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Medizin

Patient über 16 Monate mit SARS-CoV-2 infiziert – auch okkulte Infektion möglich

Freitag, 22. April 2022

/peterschreiber.media, stock.adobe.com

London – Menschen mit einer Abwehrschwäche des Immunsystems können über Monate mit SARS-CoV-2 infiziert bleiben. In einer Studie, die die mögliche Entstehung von neuen Varianten bei diesen Patienten untersucht, war ein Patient über 505 Tage infiziert, bevor er an COVID-19 starb.

In einem weiteren Fall dauerte die Infektion an, obwohl PCR-Tests zwischenzeitig negativ ausgefallen waren. Dies zeigen Studienergebnisse, die auf der Jahrestagung des European Congress of Clinical Microbiology and Infectious Diseases in Lissabon vorgestellt wurden.

Chronische Infektionen von immunsupprimierten Patienten gelten als potenzielle „Brutstätte“ für neue Virusvarianten. Zwar konnte ein solcher Ursprung für keine der bisherigen Pandemie­varianten nachgewiesen werden. Eine Langzeitbeobachtung von 9 Patienten mit persistierenden Infektionen, die Luke Snell vom King’s College London auf der Tagung vorstellte, zeigt jedoch, dass die Viren sich bei Langzeitinfektionen verändern können. Dies war erwartet worden, weil die RNA-Polymerase, die SARS-CoV-2 zum Kopieren seines Erbguts verwendet, fehleranfällig ist.

Auch bei den 9 Patienten kam es im Verlauf der chronischen Infektion zu Mutationen. Darunter waren laut Snell mehrere Mutationen, die bei den besorgniserregenden Varianten Alpha, Delta und Omikron auftreten. Darunter waren 2 Isolate mit der Mutation E484K, die in Beta vorkommt. In 2 Isolaten wurden die für Alpha typische Deletion 69-70 und die Mutation Q27* gefunden.

Bei einem Patienten seien gleich 10 Mutationen der Varianten aufgetreten, berichtet Snell, niemals aber der komplette Satz, die die Varianten definieren. Es gebe auch keinen Hinweis, dass sich die bei den 9 Patienten entstandenen neuen Virusvarianten in der Umgebung ausgebreitet haben.

Alle 9 Patienten hatten ein geschwächtes Immunsystem: 2 Patienten nahmen nach Organtrans­plantationen Immunsuppressiva ein, 2 Patienten waren mit HIV infiziert, 1 Patient wurde mit Rituximab behandelt, das die Antikörper produzierenden B-Zellen beseitigt, bei 1 Patient war der Thymus entfernt worden, 1 Patient hatte eine hämatologische Malignität, 1 Patient war über längere Zeit mit Steroiden behandelt worden.

Insgesamt 4 der 9 Patienten sind inzwischen an COVID-19 gestorben. Von den 5 Überlebenden ist die Infektion bei 2 Patienten ohne Behandlung ausgeheilt. Bei 2 Patienten war eine Behand­lung mit Casirivimab/Imdevimab und Remdesivir erfolgreich. Bei 1 Patienten hält die Infektion nunmehr seit 412 Tagen an. Die bisher längste Infektion wurde allerdings bei 1 Patienten gefunden, der nach 505 Tagen an COVID-19 gestorben ist.

Bei einem weiteren Patienten ist es vermutlich zu einer okkulten (maskierten) Infektion gekommen. Der Patient hatte sich mit der Alpha-Variante infiziert. Er schien sich zwischenzeitig erholt zu haben, weil mehrere PCR-Tests negativ waren. Später wurde er erneut positiv getestet. Eine Reinfektion schließt Snell aus, da der Patient weiterhin mit der Alpha-Variante infiziert war, die zu diesem Zeitpunkt in Großbritannien nicht mehr vorkam. © rme/aerzteblatt.de

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