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Ausland

Oberster US-Gerichtshof könnte Recht auf Schwangerschafts­abbrüche kippen

Dienstag, 3. Mai 2022

/picture alliance, AP, Alex Brandon

Washington – Der Oberste Gerichtshof der USA bereitet offenbar eine Abschaffung des landesweiten Rechts auf Schwangerschaftsabbrüche vor. Das Nachrichtenportal Politico veröffentlichte in einem höchst unge­wöhnlichen Vorgang einen entsprechenden Entwurf der Mehrheitsmeinung der Richter.

Vor dem Gerichtsgebäude in Washington versammelten sich daraufhin spontan mehrere hundert Demons­tranten für das Abtreibungsrecht, aber auch Unterstützer eines Verbots von Schwangerschaftsabbrüchen.

In dem veröffentlichen Entwurf bezeichnet der konservative Richter Samuel Alito die Grundsatzentscheidung „Roe v. Wade“ aus dem Jahr 1973, die das Recht auf Abbrüche landesweit festschrieb, als „von Anfang an unge­heuerlich falsch“. Dieses Recht sei „nicht tief in der Geschichte und den Traditionen der Nation verwur­zelt“.

Das „Row v. Wade“-Urteil solle daher zusammen mit einer weiteren Gerichtsentscheidung zum Schwanger­schaftsabbruch („Planned Parenthood v. Casey“) „aufgehoben“ und die Frage der Abbrüche an die gewählten Volksvertreter zurückgegeben werden, erklärte Alito. Die US-Verfassung verbiete keine eigenen Regeln der einzelnen Bundesstaaten zu dieser „tief moralischen Frage“.

In „Roe v. Wade“ hatte der Oberste Gerichtshof entschieden, dass der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen ein verfassungsmäßiges Recht jeder Frau ist. In „Planned Parenthood v. Casey“ garantierte das Gericht 1992 das Recht auf den Schwangerschaftsabbruch, bis der Fötus außerhalb des Mutterleibs lebensfähig wäre – in der Regel nach der 22. bis 24. Schwangerschaftswoche. In Fall einer Abschaffung wird erwartet, dass rund die Hälfte der US-Bundesstaaten rasch weitgehende Verbote einführen würden.

Politico berichtete aus informierten Kreisen, dass vier weitere konservative Richter mit Alito stimmen wollten. Die drei liberalen Verfassungsrichter arbeiteten demnach an einer abweichenden Meinung. Wie der Oberste Richter John Roberts stimmen will, sei nicht bekannt. Eine Entscheidung der Verfassungsrichter wird für Juni erwartet.

Mehrere konservativ regierte Bundesstaaten haben in Erwartung der Supreme-Court-Entscheidung bereits schärfere Gesetze beschlossen. In Texas trat im vergangenen September das sogenannte Herzschlaggesetz in Kraft, das Abbrüche etwa ab der sechsten Schwangerschaftswoche verbietet.

Ex-Präsident Donald Trump hatte während seiner Amtszeit drei neue Verfassungsrichter ernannt und damit eine klare konservative Mehrheit von sechs der neun Richtern geschaffen.

Das Thema Schwangerschaftsabbrüche ist in den USA so umstritten wie kein zweites. Das zeigt auch der aktuelle Vorgang. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass es noch nie ein solches Leak gegeben hat“, erklärte der Jurist und ehemalige Oberste Anwalt der USA, Neal Katyal, zu dem von Politico eröffentlichten Entwurf. Er halte das Dokument für echt.

Führende Demokraten äußerten scharfe Kritik. Die Abschaffung des Abtreibungsrechts wäre „eine der schlimmsten und schädlichsten Entscheidungen in der modernen Geschichte“, erklärten die Vorsitzende Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und der Chef der demokratischen Senatoren, Chuck Schumer.

