Ärzteschaft
Kopf-Hals-Tumore: Zertifizierte Zentren steigern Überlebenschancen
Donnerstag, 19. Mai 2022
Berlin – Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren haben höhere Überlebenschancen, wenn sie sich in zertifizierten Zentren behandeln lassen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung die unter anderem vom Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) der TU Dresden und von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren (ADT) durchgeführt wurde.
Die Untersuchung wurde für elf onkologische Erkrankungen aus rund einer Millionen Behandlungsfällen mit Patientinnen und Patienten unterschiedlicher Krebserkrankungen vorgenommen und war vom Innovationsfond des G-BA gefördert worden.
Die Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) empfiehlt Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren, sich in zertifizierten Zentren beraten und therapieren zu lassen. „Bei einer Krebserkrankung ist eine frühe und sichere Diagnose sowie eine auf den Tumor optimal ausgerichtete Therapie ausschlaggebend für die Heilungs- und Überlebenschance“, erklärte Torsten Reichert, Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Regensburg.
Das vom G-BA geförderte Innovationsfondprojekt „Wirksamkeit der Versorgung in onkologischen Zentren“ (WiZen) zeige, dass das in zertifizierten Kliniken besonders gut und effektiv gelingt. „Wie erwartet zeigte sich, dass die Behandlungsergebnisse mit der Spezialisierung steigen – das gilt auch für unseren Bereich der Kopf-Hals-Tumore“, sagte Reichert.
Besonders interessant seien dabei die Zahlen zur Überlebensrate: Die allgemeine Sterblichkeit bei Kopf-Hals-Krebs sinkt demnach in zertifizierten Zentren um elf Prozent und bei Kopf-Hals-Tumoren der Tumorstadien I bis III sogar um 21 Prozent im Vergleich zu nicht zertifizierten Einrichtungen. In diesen Tumorstadien besitze die chirurgische Therapie einen besonders hohen Stellenwert.
„In spezialisierten Zentren arbeiten Experten mit diesen und anderen aktuellen diagnostischen und therapeutischen Erkenntnissen und können ihre Patienten von den neuesten Entwicklungen profitieren lassen“, erklärte Reichert, der in Regensburg ein zertifiziertes onkologisches Kopf-Hals-Tumorzentrum leitet.
Ein Kerninstrument dafür seien aktuelle wissenschaftliche Leitlinien, in denen erfolgsversprechende diagnostische und therapeutische Standards empfohlen werden, beispielsweise die jüngst aktualisierte und unter Federführung der DGMKG erschienene S3-Leitlinie zum Mundhöhlenkarzinom.
Durch die Spezialisierung in den zertifizierten Zenten kämen Patienten dort früher in den Genuss innovativer Verfahren wie der Immunonkologie, die nicht nur die Überlebenswahrscheinlichkeit, sondern auch die Lebensqualität steigert.
Die nun in der Studie dargelegten Vorteile einer spezialisierten Krebsbehandlung sollten zur Diskussion anregen, ob nicht jeder Patient mit einem Kopf-Hals-Tumor in einem zertifizierten Zentrum versorgt werden sollte, so Reichert: „Es wäre außerdem fatal, wenn diese wertvollen Ergebnisse nicht in die weiteren Aktivitäten des Nationalen Krebsplans mit einfließen würden.“ Außerdem müsse dann die Vergütungssituation entsprechend angepasst werden, denn noch seien spezialisierte und zertifizierte Zentren unterfinanziert.
Die WiZen-Studie lief drei Jahre und hat elf onkologische Erkrankungen erfasst, darunter Kolon-, Rektum-, Pankreas-, Mamma-, Bronchial- und Pankreas-Karzinom. Grundlage für die Bewertung waren routinemäßig erhobene Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenversicherung, die vom Wissenschaftlichen Institut der AOK bereitgestellt wurden, sowie Daten der vier klinischen Krebsregister Regensburg, Dresden, Erfurt und Berlin-Brandenburg. © lau/aerzteblatt.de

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