungen oder Unternehmen, etwa Arztpraxen, Schulen, Kitas, Asylbewerberheime und (b) präventive Testung in Krankenhäusern, Praxen, Pflegeeinrichtungen usw. bei Aufnahme oder vor ambulanter Operation oder Dialyse.
Auch die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit teilte gestern mit: „Die Labore weiten ihre Kapazitäten außerdem soweit wie möglich aus.“ Das werde für die Omikron-Welle allerdings nicht reichen.
Um einer Überlastung der Laborkapazitäten entgegenzuwirken hat das Land Berlin bereits einen entsprechenden Antrag zur Änderung der Coronateststrategie gestellt. Das geht aus einem Beschlussentwurf hervor, der den Gesundheitsministern vor einer Videokonferenz gestern Abend vorlag.
ALM betont Nutzen laborbasierter Antigentests
Die ALM betonte die Möglichkeit mehr laborbasierte Antigentests einzusetzen, die ebenfalls in der Nationalen Teststrategie vorgesehen wären. „Diese liefern ein qualitätsgesichertes und laborärztlich befundetes Ergebnis und reduzieren sinnvoll den Bedarf an PCR-Tests, die prioritär für Menschen mit Symptomen, für das Kontaktpersonenmanagement sowie den Schutz vulnerabler Gruppen notwendig sind“, erläuterte Müller (siehe Kasten). So könnten die Mitarbeitenden in den Laboren entscheiden, welche Proben mittels PCR und welche mit Antigentest analysiert werden würden.
„Laborbasierte Antigentests sind von ihrer medizinischen Güte her – diagnostische Empfindlichkeit und diagnostische Spezifität – zwischen den PCR- und den Schnelltests im Testzentrum anzusiedeln“, sagte der ALM-Vorsitzende.
Hinzu komme die neue Regelung für die Beschäftigten in Krankenhaus, Pflege und Eingliederungshilfe, die im Falle einer Infektion nach sieben Tagen sowie 48 Stunden Symptomfreiheit mit einem negativen PCR-Testergebnis freigetestet werden können.
Diese könnten somit ihre für die Versorgung der Bevölkerung kritische Arbeit in der direkten Patientenversorgung wieder aufnehmen – es entstehe jedoch unter Umständen auch ein erheblicher Zusatzbedarf an PCR-Diagnostik, warnte Kotsopoulos.
Antigenschnelltests bieten zum Freitesten nicht genügend Sicherheit. Wir sehen in unserem Laboralltag zu viele falsche Schnelltestergebnisse und empfehlen daher das konsequente Freitesten im PCR-Verfahren, auch wenn das länger dauert. Andreas Bobrowski, Vorsitzender BDL
Auch der Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL) unterstützt die Priorisierung nach der nationalen Teststrategie und begrüßt ausdrücklich die jetzt bundesweit gültigen verkürzten Quarantänezeiten mit der Möglichkeit der Freitestung.
Der Vorsitzende Andreas Bobrowski warnte jedoch bereits vergangene Woche davor, dass die Freitestung von Personen aus der Isolation ausschließlich mit einem Antigenschnelltest nicht ausreichend sei: „Antigenschnelltests bieten zum Freitesten nicht genügend Sicherheit. Wir sehen in unserem Laboralltag zu viele falsche Schnelltestergebnisse und empfehlen daher das konsequente Freitesten im PCR-Verfahren, auch wenn das länger dauert.“
Laborärzte warnen vor Antigentests zum Freitesten
Berlin – In der Debatte um die Zuverlässigkeit von Antigentest warnt ein Experte vor falscher Sicherheit durch negative Testergebnisse. „Ein Freitesten nur mit Antigentest, das geht nicht“, sagte der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte, Andreas Bobrowski. Er bezog sich auf Pläne der Bundesregierung, ein vorzeitiges Freitesten aus der Quarantäne nicht nur mit PCR-Tests, sondern
Um die Bund-Länder-Beschlüsse zur Verkürzung der Quarantänezeiten möglichst effektiv umzusetzen, fordert der BDL darüber hinaus, dass, wie bei den Antigenschnelltests, auch die Kosten für die PCR-Tests vom Bund übernommen werden. © gie/aerzteblatt.de

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