Politik
Haushaltsausschuss setzt Ministerium bei Cannabisgesetz unter Druck
Mittwoch, 11. Mai 2022
Berlin – Impfstoffbeschaffung, Bürgertests, Impfkampagne, Cannabiskontrolle und Suchtprävention: Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine ganze Reihe von Aufgaben ins Stammbuch geschrieben. Um das Cannabiskontrollgesetz voranzubringen, haben die Haushälter zu härteren Mitteln gegriffen.
Beim Cannabiskontrollgesetz wies Paula Piechotta, Berichterstatterin der Grünen Bundestagsfraktion, heute darauf hin, dass die Berichterstatter der drei Ampelfraktionen für den Haushalt des Bundesgesundheitsministeriums mit einer „vorläufigen Sperre der Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit des Hauses“ erreicht hätten, dass das Cannabiskontrollgesetz doch noch in diesem Jahr komme.
„Wir müssen als Ampel jetzt auch die Gesundheitsprojekte im Koalitionsvertrag neben der Coronabekämpfung angehen und zügig umsetzen“, betonte Piechotta. Sie freue sich, dass man im Haushaltsausschuss nun dafür habe sorgen können, dass das Cannabiskontrollgesetz noch im zweiten Halbjahr 2022 vorgelegt werde.
„Unser grüner Gesetzesentwurf aus dem Jahr 2015 ist dafür eine gute Basis. Geschieht das nicht, verfallen dem Bundesgesundheitsministerium Gelder. Gleichzeitig erhöhen wir die Mittel für die Suchtprävention für einen starken Verbraucher- und Jugendschutz“, sagte Piechotta. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte erst Anfang Mai seinen Fahrplan für das laufende Jahr vorgeleg – neu war auch das Cannabisgesetz.
Sie betonte zudem, dass die drei Haushälter die Suchtprävention um vier Millionen Euro zusätzlich erhöht hätten. Daraus sollen Aufklärungsmaßnahmen auf dem Gebiet des Drogen- und Suchmittelmissbrauchs sowie Maßnahmen zur Tabakentwöhnung finanziert werden. Hinzugekommen ist auch, dass Aufklärungsmaßnahmen zum Missbrauch von Methamphetaminen finanziell gestärkt werden sollen. Piechotta sprach von einem „wichtigen Schritt, die Aufklärungsmaßnahmen im Bereich Crystal Meth endlich zu stärken“.
BMG soll über Demis berichten
Die Haushälter legten nach eigenen Angaben einen Fokus zudem darauf, dass wie geplant ab 2023 alle Ärzte und Einrichtungen an das Deutsche Elektronische Melde- und Informationssystem für den Infektionsschutz (Demis) angebunden werden. Bis zum 1. Oktober des laufenden Jahres soll das BMG dem Haushaltsausschuss einen Bericht zum Stand der Umsetzung vorlegen.
„Mit Faxgeräten und Zettelwirtschaft bekämpfen wir nicht die Pandemie, sondern binden nur Ressourcen, die wir woanders dringend benötigen; sie sind fehleranfällig und träge“, erklärte Piechotta. Mit Demis habe man endlich ein einheitliches Gesamtbild über das tatsächliche Infektionsgeschehen in Echtzeit und damit eine gute Grundlage, um schnell auf das Infektionsgeschehen zu reagieren.
Der Haushaltsausschuss beschloss heute auch eine Reihe Aspekte für mehr Transparenz in Bezug auf die Pandemie. So soll das BMG für die weitere Impfstoffbeschaffung mit einem Prognosetool den tatsächlichen Impfstoffbedarf besser bei der Impfstoffbeschaffung berücksichtigen.
„Im dritten Jahr der Pandemie müssen wir aus den Fehlern lernen. Das bedeutet auch mehr Transparenz und Kostenkontrolle“, erläuterte Piechotta. Das Prognosetool solle helfen, den tatsächlichen Bedarf an Coronaimpfstoff besser einzuschätzen. So sollten Überkapazitäten für die Zeit, in der die Coronaimpfstoffe noch nicht wie sonst üblich über die Krankenkassen erstattet werden, vermieden werden.
„Damit schaffen wir nicht nur finanzielle Spielräume, sondern werden auch unserer Verantwortung gerecht, dass wir Impfstoffe nicht vernichten, die woanders gebraucht werden“, sagte Piechotta.
Mit einer Maßgabe riefen die drei Haushälter die Bundesregierung zudem dazu auf, die mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der Coronavirustestverordnung zum 30. Juni 2022 endende komplette Kostenübernahme des Bundes für die kostenfreien Bürgertests nicht zu verlängern. Stattdessen soll eine angemessene Kostenverteilung mit den Bundesländern verhandelt werden.
„Die Teststationen sind ein wichtiger Baustein der Pandemiebekämpfung, aber sie sind leider auch immer wieder durch intransparente Kostenstrukturen und Abrechnungsfehler aufgefallen“, erklärte die Fachärztin für Radiologie. Die Regierung solle wie geplant die Bürgertests nach dem 30. Juni neu aufstellen und mit den Ländern eine „gute Lösung für das zweite Halbjahr 2022“. Es gehe um eine „faire Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern“.
Bei der Impfkampagne sollen die veranschlagten rund 190 Millionen Euro künftig sichtbar und transparent in einem eigenen Titel ausgewiesen, um die Kostentransparenz der Coronamaßnahmen zu erhöhen und unter anderem auch einer Forderung des Bundesrechnungshofs gerecht zu werden.
Der Berufstand der professionell Pflegenden soll nach Ansicht des Haushaltsausschusses durch mehr Öffentlichkeitsarbeit und eine bessere Mitwirkung an Gesetzgebungsverfahren gestärkt werden. Beide Projekte sollten über den Deutschen Pflegerat realisiert werden, der dafür 900.000 Euro erhält.
Außerdem soll der Zuschuss an die Geschäftsstelle der Aktion Psychisch Kranke um 100.000 Euro auf 541.000 Euro erhöht werden. Das soll dazu beitragen, Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen. Dabei geht es unter anderem um eine bundesweite Aufklärungskampagne zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen, aber auch darum, die ambulante psychotherapeutische Versorgung und die psychiatrische Notfall- und Krisenversorgung flächendeckend auszubauen.
„Auch durch die Pandemie ist der Bedarf an psychischer Versorgung enorm gestiegen: Einsamkeit, Ängste und Depressionen nehmen zu“, so Piechotta. Man wolle den Zugang zu psychiatrischer und psychotherapeutischer Versorgung erleichtern und das Tabu brechen, mit dem psychische Erkrankungen immer noch oft behaftet seien.
Im Bereich der globalen Gesundheit ist eine Mittelaufstockung geplant – um 13 Millionen Euro auf 100 Millionen Euro für die Förderung der internationalen öffentlichen Gesundheit. Damit soll Deutschlands Rolle in der globalen Gesundheit und Pandemiebekämpfung gestärkt werden. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der World Health Summit sollen stärker gefördert werden. © may/aerzteblatt.de

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