Medizin
Long-COVID-Symptom Fatigue aus der Sicht der Endokrinologie
Donnerstag, 27. Januar 2022
Bethesda – Rehabilitationsmaßnahmen bei Long-COVID sollten gegebenenfalls auch endokrinologische Assessments berücksichtigen. Schädigungen und Dysfunktionen endokriner Organe können zum Beispiel das Long-COVID-Symptom Fatigue begünstigen (Journal of Clinical & Translational Endocrinology, 2022; DOI: 10.1016/j.jcte.2021.100284).
Manche Patienten, die sich von einer COVID-19-Infektion erholen, haben langfristige Beeinträchtigungen wie Fatigue, Kurzatmigkeit, Geschmacks- und Geruchsveränderungen sowie Gelenkschmerzen, die eine individuell zugeschnittene Rehabilitation erfordern.
Da Informationen über die nachteiligen Auswirkungen des SARS-CoV-2-Virus auf die endokrine Funktion nach wie vor begrenzt sind, werteten Forscher aus den USA entsprechende Literatur aus, um Hinweise auf mögliche pathophysiologische Zusammenhänge bei Long-COVID-Patienten zwischen endokriner Funktion und Fatigue herauszufiltern.
Fatigue zählt zu den häufigsten Beschwerden bei Long-COVID-Patienten und ist eine heterogene Erkrankung mit einer multifaktoriellen Ätiologie, die unter anderem immunologische, virologische, psychologische und endokrine Veränderungen umfasst.
Die Long-COVID-bedingte Fatigue wird einerseits durch Schädigung mehrerer Organsysteme (z.B. Herz-, Lungen- oder Nierenfunktion) begünstigt. Zum anderen können COVID-19-induzierte endokrine Dysfunktionen, die zu Hypokortisolismus, Hypothyreose oder einer Dysregulation der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) führen, weitere mögliche Erklärungen für Fatigue sein, heben die Studienautoren hervor.
ACE2-Rezeptoren (Angiotensin, Converting Enzyme 2) stellen Eintrittspforten für SARS-CoV-2-Viren in menschliche Körperzellen dar, die von endokrinen Organen wie Hypothalamus, Hypophyse, Nebenniere, Schilddrüse, Hoden und Langerhans-Inseln exprimiert werden. Somit sind endokrine Organe bei akuter COVID-19-Infektion und bei Genesungsprozessen ebenfalls betroffen.
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Gewebeuntersuchungen (postmortal) zeigten, dass SARS-CoV-RNA zum Beispiel in der Hypophyse, Nebenschilddrüse, Bauchspeicheldrüse und Nebenniere nachweisbar war. Weitere Gewebeanalysen entdeckten apoptotische parafollikuläre und follikuläre Zellen, was die niedrigen Serum Thyroxin- und Triiodthyroninspiegel und Osteonekrosen des Hüftkopfes bei Patienten mit SARS-CoV-2 erklären könnte, so die Wissenschaftler. Autopsien des Hypothalamus von verstorbenen Patienten lieferten zudem Hinweise auf virale-RNA, Ödeme und neuronale Degeneration.
Studien zur Beteiligung der HPA-Achse nach COVID-19-Infektion sind nach wie vor begrenzt. Eine Studie zur Bewertung des Nebennierenrindenfunktion bei akuten COVID-19-Infektionen bei 28 hospitalisierten Patienten ergab, dass 32 % der Patienten subnormale Kortikosteroidspiegel aufwiesen und Patienten mit schwereren Erkrankungen sowohl subnormale Kortikosteroid- als auch ACTH-Spiegel (Adrenocortikotropes Hormon) aufwiesen, was auf einen direkten Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der COVID-19-Infektion und einer beeinträchtigten Kortikosteroidsynthese hindeutet.
Die Studienautoren schlussfolgern, dass Rehabilitations-Maßnahmen auch ein endokrinologisches Assessment beinhalten sollten, zum Beispiel zur Bewertung der HPA-Achse bei Long-COVID-Symptomen wie Fatigue. © cw/aerzteblatt.de

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