Medizin
Erster Mensch mit transplantiertem Schweineherz gestorben
Donnerstag, 10. März 2022
Washington/Bonn – Rund zwei Monate nach der weltweit ersten erfolgreichen Schweineherztransplantation bei einem Menschen ist der Patient, David Bennett, gestorben. Das teilte die behandelnde Klinik in Baltimore (USA) gestern mit. Sein Zustand habe sich schon vor einigen Tagen verschlechtert.
Zur Todesursache lagen zunächst keine näheren Angaben vor. Zuvor müsse eine genaue Untersuchung vorgenommen werden, hieß es. Lange war der Zustand des 57-jährigen Patienten stabil geblieben. Zu einer akuten Abstoßungsreaktion kam es laut Universität nicht.
Nach Angaben der Ärzte war die Operation die einzige Möglichkeit gewesen, das Leben des Patienten zu verlängern. Der 57-Jährige litt an einer Herzinsuffizienz im Endstadium. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte zuvor eine Notfallgenehmigung erteilt.
In dem Spenderschwein wurden 3 Gene „ausgeschaltet“, die für eine schnelle Abstoßung von Schweineorganen durch den menschlichen Körper verantwortlich sind. Um ein übermäßiges Wachstum des Schweineherzens zu verhindern, wurde ein weiteres Gen stillgelegt. Sechs menschliche Gene wurden dagegen in das Erbgut eingefügt, weil sie die Akzeptanz für das fremde Organ verbessern sollen.
Die Ärzte wollen trotz des Todes des Patienten weitere solche Transplantationsversuche unternehmen. „Wir haben unbezahlbare Einblicke bekommen und gelernt, dass ein genetisch verändertes Schweineherz im menschlichen Körper gut funktionieren kann, wenn das Immunsystem angemessen unterdrückt ist“, sagte Chirurg Muhammad Mohiuddin von der Uniklinik in Baltimore laut Mitteilung. „Wir bleiben optimistisch und planen, unsere Arbeit mit weiteren klinischen Versuchen fortzusetzen.“
Das Gelernte werde hoffentlich dazu beitragen, „dass Transplantationschirurgen in Zukunft die Ergebnisse verbessern und künftigen Patienten möglicherweise lebensrettende Unterstützung bieten können“, sagte sein Kollege Bartley Griffith. Mohiuddin bedankte sich posthum bei dem Patienten für seine „einzigartige und historische Rolle“ darin, die Xenotransplantation voranzubringen.
Im Oktober 2021 war Bennet als schwerkranker Patient an das Universitätsklinikum in Baltimore gekommen. Weil der an einer lebensgefährlichen Herzkrankheit leidende Mann als nicht geeignet für ein Spenderherz eingestuft wurde, gab es von der US-Gesundheitsbehörde FDA eine Ausnahmegenehmigung für den Versuch, mit dem tierischen Organ sein Leben zu retten.
Anfang Januar wurde dem Mann dann in einer mehrstündigen Operation das genetisch veränderte Schweineorgan eingesetzt. Die galt als Meilenstein auf dem Gebiet der Organtransplantation. Danach war der Patient noch einige Tage an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen.
Im Anschluss sei der Zustand des Mannes zunächst relativ stabil gewesen, hieß es von der Klinik. Das Herz habe „gut gearbeitet“, es habe keine Anzeichen von Abstoßung gegeben. Bennett gehe es „besser als erwartet“, er sei „bemerkenswert wach“, hatte es geheißen. Der Mann habe Zeit mit seiner Familie verbringen können und Physiotherapie gemacht.
Seit Jahrzehnten gibt es Forschungsprojekte dazu, wie man menschliche Körper mit Ersatzgewebe aus Tieren reparieren könnte. Das ist in einem Teilbereich bereits üblich: Patienten bekommen Herzklappen von Schweinen oder Rindern eingesetzt. Auch Schwein-Inselzellen zur Behandlung von Diabetes erfüllen ihren Zweck.
Die Transplantation ganzer tierischer Organe wurde erstmals in den 1980er-Jahren versucht – aber nach dem berühmten Fall von Stephanie Fae Beauclair – bekannt als Baby Fae – weitgehend aufgegeben. Das Kind, das mit einem tödlichen Herzfehler geboren wurde, erhielt ein Pavianherz und starb innerhalb von 21 Tagen, weil das Immunsystem das fremde Herz abstieß.
Dennoch ist der Mangel an menschlichen Spenderorganen in vielen Ländern ein großer Anreiz, die Forschungen fortzusetzen. In den USA warten etwa 110.000 Patienten auf ein Organ, etwa 25 % sterben, ohne die lebensrettende Transplantation erhalten zu haben. In Deutschland standen zuletzt rund 9.000 Patienten auf der Warteliste für ein Spenderorgan.
Fortschritte in der Gentechnik machten das Forschungsfeld wieder attraktiver. Auch in Deutschland befasst sich ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderter Sonderforschungsbereich mit Sitz in München mit Xenotransplantation.
Der Berliner Virologe Denner betonte denn auch mit Blick auf die Operation in den USA: „Dieser ersten klinischen Xenotransplantation sind zahlreiche präklinische Studien an nicht-humanen Primaten vorangegangen, nicht nur in Baltimore, sondern auch in Deutschland. Diese Studien hätten gezeigt, dass ein Schweineorgan längere Zeit in einem Pavian funktionieren könne. In München seien bis zu 195 Tage erreicht worden. © kna/dpa/aerzteblatt.de

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