Ärzteschaft
Vertragsärzte wollen Coronaimpfpflicht nicht in Praxen durchsetzen
Mittwoch, 19. Januar 2022
Berlin – Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat klargestellt, sich nicht an der Umsetzung einer möglichen Coronaimpfpflicht beteiligen zu wollen. Ärzteverbände und das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) halten den Vorstoß für unnötig.
„Die Entscheidung um die Impfpflicht ist eine politische“, sagte heute der stellvertretende KBV-Vorsitzende Stefan Hofmeister. Wenn die Bundesregierung diese beschließen wolle, müsse sie sich selbst um die Umsetzung kümmern. „Die Praxen haben in der Impfkampagne bisher alles gegeben, um Rekorde zu brechen und geradezu astronomische Ziele einzuhalten.“
„Wir werden unseren Ärzten nicht zumuten, eine Impfpflicht gegen den Willen der Patienten zu exekutieren“, erklärte auch der Vorstandsvorsitzende der KBV, Andreas Gassen.
Die Praxen seien „kein Ort, um staatliche Maßnahmen durchzusetzen“. Sie lebten vom Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Die Vertragsärzte lehnen auch eine vom nordrhein-westfälischen Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) ins Gespräch gebrachte Beratungspflicht für Impfunwillige ab.
Das Bundesministerium für Gesundheit reagierte verwundert. „Die Äußerungen von Herrn Gassen sind zumindest unverständlich“, sagte ein Ministeriumssprecher heute. Derzeit stehe noch gar nicht fest, wie eine Impflicht genau ausgestaltet werde, sagte er – und fügte hinzu: „Von Zwangsimpfungen in Praxen habe ich noch nichts gehört.“
Der NAV-Virchowbund und der Verband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) halten die Debatte für unnötig. „Die Durchsetzung einer Impfpflicht ist eine hoheitliche Aufgabe und keine Angelegenheit der Praxisärzte. Sie wird über Kontrollen durch Ordnungskräfte und über Bußgelder sanktioniert werden“, sagte der Bundesvorsitzende des Verbandes der niedergelassenen Ärzte (Virchowbund), Dirk Heinrich.
Er betonte, eine Impfpflicht werde im Gegensatz zu Äußerungen der KBV-Vorsitzenden eben nicht zwangsweise in den Praxen exekutiert. „Hier irren die Vertreter der Körperschaft und ich zweifle stark daran, dass sie für die Mehrheit der Kassenärzte sprechen und deren Rückhalt in dieser Frage haben.“
Konstruierte Konstellationen wie jene der KBV-Vorsitzenden sind aus Sicht von Heinrich „weder richtig noch zielführend“. Sie verdeckten ein fehlendes Mandat für eine solch weitreichende Positionierung durch die KBV-Gremien. „Wer etwas nicht will, konstruiert Gründe – wer etwas für richtig hält, der findet Wege“, erklärte er.
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- Gesundheitskommunikation: Respektvolle Impfaufklärung
- Einführung einer Impfpflicht: Eine politische Entscheidung
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Der NAV-Virchowbund und der Verband der Kinder- und Jugendärzte wiesen heute erneut darauf hin, dass man weiterhin für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht sei. Sie gehen auch davon aus, dass die niedergelassenen Ärzte nach Einführung einer allgemeinen Impfpflicht weiter impfen wie bisher.
„Kein Mensch wird bei einer allgemeinen Impfpflicht in Praxen oder Impfzentren zwangsgeimpft werden. Das ist eine Selbstverständlichkeit“, sagte Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte.
„So ist das bei der bereits seit zwei Jahren bestehenden Impfpflicht gegen Masern und auch bei der kürzlich eingeführten berufsbezogenen Impfpflicht für Gesundheitseinrichtungen. Allein das Argument, eine Impfung könne Infektionen nicht gänzlich verhindern, war ja bereits bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht nicht stichhaltig.“ © may/afp/aerzteblatt.de

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