Ärzteschaft
Coronainfektion und Folgen häufigste Berufskrankheit
Mittwoch, 23. März 2022
München – Seit Beginn der Coronapandemie vor zwei Jahren sind 202.945 Verdachtsmeldungen im Zusammenhang mit COVID-19 bei den gesetzlichen Unfallversicherungen eingegangen. Davon entfielen 169.089 Meldungen auf Berufskrankheiten, 33.856 mal wurde ein Verdacht auf einen Arbeitsunfall gemeldet.
Diese Zahl nannte heute die Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) mit Verweis auf eine Sonderauswertung der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen. Damit seien COVID-19-Infektionen und deren Folgen aktuell „mit Abstand die häufigste gemeldete Berufskrankheit“, erklärte die DGAUM anlässlich der 62. Wissenschaftlichen Jahrestagung.
Bisher hat es laut Fachgesellschaft jährlich rund 80.000 Verdachtsmeldungen von Berufskrankheiten insgesamt gegeben. An der Spitze lagen 7.400 Fälle von Schwerhörigkeit durch Lärm sowie der von Sonneneinstrahlung verursachte Hautkrebs mit rund 4.000 Fällen im Jahr, gefolgt von asbestbedingten Krankheiten mit etwa 3.100 Fällen. „Bei COVID-19 sehe man nun ganz andere Zahlen“, sagte DGAUM-Präsident Thomas Kraus.
Von den entschiedenen Fällen wurden laut DGAUM 74,8 Prozent bisher als Berufskrankheit von den gesetzlichen Unfallversicherungen anerkannt. Bei Arbeitsunfällen liegt die Anerkennungsquote mit 30,7 Prozent deutlich niedriger. Das liege unter anderem auch daran, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen einer Infektion und der Situation am Arbeitsplatz schwieriger zu ermitteln sei, hieß es.
Bei einer Anerkennung von COVID-19 als Berufskrankheit oder als Arbeitsunfall verfügen Beschäftigte laut DGAUM in aller Regel über einen besseren Versicherungsschutz, weil in diesen Fällen die gesetzliche Unfallversicherung die Kosten übernimmt.
Pflegekräfte sind der Auswertung zufolge die Berufsgruppe, in denen sich versicherte Personen mit 66,5 Prozent aller Verdachtsanzeigen am häufigsten infizieren und erkranken. Ärzte machen 4,5 Prozent der Meldungen aus.
Insbesondere schwere Krankheitsverläufe können nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand mit Langzeitfolgen assoziiert werden (Post COVID/Long COVID) und Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit haben. Die gesundheitlichen Langzeitfolgen der Coronapandemie sind derzeit nicht abschließend zu bewerten.
Die Arbeitsmedizin beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Pandemie auf die Beschäftigten sowohl im Hinblick auf veränderte Arbeitsbedingungen als auch der gesundheitlichen Auswirkungen und Arbeitsfähigkeit nach einer Infektion. Je nach beruflicher Tätigkeit wird dabei unterschieden, ob es sich bei einer COVID-19-Erkrankung um eine Berufskrankheit oder einen Arbeitsunfall handelt.
Beschäftigte im Gesundheitswesen, in der Wohlfahrtspflege und im Labor, sowie Berufe mit einem vergleichbaren Infektionsrisiko sind in der Regel aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt, weshalb es in dieser Berufsgruppe häufiger zu einer Anerkennung von COVID-19 als Berufskrankheit kommt.
Von einem Arbeitsunfall ist der DGAUM zufolge dann die Rede, wenn die Ansteckung am Arbeitsplatz erfolgt, jedoch nicht als Folge einer bestimmten beruflichen Tätigkeit mit einem erhöhten Risiko zu sehen ist.
„Aus diesem Grund ist hier künftig verstärkt betriebsärztliche Expertise gefragt, wenn es um die richtige Einordnung geht“, sagte DGAUM-Präsident Thomas Kraus. Betriebsärzte würden über eine entsprechende Ausbildung verfügen, Gefährdungen am Arbeitsplatz richtig einschätzen zu können. © may/dpa/aerzteblatt.de

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