Politik
Drei von vier digitalen Gesundheitsanwendungen haben ihren Nutzen bislang nicht belegt
Dienstag, 1. März 2022
Berlin – Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) stehen seit mehr als einem Jahr flächendeckend als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zur Verfügung. Bis Ende September 2021 wurden rund 50.000 DiGA verordnet beziehungsweise von den Krankenkassen genehmigt. Die gesetzlichen Krankenkassen haben dafür seit dem Herbst 2020 rund 13 Millionen Euro ausgegeben. Das geht aus einem neuen Bericht des GKV-Spitzenverbandes hervor.
Danach standen Ende September 2021 zwanzig DiGA im entsprechenden Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zur Verfügung. Sie können von gesetzlich Krankenversicherten in Anspruch genommen werden: entweder nach ärztlicher Verordnung oder Genehmigung durch die Krankenkasse.
Der GKV-Spitzenverband kritisiert nun, dass bislang nur ein Viertel der erstattungsfähigen Anwendungen ihren Nutzen belegen konnte, nämlich fünf. Drei Viertel der DIGA – also 15 auf der BfArM-Liste – seien hingegen weiterhin nur zur Erprobung gelistet, da sie innerhalb eines Jahres noch keine positiven Versorgungseffekte nachweisen konnten.
„Bei den DiGA ist nicht alles Gold, was glänzt. Obwohl der Gesetzgeber mit einem großen Vertrauensvorschuss den Herstellern maximalen Freiraum geschaffen hat, um Produkte auf den Markt zu bringen, die die Versorgung der Versicherten maßgeblich verbessern, konnten die Erwartungen bisher kaum erfüllt werden. Das zeigt die hohe Quote der nur zur Erprobung gelisteten Anwendungen deutlich“, sagte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband. Sie kritisiert, die gesetzlichen Rahmenbedingungen legten zu wenig Wert auf den positiven Versorgungsnutzen für die Patienten und sie führten zu überhöhten Preisen.
Das Preisspektrum bei den DiGA erstreckt sich von 119 Euro bis 744 Euro für drei Monate. Der durchschnittliche Preis liegt bei rund 400 Euro im Quartal. „Auch wenn kein innovatives Konzept besteht und keine Evidenz vorliegt, müssen die Preise bei einer DiGA in Erprobung bis zu zwei Jahre von der GKV finanziert werden. Dabei dürfen die Hersteller die Preise im ersten Jahr in beliebiger Höhe festlegen“, erläuterte Stoff-Ahnis.
Sie forderte ein gesetzliches „Update“: Danach sollte der Gesetzgeber den wissenschaftlichen Nachweis des medizinischen Nutzens zur Bedingung für die Erstattung machen. Zudem sollte eine DiGA eine echte Innovation mit einem belegten Mehrwert für die Versorgung darstellen.
Außerdem sollten die Hersteller die Preise für eine DiGA auch im ersten Jahr nicht mehr beliebig festgelegen können. „Wir wollen therapeutischen Nutzen für Patientinnen und Patienten bezahlen und keine Downloads“, so Stoff-Ahnis.
„DiGA in Erprobung haben klare gesetzliche und vom BfArM definierte Zielvorgaben. Erste DiGA haben diese Vorgaben erfüllt und werden dauerhaft gelistet. Im noch jungen Leistungsbereich der DiGA muss den Herstellern die Chance und die Zeit zur Evidenzgenerierung gegeben werden. Die aktuellen gesetzlichen und bundeseinheitlichen Rahmenbedingungen tragen diesem Innovationsprozess Rechnung“, betonte Hubertus Cranz, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH), im Gegenzug. © hil/aerzteblatt.de

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