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Politik

Beim Pflegebonus sehen sich alle als Verlierer

Mittwoch, 27. April 2022

/MQ-Illustrations, stock.adobe.com

Berlin – Eine Milliarde Euro sollen nach dem Willen der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP an Kran­kenhäuser und stationäre Pflegeeinrichtungen als erneute Coronaprämie verteilt werden. Andere Berufs­grup­pen fühlen sich missachtet, wie eine Anhörung heute im Gesundheitsausschuss des Bundestags zeigte.

Die Forderung, ebenfalls eine Prämie zu erhalten, kam heute aus fast allen anderen Ecken des Gesund­heits­wesens. Man habe kein Verständnis dafür, dass Hebammen keinen Bonus erhielten, hieß es zum Beispiel vom Deutschen Hebammenverband. Man habe „keine Worte, dass die Hebammen dort vergessen“ worden seien.

Die Heilmittelerbringer sollten auch zu den Empfängern der Prämie gehören, betonte Heinz-Christian Esser, Ge­schäftsführer des Spitzenverbands der Heilmittelverbände. Ähnliche Kritik kam aus anderen Bereichen. So würden auch Leiharbeitnehmer, Mitarbeiter in Laboren, Zahnmedizinische (ZFA) und Medizinische Fachange­stellte (MFA) weiter­hin vergessen.

Die Mehrbelastung der MFA und ZFA sei vergleichbar mit der der Pflegekräfte gewesen, sagte Hannelore König vom Verband Medizinischer Fachberufe. Diese hätten in der zweiten und dritten Welle die Überlastung der Gesundheitsämter aufgefangen.

Sie bemängelte, die Leistung von ZFA und MFA habe man „in der gesamten Pandemie“ nicht gesehen. Der Bo­nus wäre ein „Zeichen der Wertschätzung“ und ein „wichtiges Signal“. Sie bitte Ausschuss und die Abgeordne­ten das Pflegebonusgesetz noch einmal weiterzuentwickeln und MFA und ZFA einzubinden.

Unterstützung erhielt sie erneut von den Ärzten. Der ambulante Bereich habe als Wellenbrecher für die Kran­kenhäuser fungiert, die große Masse der Coronapatienten versorgt, beim Impfen den Unterschied gemacht und beim Testen mitgearbeitet, erklärte Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärzt­li­chen Bundesvereinigung (KBV). Ein Bonus sei „angemessen und notwendig“. Er schlug als „Rückfallposition“ zumindest einen steuerfreien Bonus vor, der von Arbeitgebern ausgezahlt werden könnte.

Kritik kam auch aus den Krankenhäusern und der Pflege, dabei ging es vor allem um die Verteilung innerhalb der Berechtigtengruppen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft appellierte an den Gesetzgeber, die Mittel aufzustocken, um Abgrenzungsprobleme zu beheben. Ulrike Döring, Deutscher Pflegerat, findet den Pflege­bonus in der bestehenden Form „sehr ungerecht“. Sie bezieht sich dabei auf die festgelegten Faktoren, welches Personal auf welchen Stationen Geld erhalten soll.

Die Krankenkassen boten heute an, die Mittelvergabe wie bei den letzten Prämien abzuwickeln. Sie sehen die Lösung als gangbar an. Im Unterschied zu den letzten Bonuszahlungen gebe es nun Konkretisierung, wer Geld bekommen solle, sagte Wulf-Dietrich Leber vom GKV-Spitzeverband. Das sei sinnvoll. Er wies darauf hin, dass es sicher hundertmal mehr Menschen gebe, die eine Prämie verdient hätten. Bei den verfügbaren Mitteln rede man dann aber über Prämien von 20 Euro. „Eine Milliarde ist eine Milliarde“, sagte er.

Pflegekräfte in Krankenhäusern und in der Seniorenbetreuung sollen nach dem Willen der Bundesregierung für ihren besonderen Einsatz in der Coronapandemie belohnt werden. Die Ampel will dafür insgesamt eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen – davon sollen jeweils 500 Millionen Euro an die Krankenhäuser und an die Pflegeeinrichtungen gehen.

Den vollen Bonusbetrag von 550 Euro sollen Vollzeitbeschäftigte in der direkten Pflege und Betreuung erhal­ten – „gestaffelt nach Nähe zur Versorgung, Qualifikation, Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit“. Bis zu 370 Euro bekommen andere Beschäftigte, die in oder für eine zuge­lassene Pflegeeinrichtung in der Altenpflege tätig sind und die mindestens 25 Prozent ihrer Arbeitszeit gemeinsam mit Pflegebedürf­ti­gen tätig sind. Einen Bonus sollen auch Auszubildende, Freiwilligendienstleistende, Helfer im frei­willi­gen sozialen Jahr und Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer erhalten. Der Bonus ist steuer­frei.

Ausgezahlt werden soll der Bonus ab dem 30. Juni, spätestens bis zum 31. Dezember 2022 über die Arbeitge­ber. Profitieren sollen Beschäftigte von Pflegediensten und Pflegeheimen, die zwischen dem 1. November 2020 und dem 30. Juni 2022 für mindestens drei Monate in der Altenpflege tätig waren und am 30. Juni 2022 noch beschäftigt sind.

Die 500 Millionen Euro für die Krankenhäuser sollen an Kliniken verteilt werden, die zwischen Januar und Dezember vergangenen Jahres mehr als zehn coronabedingte Beatmungsfälle hatten. Profitieren sollen nach Ministeriumsangaben 280.000 Pflegekräfte in etwa 837 Krankenhäusern. In diesen wurden 95 Prozent aller COVID-Patienten versorgt. Bereits im Jahr 2020 hatte die Bundesregierung einen Pflege­bonus ermöglicht. Damals lag der Höchst­betrag bei 1.000 Euro. © may/aerzteblatt.de

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