Ärzteschaft
Machbarkeitsstudie liefert Lösungen zur Optimierung der Notfallversorgung
Montag, 14. März 2022
Berlin – Die Kombination des Manchester-Triage-Systems (MTS) mit der Strukturierten medizinischen Ersteinschätzung in Deutschland (SmED) ist patientensicher umsetzbar. Dies zeigt eine heute vorgelegte gemeinsame Machbarkeitsstudie der KV Bayerns (KVB), des Klinikums Rosenheim und des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi).
Das gestufte Verfahren trage sowohl zur Verbesserung der Sicherheit von Patienten als auch zur Entlastung der Notaufnahmen von minder schweren Fällen bei, sagte Michael Bayeff-Filloff, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme am RoMed Klinikum Rosenheim. „Personen mit besonderen Risiken wurden sofort identifiziert. Auch Stichproben mit SmED zur Identifikation der sogenannten Redflags waren durchgängig erfolgreich.“
Um einen sofortigen Behandlungsbedarf zu erkennen, werden im Rahmen des Verfahrens alle Patienten zunächst durch eine Sichtungsfachkraft des Klinikums mit dem MTS nach Dringlichkeit priorisiert. Das in das KIS-System eingearbeitete MTS teilt die Patienten farbkodiert in fünf Gruppen ein. Patienten in den Ersteinschätzungsgruppen „sofort (rot)“ und „sehr dringend (orange)“ sowie Patienten, die bestimmte Untersuchungen oder Behandlungen benötigten, sind direkt in die Notaufnahme geleitet worden.
Patienten mit den Triagestufen „normal (grün)“ und „nicht dringend (blau)“ sowie „teilweise dringend (gelb)“ sind zudem durch eine Fachkraft der KVB mit der SmED-Software eingeschätzt worden. Soweit daraus eine Empfehlung zur vertragsärztlichen Behandlung hervorging, sind die Patienten zu Besetztzeiten der Kassenärztlichen Bereitschaftspraxis – die sich in Nachbarräumlichkeiten zur ZNA befindet – dort ärztlich behandelt worden. Zu Praxisöffnungszeiten konnten die Patienten vor einer Weiterleitung in eine externe Vertragsarztpraxis zunächst per Videotelefonie einem Vertragsarzt vorgestellt werden.
Im Gesamtergebnis seien rund drei Viertel der Hilfesuchenden durch die Notaufnahme behandelt worden, ein Viertel durch Vertragsärzte, so Bayeff-Filloff. Von den selbsteinweisenden Patienten sei ein Drittel durch Niedergelassene versorgt worden.
„Ich sehe noch weitere Möglichkeiten zur Entlastung der Notaufnahme. Etwa durch Einbeziehung eines Teils der vom Rettungsdienst eingelieferten Patienten in die Versorgung durch die KV Bereitschaftspraxis und von Patienten, die vermeintlich weitergehende Untersuchungen benötigten. Würde die KV-Bereitschaftspraxis mehr Möglichkeiten zur Diagnostik erhalten und würden niedergelassene Unfallchirurgen einbezogen, sind weitere Entlastungen der Notaufnahme denkbar“, betonte Bayeff-Filloff. Er wies jedoch darauf hin, dass große Notaufnahmen das gestufte Verfahren nicht ohne zusätzliches Personal am Empfangstresen bewältigen könnten.
Auf einen „Zufallsbefund“ verwies der Zi-Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried. Demnach sah sich etwa die Hälfte der Patienten, die eine Videokonsultation in Anspruch genommen haben, bereits ausreichend ärztlich beraten. Dies spreche dafür, das Angebot der Videotelefonie an dieser Stelle zu erweitern. Insgesamt könnten die positiven Ergebnisse der Studie durchaus im Rahmen einer weitergehenden Notfallversorgungsreform vom Gesetzgeber aufgegriffen werden.
„Um die Schnittstellenproblematik in der Notfallversorgung schnell und sicher zu lösen, braucht es Kooperationen vor Ort zwischen Kliniken und Praxen. Ein bundeseinheitlicher Rahmen sollte jeder KV vor allem ermöglichen, die Kooperationskonzepte zu erarbeiten, die zu der jeweiligen Versorgungstruktur am besten passen“, betonte der KVB-Vorstandsvorsitzende Wolfgang Krombholz.
Die KVB wolle auf Basis der Ergebnisse der Machbarkeitsstudie ihr bereits seit zehn Jahren erfolgreiches Netz mit 135 Bereitschaftspraxen (davon befinden sich 119 an Kliniken) und dem ärztlichen Bereitschaftsdienst zu einer noch engeren Kooperation mit den Kliniken weiterentwickeln, so Krombholz.
Der KVB-Vorstandvorsitzende richtete zugleich einen Appell an den Gesetzgeber, dass für solche Angebote eine angemessene Finanzierungsgrundlage geschaffen werden müsse. © aha/aerzteblatt.de

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