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Suizidrisiko bei Krebspatienten stark erhöht
Dienstag, 26. April 2022
Heidelberg/Regensburg – Patienten mit einer Krebserkrankung haben gegenüber der Normalbevölkerung ein nahezu verdoppeltes Suizidrisiko.
Das berichtet eine Arbeitsgruppe des Universitätsklinikums Heidelberg und der Universität Regensburg in der Fachzeitschrift Nature Medicine (DOI: 10.1038/s41591-022-01745-y). Die Forscher empfehlen eine möglichst frühzeitige psychoonkologische Unterstützung.
Das interdisziplinäre Team unter Leitung von Corinna Seliger-Behme, Oberärztin an der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Heidelberg, hat Daten von knapp 47 Millionen Krebspatienten aus Industrienationen analysiert. Die Analyse zeigt, dass Suizide bei Krebspatienten fast doppelt so häufig wie in der Allgemeinbevölkerung vorkommen.
Das Suizidrisiko steht dabei in engem Zusammenhang mit verschiedenen Risikofaktoren, unter anderem mit der Prognose der Krebserkrankung, dem Krankheitsstadium, der Zeit seit Bekanntwerden der Krebsdiagnose und dem Familienstand.
„Patientinnen und Patienten mit einer prognostisch besonders ungünstigen Krebserkrankung und solche, deren Krebsdiagnose weniger als ein Jahr zurücklag, zeigten in unserer Studie ein 3,5 beziehungsweise dreifach erhöhtes Suizidrisiko im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung“, berichtet Seliger-Behme.
Auch der Familienstand hat Auswirkungen: Verheiratete Krebspatienten wiesen eine niedrigere Suizidsterblichkeit auf als unverheiratete alleinlebende Krebspatienten.
„Aus Studien ist bereits bekannt, dass verheiratet zu sein suizidpräventiv wirkt, was vermutlich darauf beruht, dass der Partner eine Stütze bei der Bewältigung einer Krebsdiagnose sein kann“, hieß es aus der Arbeitsgruppe. Aufgrund fehlender Daten war es allerdings nicht möglich, das Suizidrisiko von Krebspatienten zu bewerten, die in einer Beziehung leben, aber nicht verheiratet sind.
„Der Zugang zu professioneller psychoonkologischer Begleitung und Nachsorge sollte ein integraler Bestandteil jeder Krebstherapie sein“, fordert Till Johannes Bugaj, Leiter des psychoonkologischen Beratungsdienstes am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg.
Ein weiterer wichtiger Baustein für die Suizidprävention bei Krebspatienten und -patientinnen bildet laut der Arbeitsgruppe die Palliativmedizin.
„Viele Menschen mit Krebs sind nicht depressiv im psychiatrischen oder psychotherapeutischen Sinne, sondern haben ganz konkrete Angst vor Siechtum oder anderem schlimmem Leiden“, erläutert Bernd Alt-Epping, Ärztlicher Direktor der Klinik für Palliativmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg. Dem setzte die Palliativmedizin breite Unterstützung und Symptomlinderung entgegen, betonte er. © hil/aerzteblatt.de

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