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Politik

G-BA-Chef Hecken rechnet mit kurzfristigen Kostendämpfungs­maßnahmen

Mittwoch, 23. Februar 2022

Josef Hecken /Georg J. Lopata

Berlin – Nach Jahren mit relativ guter Finanzlage in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wird es zunehmend wichtiger, neue Leistungen künftig noch klarer als bisher am Qualitäts- und Wirtschaftlich­keitsgebot auszurichten. Das hat Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundes­aus­­schusses (G-BA), heute betont.

Angesichts der „elementaren“ GKV-Finanzierungsprobleme sei der G-BA notwendiger denn je, um die Herausforderungen zu meistern. Mittels transparenter und wissenschaftlich basierter Verfahren leiste der G-BA einen immensen Beitrag zur Gewährleistung einer finanzierbaren und zugleich qualitativ hoch­wer­tigen Gesundheitsversorgung, so Hecken.

Er verwies darauf, dass im vergangenen Jahr einschließlich der COVID-19-bedingten Sonderausgaben mehr als 270 Milliarden Euro in der GKV ausgegeben worden seien. Trotz eines enorm hohen Bundeszu­schusses von 28,5 Milliarden Euro lägen die Beitragssätze einschließlich der Zusatzbeiträge mit fast 16 Prozent im Mittel auf einem Rekordniveau.

Für das Jahr 2022 gehe der Schätzerkreis sogar von Ausgaben von mehr als 280 Milliarden Euro aus. Kurz­fristige Kostendämpfungsmaßnahmen werde die Ampelkoalition also vermutlich schneller als ge­dacht angehen müssen. Als umso wichtiger stelle sich der „Spagat“ aus Wirtschaftlichkeit und notwen­di­gen medizinischen Leistungen dar, welcher der „Job“ des G-BA sei.

Welche konkreten Leistungen qualitativ hochwertig und wirksam sind und einen echten Mehrwert er­brin­gen, dürfe nicht auf der Basis von politischer Opportunität entschieden werden, betonte Hecken. Bei jeder Optimierung, die der Gesetzgeber vornimmt, müsse der G-BA so gestärkt werden, dass er seine Auf­gaben auch in Zukunft evidenzbasiert und sachgerecht erfüllen könne.

Denn: Auch perspektivisch werde das Prüfen von Qualität und Wirtschaftlichkeit in den kommenden Jah­ren noch wichtiger. Hecken verwies diesbezüglich auf die älter werdende Gesellschaft und die damit ein­hergehende Multimorbidität – welche die Nachfrage nach medizinischer und pflegerischer Versor­gung zwangsläufig ansteigen lasse.

Weitere Kostensteigerungen könne man erfahrungsgemäß durch grundsätzlich zu begrüßende neue in­novative Therapieansätze erwarten. Zudem wirke sich der demografische Umbau der Gesellschaft auf die GKV-Einnahmesituation aus.

Maßnahmenpaket notwendig

Aus seiner Sicht seien deshalb mehrere Maßnahmen unabdingbar. Bei jedem neuen Wirkstoff, bei jeder neuen Methode und bei jedem neuen Diagnostikum bedürfe es einer stringenten generellen Nutzen- und Methodenbewertung, um die „Spreu vom Weizen“ zu trennen und so wirtschaftliche Versorgung zu ge­währleisten.

Um der Versorgungssituation des einzelnen Menschen angepasste Therapieentscheidungen treffen zu können, sei bei jeder Innovation eine individuelle Betrachtung der Lebensqualität und des patientenin­dividuellen Nutzens nötig.

Zudem müssten Krankenhausplanung und ambulante Bedarfsplanung zusammengedacht werden. Eine angemessene Grundversorgung in der Fläche solle so mit zentralen und spezialisierten Krankenhaus­strukturen verbunden werden.

Karin Maag, unparteiisches Mitglied des G-BA, thematisierte im Rahmen der Vorstellung des Arbeitspro­grammes auch die Überarbeitung von Instrumenten, die einen hohen Dokumentationsaufwand nach sich ziehen. So stehe bei­spielsweise eine Betrachtung des Bereiches der Qualitätssicherung an, wie sie sagte.

Die Instrumente müssten immer wieder überprüft und angepasst werden – auch wenn dies herausfor­dernd sei, lohne der Prozess. Sie sei zuversichtlich, dass man bereits in diesem Jahr zu guten Lösungen kommen könne.

Auch wolle man sich mit Umsetzungshindernissen bei der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) sowie den Disease-Management-Programmen (DMP) befassen, so Maag.

Kritik an den gesetzlichen Vorgaben im Hinblick auf Erprobungsstudien zu neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden übte Monika Lelgemann, unparteiisches Mitglied des G-BA.

In den vergangenen beiden Jahren habe sich gezeigt, dass die erfolgreiche Durchführung, insbesondere die Gewinnung von Studienzentren und die Rekrutierung von Patienten unter den gegebenen Umstän­den kaum zu bewältigen sei.

So erlaube es die aktuelle Gesetzeslage, im stationären Bereich die neuen Interventionen auch außer­halb der Erprobungsstudien auf Kosten der GKV einzusetzen, so Lelgemann. Damit bestehe kein Anreiz für Kliniken sich an den Studien zu beteiligen und die Rekrutierung von Patienten werde erschwert.

Hecken betonte, diese Regelung bewirke das Gegenteil von einer Überprüfung der neuen Methoden in einem engmaschigen Setting und erschwere die Evidenzgenerierung massiv.

Hinzu kämen Hürden bei der Vereinbarung von krankenhausindividuellen Entgelten für zu erprobende neue Methoden, erläuterte Lelgemann. Zudem würden Anfragen oft zu neuen Methoden gestellt, die sich noch in einem frühen Stadium der Entwicklung befinden.

Die Datenlage sei in diesen Fällen so unvollständig, dass sich eine Studie zur abschließenden Klärung von Nutzen und Schaden gar nicht planen lasse, sagte sie. Dennoch sei der G-BA zur Durchführung ver­pflichtet – auch wenn unter diesen Umständen ein „großes Risiko“ des Nichtgelingens gegeben sei. © aha/aerzteblatt.de

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