„Das ist die beste und wichtigste Nachricht unseres Lebens“, kommentierte hingegen die republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Green. Der Senator Josh Hawley forderte den Gerichtshof auf, die endgültige Entscheidung „jetzt“ zu veröffentlichen.

Infolge des Politico -Berichts versammelten sich spontan hunderte Menschen vor dem Obersten Gerichtshof, um gegen eine Abschaffung des Rechts auf Abbrüche zu protestieren. Sie stehe „buchstäblich unter Schock“, sagte die 23-jährige Abby Korb. Schwangerschaftsabbrüche illegal zu machen, werde sie nicht beenden, sondern nur gefährlicher machen.

Auch Unterstützer verschärfter Regelungen für Schwangerschaftsabbrüche demonstrierten. Die 55-jährige Claire Rowan, Mutter von sieben Kindern, sagte, sie hoffe nun, dass die Menschen „Gott um Vergebung bitten“, damit die USA „heilen“ könnten.

Die Organisation Planned Parenthood, die landesweit Kliniken betreibt, bezeichnete den geleakten Entwurf als „empörend“. Es würden „unsere größten Befürchtungen wahr“, erklärte die Organisation.

Der Onlinehändler Amazon kündigte an, seinen Angestellten in den USA künftig die Reisekosten für Abbrüche zu erstatten. Eine Reihe von Unternehmen hatte als Reaktion auf drohende, lokale Verschärfungen des Abtreibungsrechts bereits ähnliche Schritte angekündigt. © afp/aerzteblatt.de

Kommentare

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Avatar #79783
Practicus
am Mittwoch, 4. Mai 2022, 01:57

@Claus F. Dieterle

Hmmmm... schon mal Videos gesehen von misshandelten ungeliebten Kindern, aufgewachsen mit dem Wissen "ich hätte dich lieber weggemacht"? Von den ruinierten Biografien viel zu junger Mütter, ihrer träume und Pläne beraubt?
Was hat der Staat im Uterus von Frauen verloren, wenn schon die Pflicht zum Tragen einer Maske als Freiheitsbeschränkung betrachtet wird? Oder die Hinnahme einer Impfung?
Würden Sie einem Gesetz zustimmen, das sie dazu verpflichtet, Knochenmark, Blut, eine Niere oder ein Stück Leber zur Verfügung zu stellen, wenn damit ein Menschenleben gerettet werden kann? Aber eine Frau soll ihren Uterus zur Verfügung stellen und das Risiko von Schwangerschaft und Geburt tragen, damit Ihre religiösen Gefühle nicht verletzt werden?
Wir reden hier von einem Zellhaufen ohne ein Spur von Bewusstsein.
Und sparen Sie sich ihre Religion - auch katholische Schwestern haben nicht lebensfähige Föten unter 35cm Länge früher ohne Bedenken in den Abfall entsorgt, "wozu ein Begräbnis?"
Das "post-abortion-syndrome" ist eine Störung, die Frauen aufgedrückt wird, die abbrechen mussten und denen von Menschen wie Ihnen ein ständiger Rechtfertigungsdruck auferlegt wird.
Kümmern Sie sich lieber um die geborenen Kinder!
Avatar #113003
Claus-F-Dieterle
am Dienstag, 3. Mai 2022, 22:26

Wirklich informiert?

Haben sich die Befürworter mal Videos angesehen, wie die ungeborenen Kinder getötet werden und sich über die organischen und psychischen Risiken (Post-Abortion-Syndrom) informiert?

Und zur Situation in Deutschland: Ehepaare adoptieren Kinder im Ausland, weil es hier zu wenige Kinder für die Adoption gibt, das muss aber nicht sein.  Für werdende Mütter gibt es vielfältige Hilfen:
Babyklappe, anonyme Geburt, aber auch finanzielle und praktische Unterstützung vom Staat und privaten Organisationen.

"Du sollst nicht töten", 2.Mose 20,13,

"Kinder sind eine Gabe Gottes", Psalm 127,3
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