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Politik

Krankenhäuser: Erste Analyse des digitalen Reifegrads liegt vor

Donnerstag, 24. Februar 2022

/sasun Bughdaryan, stock.adobe.com

Berlin – Mit dem Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) haben Union und SPD im Jahr 2020 ein milliarden­schweres Förderprogramm auf den Weg gebracht, um die deutschen Krankenhäuser beim Ausbau ihrer digitalen Strukturen zu unterstützen.

Eine Förderung ist laut KHZG jedoch nur möglich, wenn die Krankenhäuser zuvor ihren digitalen Reife­grad in einer Selbsteinschätzung darstellen. Dafür bewerteten die Krankenhäuser ihre digitalen Fähig­keiten und Kompetenzen in einer Onlineerhebung, an der sich 1.616 Häuser – und damit 91 Prozent aller Plankrankenhäuser – zwischen Oktober und Dezember 2021 beteiligten. Die Daten wurden von dem Konsortium Digitalradar ausgewertet.

Das durchschnittliche Ergebnis des Digitalradar Scores der deutschen Krankenhäuser liegt bei 33,25 von 100 möglichen Punkten, wobei die Ergebnisse dem Konsortium zufolge breit streuen und sich je nach Trägerschaft und Größe der Krankenhäuser unterscheiden. Der niedrigste Punktwert liegt bei 3,27 Punk­ten, der höchste erreichte Punktewert liegt bei 63,87 Punkten.

„Die Ergebnisse zeigen, dass die Krankenhäuser unterschiedlich weit auf dem Weg zur Digitalisierung sind und dabei Prioritäten verschieden setzen“, erklärte der stellvertretende Leiter des Projekts, Alexan­der Geissler von der Universität St. Gallen, vor kurzem bei der Präsentation der Ergebnisse. „Es wird sehr interessant sein zu sehen, inwiefern das Investitionspaket des KHZG diese Variation für eine bessere Versorgung senken kann.“

Nachholbedarf bei Telehealth und Patientenpartizipation

Für die Analyse wurden die möglichen Förderbereiche in sieben Dimensionen unterteilt. Dabei schnei­den die Krankenhäuser in der Dimension „Strukturen und Systeme“ am besten ab. Hier lag der Anteil der durchschnittlich erreichten Punkte bei 55 Prozent.

In der Dimension „Resilienz-Management und Perfor­manz“ lag der Anteil bei 45 Prozent, in der Dimensi­on „Organisatorische Steuerung und Datenmanage­ment“ bei 41 Prozent, in der Dimension „Klinische Pro­zesse“ bei 39 Prozent, in der Dimension „Informa­tionsaustausch“ bei 25 Prozent, in der Dimension „Tele­health“ bei 18 Prozent und in der Dimension „Patientenpartizipation“ bei fünf Prozent.

Die Daten aus Deutschland wurden mit den Daten des international gebräuchlichen Scores „Electronic Medical Record Adoption Model“ (EMRAM) verglichen, bei dem der Digitalisierungsgrad auf einer Skala von 0 bis 7 dargestellt wird.

„Die Ergebnisse zeigen, dass Krankenhäuser in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern wesent­liche Fortschritte gemacht haben und nun gut positioniert sind, um die digitale Reife in vorrangigen Bereichen wie Interoperabilität und Patientenpartizipation voranzutreiben“, erklärte die Projektleiterin Sylvia Thun vom Berlin Institute of Health.

Deutsche Krankenhäuser holen international auf

Die prognostizierten EMRAM-Indikatoren zeigten demnach, dass knapp ein Drittel der deutschen Kran­kenhäuser die Kernforderungen des internationalen Modells mit geschätzten Reifegraden bis zur Level-5-Zertifizierung erfüllen.

Die restlichen 69 Prozent hätten gute Möglichkeiten, sich einem höheren Score zu nähern, indem sie digitale Lösungen im Bereich der Radiologie, des Labors oder der Kardiologie vorantreiben. Bis heute zeigten Daten, dass die Mehrheit der Krankenhäuser in vielen OECD-Ländern bei EMRAM-Bewertungen auf der Stufe 0 abschneiden.

Mit dem jetzigen Ergebnis schneide Deutschland im Vergleich zu beispielsweise Australien oder Kanada solide ab: Wesentlich mehr deutsche Krankenhäuser haben demnach im Vergleich den Reifegrad 0 überschritten.

Um die Ergebnisse des Digitalradars für die Krankenhäuser nutzbar zu machen, hat das Konsortium ein Dashboard entwickelt, das den Krankenhäusern seit dem 11. Februar zur Verfügung steht. Durch die visualisierten Ergebnisse – nach Digitalradardimensionen, KHZG-Fördertatbeständen und klinikinternen Prozessen – können die Krankenhäuser weitere Analysen von potenziellen Handlungsfeldern anstoßen. Darüber hinaus schaffen die Dashboards anhand von Filterkriterien unterschiedliche Vergleichsmöglich­keiten.

Auch eine Überleitung des Digitalradars zum EMRAM-Reifegradmodell ist in den Dashboards enthalten. Jedes Krankenhaus ist dem Konsortium zufolge nun in der Lage, seinen Fortschritt in Richtung digitaler Reife zu verfolgen, indem es via Digitalradar über das EMRAM-Level informiert wird, dass es bei einer vollwertigen Zertifizierung durch die Healthcare Information and Management Systems Society (HIMSS) wahrscheinlich erhalten würde.

Weltweit umfangreichste Erhebung

„Die erste Digitalradar-Reifegraderhebung kommt einer nationalen Bestandsaufnahme gleich“, erklärt das Konsortium. „Weltweit gab es nie zuvor ein so umfangreiches, einheitliches Benchmarking mit dem konkreten Ziel, die Digitalisierung der Krankenhauslandschaft eines Landes zu vermessen und daraus Bedarfe zur Verbesserung der Versorgung abzuleiten.“

Thomas Renner, stellvertretender Abteilungsleiter für Digitalisierung und Innovation im Bundesgesund­heits­ministerium (BMG), erklärte, dass allein in den Fördertatbeständen „Digitale Dokumentation“ und „Patientenportale“ bislang jeweils über 1.000 Förderanträge gestellt worden seien.

Projektpartner des Konsortiums sind HIMSS Europe, das Institut für angewandte Versorgungsforschung (inav), das Beratungsunternehmen Lohfert & Lohfert, das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und die Universität St. Gallen. © fos/aerzteblatt.de

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