Medizin
Psychische Erkrankungen könnten Risikofaktor für SARS-CoV-2-Durchbruchinfektionen sein
Donnerstag, 14. April 2022
San Francisco – Psychische Erkrankungen stehen offenbar in Verbindung mit einem erhöhten Risiko für eine SARS-CoV-2-Durchbruchinfektion nach vollständiger COVID-19-Impfung. Am stärksten sei diese Assoziation bei älteren Menschen gewesen, berichten US-Forschende in JAMA Network Open (DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.7287).
„Die mit psychischen Erkrankungen assoziierten Vulnerabilitäten könnten mit den typischen Vulnerabilitäten des höheren Alters interagieren und so zu einem erhöhten Risiko für Durchbruchinfektionen führen“, schreiben Erstautorin Kristen Nishimi vom Mental Health Service des San Francisco Veterans Affairs Health Care System in San Francisco und ihre Kollegen
Für die retrospektive Kohortenstudie werteten die Forschenden Patientendaten der US-Veteranenbehörde von Februar 2020 bis November 2021 aus. Die 263.697 eingeschlossenen Studienteilnehmer – vorwiegend Männer Mitte 60 – waren 2-fach gegen COVID-19 geimpft und hatten in der Vergangenheit noch keine dokumentierte COVID-19-Infektion gehabt.
Erhöhte Inzidenz auch nach Adjustierung
Insgesamt 135.481 (51,4 %) von ihnen hatten mindestens eine diagnostizierte psychische Erkrankung. Eine Durchbruchinfektion entwickelten 39.109 (14,8 %) der Teilnehmenden.
Das Vorliegen einer psychischen Erkrankung war generell mit einer erhöhten Inzidenz von Durchbruchinfektionen assoziiert, auch nach Adjustierung um potenzielle Störfaktoren (aRR 1,07; 95-%-KI 1,05-1,09) sowie zusätzlich um Komorbiditäten und Rauchen (aRR 1,03; 95-%-KI 1,01-1,05).
Die meisten der untersuchten psychischen Erkrankungen waren auch für sich genommen mit einer erhöhten Inzidenz von Durchbruchinfektionen assoziiert. Am höchsten waren die relativen Risiken in vollständig adjustierten Modellen bei Anpassungsstörungen (aRR 1,13; 95-%-KI 1,10-1,16) und Substanzmissbrauch (aRR 1,16; 95-%-KI 1,12-1,21).
Assoziation bei Älteren am stärksten
Eine Stratifizierung der Stichprobe nach dem Alter – unter und über 65 Jahre – ergab, dass die Assoziation zwischen psychischen Erkrankungen und Durchbruchinfektionen in beiden Altersgruppen vorhanden war. Doch stärker und robuster gegenüber Adjustierungen um Komorbiditäten und Rauchen war sie bei den älteren Patienten.
Die erhöhte Inzidenz von Durchbruchinfektionen bei den Studienteilnehmern mit psychischen Erkrankungen ließ sich nicht durch soziodemografische Faktoren, den Impfstofftyp, den Zeitpunkt der Impfung, Komorbiditäten, Adipositas oder Rauchen erklären.
Gezielte Präventionsmaßnahmen
Die Autoren schreiben, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen ein erhöhtes Risiko haben könnten, sich nach einer vollständigen Impfung eine COVID-19-Infektion zuzuziehen, was auf einen Bedarf an gezielten Präventionsmaßnahmen hindeute.
Psychische Erkrankungen können mit einer beeinträchtigten zellulären Immunität und einer verringerten Impfantwort einhergehen. „Möglicherweise sprechen Menschen mit psychischen Erkrankungen deshalb auch schlechter auf die COVID-19-Impfung an, spekulieren die Autoren. Außerdem sei in einigen Studien gezeigt worden, dass psychische Erkrankungen mit einem verstärkten Risikoverhalten für die Infektion mit COVID-19 einhergeht. Auch dies könnte Durchbruchinfektionen begünstigen. © nec/aerzteblatt.de

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