Vermischtes
Handel mit gefälschten Impfausweisen floriert
Mittwoch, 19. Januar 2022
Berlin – Die Polizei geht bundesweit weit mehr als 12.000 Verdachtsfällen wegen gefälschter Impfausweisen nach. Die Zahl sei vor allem im vergangenen Dezember in die Höhe geschnellt, berichteten Polizeibehörden der Bundesländer bei einer bundesweiten Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Spitzenreiter ist demnach Bayern mit mehr als 4.000 Verfahren und 5.500 sichergestellten Impfpässen und -zertifikaten, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit mehr als 3.500 Verfahren. „Wir müssen leider von einem großen Dunkelfeld ausgehen“, berichtete die Landesregierung in München.
Ende November hatte der Gesetzgeber die Strafbarkeit noch einmal klargestellt. Abschreckende Wirkung hatte dies anscheinend nicht: Die 3G-Pflicht in vielen Bereichen hat das Geschäft der Fälscher wohl erst richtig angekurbelt.
Im Internet stießen Ermittler bei Social-Mediakanälen und Messengerdiensten wie Telegram auf einschlägige Angebote, die bei Impfskeptikern und Impfgegnern auf zahlungswillige Kundschaft treffen, obwohl es die Originale samt echtem Impfschutz umsonst gibt. Nutzern falscher Impfausweise droht dabei im Extremfall noch mehr als Jobverlust und eine Geld- oder Bewährungsstrafe wegen „Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse“.
Nach einem Coronaausbruch mit drei Todesfällen in einem Pflegeheim im niedersächsischen Hildesheim ermittelt die Staatsanwaltschaft zum Beispiel gegen eine fristlos entlassene Mitarbeiterin der Einrichtung sogar wegen Totschlags. Die Frau soll mit einem gefälschten Impfpass im Heim gearbeitet haben, obwohl bei ihr zu Hause Familienmitglieder an COVID-19 erkrankt waren.
Anfang Dezember 2021 wurden bei einer Durchsuchung in Kassel 800 Blanko-Impfausweise, Impfstoffaufkleber, verschiedene Stempel und weitere Fälscherutensilien sichergestellt. Einen Monat zuvor waren bei einer Wohnungsdurchsuchung in Frankfurt/Main 146 Blanko-Impfausweise gefunden worden.
Auch wurden Fälle von Ärzten bekannt, die ihren Patienten auf Wunsch nur den Aufkleber der Impfdosen in den Impfpass klebten, ohne den Impfstoff zu verabreichen. Ihnen drohen inzwischen sogar bis zu fünf Jahre Haft.
Im Oktober machten Ermittler mutmaßliche Betrüger in München dingfest, die mithilfe der IT-Infrastruktur einer Apotheke gefälschte Impfzertifikate hergestellt haben sollen – allein innerhalb eines Monats mehr als 500 Stück.
Der gelbe Impfpass nach den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist leicht zu manipulieren. Das Heftchen kann im Internet für wenige Euro bestellt werden. Die Stempel von Arztpraxen können ebenfalls leicht besorgt werden. Die Impfdosenaufkleber mit der Chargennummer sind inzwischen immerhin mit einem Wasserzeichen versehen – vor kurzem war das noch nicht der Fall.
Impfpassfälscher bieten bei Telegram inzwischen ein Komplettpaket an: Das ausgefüllte Impfbuch kostet inklusive QR-Code 200 bis 300 Euro. Die betrügerischen Impfunwilligen, die sich eine Fälschung im Netz bestellen, haben aber keine Garantie, dass tatsächlich ein falscher Impfpass geliefert wird.
In den Apotheken, die den QR-Code für den digitalen Impfnachweis erstellen, kann inzwischen überprüft werden, ob Ort und Zeitpunkt der Impfung zu der Chargennummer im Impfpass passen. Das ist vielen Besitzern von Impfpässen offenbar noch nicht klar.
Im Ruhrgebiet türmte eine 30-Jährige vorgestern, als ihr vorgelegter Impfpass als gefälscht entlarvt wurde, aus der Apotheke – und ließ dabei ihren Personalausweis liegen. Gleiches Spiel wenige Kilometer entfernt in Unna: Der Mann mit falschem Impfpass verschwand eilig, ließ aber Kopien seiner Krankenkassenkarte und seines Personalausweises zurück. © dpa/aerzteblatt.de

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