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Zahlreiche Medizinprodukte drohen vom Markt zu verschwinden

Montag, 9. Mai 2022

/PRILL Mediendesign, stock.adobe.com

Berlin – Viele Medizinprodukte werden als Folge der neuen EU-Verordnung für Medizinprodukte schon jetzt vom Markt genommen, weitere drohen spätestens 2024 zu verschwinden. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Befragung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) mit Medical Mountains GmbH und dem Deutschen Industrieverband Spectaris, für die 378 Hersteller von Medizinpro­duk­ten ihre Antworten abgegeben haben.

Die Europäische Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation – MDR) gilt seit dem 26. Mai vergan­genen Jahres verbindlich für die Hersteller von Medizinprodukten in der EU. Durch sie wurden jahrzehntelang etablierte Prozesse des Inverkehrbringens und der Bereitstellung von Medizinprodukten auf dem Markt abge­löst.

„Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass die MDR für die Hersteller von Medizinprodukten an vielen Stellen nicht praxistauglich ist“, warnte Martin Leonhard, Vorsitzender der Medizintechnik bei Spectaris. Zahlreiche Bestandsprodukte würden vom Markt genommen – und zwar in allen der 21 abgefragten Anwendungsgebie­ten.

Laut Befragung streicht mindestens die Hälfte der darin tätigen Unternehmen in 16 Anwendungsgebieten beziehungsweise Produktgruppen einzelne Produkte, ganze Produktlinien oder gar komplette Sortimente – wie zum Beispiel in der Orthopädie oder bei den klassischen chirurgischen Instrumenten.

„Stehen aber bestimmte Nischenprodukte für die medizinische Versorgung nicht mehr zur Verfügung, könnte das zu einem vermehrten Einsatz von Produkten führen, die für diesen Zweck nicht zugelassen sind“, betonte Leonhard. „Ganz abgesehen von einer schwierigen Versorgungslage, denen bestimmte Patienten­gruppen, wie etwa Kinder ausgesetzt sind.“

Die Umfrageergebnisse zeigen zudem negative Auswirkungen der MDR auf die Innovationstätigkeit der Be­triebe: „Bei fast jedem zweiten Betrieb (46 Prozent) liegen Innovationsprojekte aufgrund der MDR auf Eis,“ erklärt der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. Ein Fünftel der Unternehmen (19 Pro­zent) weicht laut den Angaben bei der Erstzulassung ihrer medizintechnischen Innovationen aufgrund der MDR auf andere Märkte, wie etwa die USA oder Asien, aus.

„Die Coronapandemie hat gezeigt, wie entscheidend eine leistungsfähige Gesundheitswirtschaft nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht ist. Die Politik muss daher den Erhalt der Wettbewerbs- und Innovationskraft der Medizintechnik-Branche stärker in den Blick nehmen – das hat positive Effekte auf die Gesundheitsversor­gung in der EU“, so Dercks.

Weiterhin würden strukturelle Probleme die Implementierung des kompletten MDR-Systems erschweren, so DIHK und Spectaris. Die Zusammenarbeit mit den sogenannten „Benannten Stellen“, die für den Marktzugang von Medizinprodukten notwendig sind, sei erheblichen Hindernissen ausgesetzt.

Die Firmen verzeichneten nicht nur deutliche Kostensteigerungen von durchschnittlich 100 Prozent bei der Einbindung einer Benannten Stelle, sondern auch eine deutliche Verlängerung der Bewertungsverfahren, die sich zeitlich mehr als verdoppeln. In der Folge verzögere sich die Bereitstellung der Produkte massiv.

Aus Sicht der Industrie besteht dringender Anpassungsbedarf der MDR durch den Gesetzgeber. DIHK, Medical Mountains und Spectaris sprechen sich daher für umfassende Handlungsempfehlungen aus: Alle Alt-Zertifika­te, die zum Stichtag 26. Mai 2024 nachweislich nicht in die MDR überführt werden können, sollten unbürokra­tisch verlängert werden, um so die Verfügbarkeit dieser Produkte weiter zu gewährleisten.

Die Politik solle zudem pragmatische Lösungen schaffen, die eine verlässliche Implementierung der MDR ermöglichen. Hierzu würden neben dem Ausbau der Benannten Stellen auch die bestmögliche Nutzung ihrer Ressourcen zählen. Notwendig seien auch Sonderregelungen für Nischenprodukte und pragmatischere Bewertungsansätze für bewährte Bestandsprodukte. © EB/aerzteblatt.de

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