Medizin
COVID-19: EMA empfiehlt langwirksame Antikörperkombination Evusheld zur Präexpositionsprophylaxe
Freitag, 25. März 2022
Amsterdam – Die präventive Injektion der beiden langwirksamen Antikörper Tixagevimab und Cilgavimab hat in einer klinischen Studie die Zahl der COVID-19-Erkrankungen bei Risikopatienten deutlich gesenkt.
Das Präparat Evusheld, das in den USA seit dem 8. Dezember zugelassen ist, wird in Kürze auch in Europa erhältlich sein. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur EMA hat sich für eine Zulassung ausgesprochen, die in Kürze durch die Europäische Kommission erfolgen dürfte.
Die Vorläufer von Tixagevimab und Cilgavimab wurden in den B-Zellen von Patienten gefunden, die eine Infektion mit SARS-CoV-2 überstanden hatten. Die Gene wurden modifiziert, um die Halbwertzeit der beiden Antikörper zu verlängern. Die Schutzwirkung von Evusheld hält vermutlich 6 Monate an, bevor eine erneute Injektion notwendig wird.
Eine präventive Gabe kommt vor allem für Risikopatienten infrage, deren Immunsystem nicht in der Lage ist, nach einer Impfung genügend protektive Antikörper zu bilden. Eine 2. Indikationsgruppe könnten Personen sein, für die eine Impfung etwa wegen bekannter schwerer allergischer Reaktionen nicht infrage kommt. In den USA ist die Indikation von Evusheld auf diese beiden Gruppen beschränkt. Die EMA nennt in der Pressemitteilung keine derartigen Beschränkungen. Evusheld darf bei Erwachsenen und bei Jugendlichen ab 12 Jahren mit einem Gewicht von mindestens 40 kg eingesetzt werden.
Die Zielgruppe dürfte jedoch dieselbe sein wie in den USA. Der Hersteller schätzt, dass in der EU etwa 3 Millionen Menschen immungeschwächt sind oder mit immunsuppressiven Medikamenten behandelt werden.
Die Zulassung beruht auf den Ergebnissen der Phase-3-Studie PROVENT. Teilnehmer waren zum einen Personen im Alter ab 60 Jahre, die aufgrund bestimmter Erkrankungen (Fettleibigkeit, dekompensierte Herzinsuffizienz, chronisch obstruktive Lungenerkrankung, chronische Nierenerkrankung, chronische Lebererkrankung) oder einer Abwehrschwäche ein erhöhtes Risiko auf COVID-19 hatten oder nicht für eine Impfung geeignet waren. Die 2. Gruppe waren Personen, die aufgrund ihrer Wohnsituation oder ihres Berufs einem erhöhten Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion ausgesetzt waren.
In der PROVENT-Studie kam es nach den intramuskulären Injektionen der beiden Antikörper (wobei beide separat injiziert werden) nur bei 8 von 3.441 Teilnehmern (0,2 %) zu einer symptomatischen Erkrankung an COVID-19 gegenüber 17 von 1.731 Teilnehmern (1,0 %) der Placebogruppe. Dies ergibt eine Risikominderung um 77 %, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 46 % bis 90 % signifikant war. Bei keinem der mit Evusheld behandelten Patienten kam es zu einer schweren Erkrankung mit Pneumonie oder Hypoxämie gegenüber 1 schweren Erkrankung in der Placebogruppe.
In einer Post-hoc-Analyse mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 6,5 Monaten stieg die relative Risikoreduktion leicht auf 83 % (95-%-Konfidenzintervall 66 % bis 91 %) mit 11 Erkrankungen (0,3 %) in der Evusheldgruppe gegenüber 31 Erkrankungen (1,8 %) in der Placebogruppe.
Die Verträglichkeit von Evusheld war gut. Unerwünschte Ereignisse traten nicht häufiger auf als in der Placebogruppe. In der PROVENT-Studie kam es nach der Behandlung allerdings bei 22 Patienten (0,6 %) zu schweren kardialen Ereignissen gegenüber 3 Ereignissen (0,2 %) in der Placebogruppe.
Die FDA hat aufgrund der Fälle einen Warnhinweis in die Fachinformation aufgenommen, obwohl ein kausaler Zusammenhang nach Ansicht der Behörde nicht belegt ist. Alle Patienten hatten kardiale Risikofaktoren oder eine Herz-Kreislauf-Erkrankung in der Vorgeschichte.
Auch in der TACKLE-Studie, die derzeit den Nutzen von Evusheld in der Behandlung von leichten bis mittelschweren Erkrankungen prüft (deren Beginn nicht länger als 7 Tage zurückliegt), ist es bei 3 von 452 Patienten zu einem schweren kardialen Ereignis gekommen: 2 Patienten erlitten einen akuten Myokardinfarkt, von denen 1 Patient am anschließenden Herzversagen starb. Der 3. Patient erlitt einen plötzlichen Herztod.
In der Placebogruppe kam es bei 1 von 451 Patienten zu einer Herzrhythmusstörung. Auch hier bestanden bei allen Patienten kardiale Risikofaktoren oder Vorerkrankungen. Evusheld ist auch in den USA derzeit nicht zur Behandlung von COVID-19 zugelassen. Der Einsatz ist auf die Präexpositionsprophylaxe beschränkt.
Eine gewisse Unsicherheit ergibt sich aus der Tatsache, dass die Studien vor dem Auftauchen der Omikron-Variante durchgeführt wurden. Laborstudien zeigen laut EMA, dass die Omikron BA.1-Variante in einer Dosis von 150 mg möglicherweise weniger empfindlich auf Tixagevimab und Cilgavimab reagiert als die Omikron BA.2-Variante. Die EMA wird die Daten in den kommenden Wochen auswerten, um zu beurteilen, ob die Dosierung an die neue Situation angepasst werden müsste. © rme/aerzteblatt.de

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