Medizin
Roboter-PCI senkt Strahlenbelastung des Arztes
Montag, 25. April 2022
Freiburg/Bad Krozingen und Gießen – Die Robotik, die in der Chirurgie schon seit längeren eingesetzt wird, drängt derzeit auch in die Kardiologie. Bei der perkutanen Koronarintervention (PCI) können Roboter die Stentimplantation in komplexen Läsionen erleichtern. Ein wichtiger Vorteil ist auch die Senkung der Strahlenbelastung für die Ärzte.
Eine PCI ist nur mit Unterstützung einer radiologischen Durchleuchtung möglich. Sie zeigt dem Kardiologen die Lage der Stenosen und die Position des Katheters, der sie aufdehnen und heute in der Regel mit einem Stent offen halten soll. Derzeit kann sich das Personal nur mit schweren Bleischürzen vor einer Strahlenexposition schützen. Deren Gewicht kann jedoch auf Dauer zu orthopädischen Problemen führen, zumal die Kardiologen ihre Tätigkeit in einer anstrengenden gebückten Körperhaltung vornehmen, wie Constantin von zur Mühlen vom Universitätszentrum Freiburg/Bad Krozingen auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) ausführte. Da die Bleischürzen nicht den Kopf schützen, besteht das Restrisiko von Hirntumoren, die bereits in Einzelfällen bei Kardiologen beschrieben wurden.
Bei dem Roboterarm „Corindus CorPath GRX“ der Firma Siemens kann der Kardiologe nach dem Legen des Katheters die Behandlung in einem Nebenraum geschützt vor jeglicher Strahlung und in einer schonenden Körperhaltung vornehmen. Die ersten Erfahrungen in Freiburg seien gut, so von zur Mühlen. Erfahrene Interventionalisten würden die Technik nach einer steilen Lernkurve bald beherrschen.
In Freiburg seien bei den ersten 51 Patienten keine periprozeduralen Komplikationen aufgetreten. Die PCI sei in allen Fällen gelungen, auch wenn bei 8 Patienten ein Wechsels auf eine manuelle PCI notwendig wurde.
Auch an anderen Zentren werden gute Erfahrungen mit der Robotik gemacht. Ein Team um Holger Nef von der Universitätsklinik Gießen berichtete über 32 Patienten, bei denen die PCI mit robotischer Unterstützung durchgeführt wurde. Zum Einsatz kam „CorPath GXR SystemTM“ von der Firma Corindus aus Waltham/Massachusetts. Im Rahmen der „ROBO.pci“-Studie wurden die Ergebnisse mit 41 Patienten verglichen, bei denen die PCI manuell durchgeführt wurde.
Bei komplexen Läsionen war die robotische PCI zwar etwas langsamer. Die PCI-Dauer stieg von 165,0 Sekunden auf 450,5 Sekunden und die gesamte Prozedurzeit von 1.139 auf 2.727 Sekunden. Die Unterschiede waren bei der geringen Anzahl der Patienten jedoch statistisch nicht signifikant. Die reine „wire-time“ wurde sogar leicht von 55,5 auf 50,5 Sekunden gesenkt (ebenfalls nicht signifikant).
Einen Vorteil sehen die Gießener Kardiologen ebenfalls in der deutlich geringeren Strahlenbelastung von Kopf, Thorax und Hand von 2,2 µSv bei Verwendung des Roboters gegenüber 4,0 µSv bei einer manuellen PCI. Die Robotik senkte auch die verwendete Kontrastmittelmenge von 136,0 auf 110,0 ml. Die rPCI sei deshalb eine vielversprechende zukünftige Alternative zur manuellen PCI auch bei komplexen Koronarmorphologien, findet Prof. Nef.
Nach Ansicht von Prof. von zur Mühlen eröffnet die Robotik neue Perspektiven. Dazu gehört die Möglichkeit, Kollegen in anderen Kliniken in schwierigen Situationen zu unterstützen. Diese Telerobotik sei in den USA bereits erprobt worden – nicht nur zwischen benachbarten Städten wie New York und Boston, sondern auch transkontinental zwischen Kliniken an der West- und Ostküste der USA. Voraussetzung sei allerdings eine gute Internetverbindung (5G Netz), da eine allzu große Latenzzeit zwischen den Kommandos der Ärzte und den Aktionen in den Koronarien des Patienten vermieden werden müsse. © rme/aerzteblatt.de
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